Atomausstieg: Die schnellen Wendemanöver

Gestern war ich auf einem Podium der Berufsschulen mit vier weiteren KandidatInnen für die Kantonsratswahlen. Da war natürlich auch die Energiepolitik ein Thema. Und oh Wunder, oder eher: oh Nicht-Wunder, alle Kandidierenden waren für den Atomausstieg. Niemand wollte neue AKWs, dafür wurde mir als Grüner entgegengehalten, ein sofortiges Abschalten der AKWs sei unverantwortlich.

Komisch, letzteres wird nicht einmal von den Grünen verlangt, ausser beim Risikomeiler Mühleberg. Aber um sich als verünftige Politiker darstellen zu können, jubelt man uns von bürgerlicher Seite nun  Radikalforderungen unter.

Noch komischer ist aber, dass sich keiner der bürgerlichen mehr daran erinnert, dass wir von grüner Seite im Kantonsrat vor wenigen Wochen über die AKWs reden wollten und eine Konsultativabstimmung zu den jetzt anlaufenden Diskussionen über ein neues AKW auch im Kanton Luzern forderten. Davon wollten die Bürgerlichen nichts wissen, genau so, wie sie es vermeiden wollten, generell über die Atomenergie zu diskutieren. Und ebenfalls ziemlich schräg ist es, wie jetzt bürgerliche Politiker schlicht vergessen, wie oft sie in den letzten zehn oder fünfzehn Jahren Chancen für den Einstieg in die Förderung der erneuerbaren Energien verpasst haben. Sei dies bei der Stadtluzerner Abstimmung zum Stromrappen (ein Förderprogramm, das von grüner Seite vorgeschlagen wurde) oder bei der Solarinitiative. Die Schweiz war einmal führend bei der Entwicklung der neuen erneuerbaren Energien, sie ist aber leider ziemlich ins Hintertreffen gelangt. Einiges wurde zwar im Kanton Luzern in den letzten Jahren wieder aufgegriffen, aber mit viel zu wenig Hartnäckigkeit.

Zudem ist eine schöne Portion Skepsis angebracht. Die meisten Politiker sind zwar nicht ganz so blöd wie Bundesminister Brüderle, der den Atomausstieg an einer Sitzung freimütig als dem Wahlkampf geschuldet bezeichnete, aber das schnelle Wendemanöver, das nun viele vorgenommen hat, kann auch wieder in die andere Richtung vorgenommen werden.

2 Antworten auf „Atomausstieg: Die schnellen Wendemanöver“

  1. Die politischen Meinungsmacher reden sich die Realität so zurecht, wie sie sie gerade brauchen und diese Entwicklung ist zwar nicht neu aber man sollte langsam wirklich was dagegen tun. Es würde ja schon reichen wenn enttäuschte Wähler bei der nächsten Wahl abstrafen würden aber nein; die meisten lassen sich ja wieder einlullen und es ändert sich gar nichts.

  2. Stimmt, Wendehälse können sich auch wieder anders wenden, sobald Japan wieder aus den Medien verdrängt ist. Allerdings wird das Thema schon noch eine Weile aktuell bleiben. Nach Tschernobyl kam es leider zu keinem Umdenken, vielleicht ist es nach Fukushima anders.

    Tschernobyl (1986) löste in Europa einen ziemlichen Schock aus, in der Schweiz kam das Moratorium für den Bau weiterer Werke 1990 wohl auch deshalb durch. Leider wurde die 10-jährige Frist, in der keine weiteren AKWs geplant werden durften, nicht als Denkpause genutzt, um Alternativenergien voranzubringen. Statt dessen wurde einfach eine Pause vom Denken gemacht. 2000 standen dann der Solarrappen & andere Energievorlagen zur Abstimmung an. Die FDP hat sich zusammen mit der SVP an vorderster Front dagegen eingesetzt, um kurz danach nur noch AKWs zu propagieren. Seitdem ist nicht nur die Partei mit dem Strahlen-Sünneli sondern auch die Partei der Grossbanken und finanzkräftigen Lobbys für mich in Energiefragen völlig unglaubwürdig geworden.

    Der FDP nehme ich den aktuellen „Kurswechsel“ nicht ab (vgl. Rolf Schweiger gestern abend im Radio). Der BDP noch eher, aber diese Gruppe hat kein Gewicht. Entscheidend wird sein, ob – vielleicht unter glp-Einfluss – die CVP und zumindest Teile der FDP sich auch vom Atomausstieg überzeugen lassen und dies dann zusammen mit SP und Grünen auch durchziehen. Wir halten den Druck aufrecht.

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