Stimmbeteiligung: Gemeinsam handeln

Zur Eröffnung der neuen Legislatur des Kantonsrats haben sowohl der Alterspräsident Räto Camenisch wie das jüngste Ratsmitglied Marcel Zimmermann die rekordtiefe Stimmbeteiligung bei den Wahlen zum Thema gemacht. Tatsächlich – wenn nur noch ein gutes Drittel der Stimmberechtigten an Wahlen teilnehmen, wenn gleichzeitig nicht nur ein Desinteresse, sondern auch eine Ablehnung gegenüber den politischen Behörden und Abläufen spürbar wird und dazu auch andere Arten der gesellschaftlichen Mitsprache abnehmen, Gemeindeversammlungen schlechter besucht werden oder Quartiervereine sich auflösen, dann ist es Zeit, eine Auslegeordnung zu machen und miteinander zu diskutieren, wie die politische Mitbestimmung wieder gefördert werden kann.

Dazu haben wir Grünen einen Vorstoss eingereicht. Wir wollen, dass die Regierung und der Kantonsrat Massnahmen diskutieren und je nach Resultat einführen. Ob es dann wie in Schaffhausen ein Stimmzwang ist, ob es andere Kommunikationskanäle braucht oder andere Formen der Mitbestimmung braucht – das wissen wir auch noch nicht. Aber zur Tagesordnung übergehen, das möchten wir nicht.

Ein Einheitsduo für Luzern

Reto_Wyss_Franz_Wüest OK. Sie sehen ganz staatsmännisch aus, Regierungsratspräsident Reto Wyss und Kantonsratspräsident Franz Wüest. Ein farbigerer Schal hätte aber nicht geschadet. Die beiden haben heute verkündet, dass sie in ihrem Präsidialjahr unter die Leute wollen. Gemäss Mediencommuniqué sei die Begegnung und der Austausch mit der Bevölkerung sehr wichtig. Deshalb würden die beiden Präsidenten die Veranstaltungsreihe «Politik&Wurst» veranstalten. Selbstverständlich ist es richtig, wenn BehördenvertreterInnen den Kontakt mit der Bevölkerung suchen und logo, man kann dabei auch neue Formen suchen. Guido Graf ging schon wandern, der Krienser Gemeinderat hat wieder zum Neujahrsapéro eingeladen.

Zweierlei macht mich aber etwas skeptisch: Das ganze riecht nach Wahlkampf, mit Unterstützung des Kantons. Zwei CVP-Männer im Kanton unterwegs. Ist es Verwaltungsaufgabe, solche Anlässe zu organisieren? Und zum anderen scheint mir, dass die Belastung der Regierungsratsmitglieder bereits sehr hoch ist. Sie können nämlich auch ohne solche Anlässe den Kontakt zur Bevölkerung pflegen: Sie werden an unzählige Anlässe eingeladen. So lädt auch der VCS Luzern stets den Vorsteher des BUWD und den Regierungsratspräsidenten an die Generalversammlung ein. Dicke Agenden oder Desinteresse haben einen Besuch jeweils verhindert. Seit ich mich erinnern kann, hat nur Regierungsrätin Yvonne Schärli die Einladung angenommen.

Um unter die Leute zu wollen, können sowohl RegierungsrätInnen wie auch KantonsratspräsidentInnen einfach an einem Samstagmorgen an eine Standaktion gehen. Aber das ist vielleicht weniger medienwirksam.

 

PS: Einen Tag später. Jetzt habe ich noch als Kantonsrat eine Einladung zu diesen Wurstgesprächen bekommen. Es wäre mir lieber, die Regierungsräte würden manchmal ausführlicher im Kantonsrat Fragen beantworten als dass ich jetzt bei einem solchen Anlass das Gespräch suchen gehen soll.

Ein schweigender Präsident

Seit Frühling 2014 hat CVP-Kantonsrat Raphael Kottmann das Präsidium des Luzerner Staatspersonalverbandes. Ein geglücktes Doppel zwischen der Mittepartei und dem Personal? Ein direkter Transport der Personalinteressen in die grösstePartei und in den Kantonsrat? Nach der Budgetdebatte muss ich sagen: Leider nein.

Raphael Kottmann hat sich durch die Budgetdebatte durchgeschwiegen. Er hat der Kürzung der Funktionszulagen im Zusammenhang mit Leistungen und Strukturen II zugestimmt. Bei Anträgen zu Gunsten des Personals – die notabene alle längst bekannte Forderungen und Versprechen von Regierungsseite beinhaltetet haben – hat der Präsident des Luzerner Staatspersonals schlicht nicht abgestimmt. Er war zwar im Saal, aber seine Abstimmungsanlage blieb unbenützt.

Verständlich – der Staatspersonalverband tritt diskreter auf als eine kämpferische Gewerkschaft. Wenn aber ihr Präsident im Rat sitzt, sich bei Lohnmassnahmen aber a) weder zu Wort meldet und dazu noch b) nicht mitstimmt, dann bleibt der Eindruck zurück, das Personal sei mit den Lohnmassnahmen zufrieden.

Aber ist es das?

 

Luzerner Spitäler: Die Freiheit, langsamer statt schneller zu sein

Heute war zu lesen, dass das Luzerner Spitalzentrum für 900 Millionen Franken bis 2030 neu gebaut werden soll. Gut soweit, der Bedarf ist schon lange ausgewiesen. Die Ankündigung dieser Investition ist aber doch auch der richtige Moment, um zurückzublicken. 2010 hat die Stimmbevölkerung der Übertragung der Spitalbauten an die Spitäler zugestimmt und damit die Mitsprache des Kantons bei der Planung der Spitalbauten empfindlich zurückgestutzt. Hauptargument war im Abstimmungskampf, dass die Spitäler mehr unternehmerische Freiheiten haben müssten. In der dazugehörigen Botschaft hatte der Regierungsrat als Zusammenfassung eines Berichts einer Arbeitsgruppe geschrieben: Die Unternehmen würden flexibler, sie würden wettbewerbsfähiger und könnten schneller und bedarfsgerechter handeln.

So wird nun die Erstellung des neuen Spitalzentrums auf das Jahr 2030 angepeilt. Komisch nur, dass im Planungsbericht aus dem Jahr 2007 – damals von vom Kanton erstellt – zum Investitionsbedarf an den Spitälern noch von einer Fertigstellung des Spitalzentrums im Jahr 2021 ausgegangen wurde. Ach ja, und das sanierte Spital Wolhusen würde in einem Jahr eingeweiht. Der Neubau soll nun 2019 fertig werden.

Auch wenn der Kanton selber bauen würde, so würden nicht alle Termine gemäss Planung eingehalten – klar. Aber soll mir niemand sagen, der Spitalrat sei jetzt tiffiger gewesen als es der Kanton wäre.

Liebe CVP: Lange Erklärungen machen es nicht besser

Am Montag versenkte die CVP die Ökologisierung der Motorfahrzeugsteuer. Sie trat „einfach“ nicht auf das Geschäft ein und damit war es nach einer langen Vorgeschichte weg vom Tisch. Das trug ihr Kritik ein – zu Recht, finde ich, denn die Geschichte war nur so lange, weil die CVP ein Referendum des TCS und der SVP fürchtete und 2011 bei der ersten Behandlung des Geschäfts kurz vor den Wahlen die Furcht noch anstieg. Dummerweise finden immer wieder Wahlen statt, so dass auch jetzt wieder ein Referendum ungelegen gekommen wäre.

Heute nun durfte die CVP wie ehemals im Vaterland in einem Artikel, ohne dass eine andere Partei zu Wort gekommen wäre, wortreich erklären, weshalb sie letztlich die Vorlage versenkte. Aha, eine echte Ökologisierung hätte nicht stattgefunden, findet nun die CVP.

Einfach damits nicht vergessen geht: Die CVP machte 2011 bei der Rückweisung der ersten Vorlage mit und schob einen Vorstoss nach, der das Schwyzer Modell forderte und mit Satz endete: „Die CVP möchte die Ökologisierung der Verkehrssteuer möglichst rasch einführen.“ Das Schwyzer Modell wurde nun ausgearbeitet und diente der CVP ausgerechnet als Grund, die Vorlage als unökologisch zu bezeichnen. Verstehe noch wer wolle.

PS: Anscheinend reichten die Argumente der CVP doch nicht so weit, sonst wäre Andrea Gmür im Artikel  nicht zwei Mal mit dem genau gleichen Satz zitiert – man finde die Stelle…

Liebe CVP: Emanzipiert euch!

Der Gewerbeverband droht den CVP-KantonsrätInnen, die die Steuererhöhung unterstützten, mit einem Entzug der Liebe. Die Unterstützung für Personen aus der „Gewerbegruppe“ für die Wahlen 2015 sei in Gefahr. Die Abstimmung zum Steuerfuss wird vom Direktor des Gewerbeverbands als sehr hoch gewichtet.

Es ist insbesondere der Gewerbeverband, der mit kuriosen Zahlen nachweisen will, der Kanton habe kein Einnahmenproblem. Schliesslich seien die Steuereinnahmen seit zehn Jahren nicht zurückgegangen. Der Verband blendet dabei aus, dass in dieser Zeit die Bevölkerung um 10 Prozent zugenommen hat, die Teuerung ebenfalls nochmals um 7  Prozent, das Bruttosozialprodukt sogar um 33 Prozent. Die angesprochene Stabilität bedeutet in der Wirklichkeit einen massiven Rückgang.

Die Aussage, der Kanton habe kein Problem bei den Einnahmen, stammt vom Gewerbeverband, hauptsächlich aber von der SVP, mitorchestriert noch von einer FDP, die sich stramm geben will, aber die im Kantonsrat Mühe bekundete, ihre Parlamentarier auf diese Linie zu bringen.

Hoffen wir, die CVP emanzipiert sich vom Gewerbeverband und lässt sich nicht erpressen. Es ist ja auch etwas komisch, wenn der Gewerbeverband zusammen mit der SVP zur Speerspitze der Tiefsteuerstrategie wird. Als ob die Gewerbler mehr unter einer moderaten Steuererhöhung leiden würde als unter einem Kanton, der auf Grund der leere Kassen nichts mehr investieren kann.

In diesem Sinne müssten sich vielleicht auch die Gewerbler vom Gewerbeverband emanzipieren.

Energiegesetz verwässert und durchgefallen

Der Kanton Luzern hätte ein neues Energiegesetz erhalten sollen. Schlank als Rahmengesetz konzipiert, nicht gerade mutig, aber mit einigen deutlichen Verbesserungen, so mit einer Pflicht für die Erstellung eines Energieausweises für Gebäude, mit verstärkten Vorschriften im Bereich individuelle Heizkostenabrechnung und auch der Senkung des Verbrauchs der fossilen Brennstoffe.

Mit Anträgen hauptsächlich aus der CVP wurde nun das Gesetz stark verwässert. Der Energieausweis muss nur noch in Liegenschaften mit fünf und mehr Wohnungen erstellt werden, die individuelle Heizkostenabrechnung ebenfalls erst bei grösseren Gebäuden eingeführt werden und das Verbot von Heizungen im Freien wurde aufgeweicht.  All diese Anträge hatten den Geschmack der Schaffung eines Einfamilienhaus- und Immobilienschutzgesetzes, kein Wunder, sitzen sechs von neun Vorstandsmitglieder des Hauseigentümerverbands im Kantonsrat.

Die Anträge der CVP für die Schwächung des Gesetzes wurden zwar angenommen, sie haben dem Gesetz weder inhaltlich noch strategisch geholfen: SVP und FDP haben trotzdem das Gesetz abgelehnt. Die FDP  hat notabene fast geschlossen gegen ihren eigenen Regierungsrat gestimmt. SP und uns Grünen war es nach dieser Unkenntlichmachung des Gesetzes nicht mehr möglich, dem Gesetz zuzustimmen, so dass es prompt klar durchfiel.

Erstes Fazit: Die Energiewende ist noch lange nicht beschlossen und klappt sicher nicht, wenn nur schon die Einführung eines Energieausweises für Gebäude nicht durchkommt.

Zweites Fazit: Die CVP sollte sich überlegen, mit welchen Kräften sie im Energiebereich zusammenarbeiten will. Ihre Verwässerung des Gesetzes um eine bürgerliche Mehrheit zu erhalten, hat sich als Rohrkrepierer erwiesen.

Talk im Wasserturm – ein weiteres Sinnrätsel

Nachdem die FDP Kriens uns ein Sinnrätsel aufgegeben hat (siehe vorhergehender Artikel) ist nun Marcel Schwerzmann dran. Unser Finanzdirektor lädt die Medien zu einem „Talk im Wasserturm“. Man fragt sich, weshalb Marcel Schwerzmann zu diesem symbolträchtigen Ort einlädt. Fühlt er sich gefangen, dass er in einen ehemaligen Gefängnisturm einlädt? Wenn ja von wem? Etwa von seiner eigenen Steuerstrategie? Oder fühlt er sich angegriffen, dass er dorthin geht, wo der Artillerieverein zu Hause ist? Etwa von seinen bürgerlichen Gspänli, die so ganz allmählich die Seite wechseln könnten? Sucht er nach dem Staatsschatz, der schon seit 200 Jahren nicht mehr dort gelagert wird? Wechselt er den Job und wird Storchenvater?
Sieht er seine Steuerstrategie den Bach respektive die Reuss runter gehen? Oder will er an das Sprichwort erinnern: „Ohne die Furt zu kennen, sollte man nicht ins Wasser gehen.“
Wie dem auch sei, wir sind gespannt, was er den Journalisten im Endspurt der Budgetplanung zu erzählen hat.

Informatik – und auch Polizei: Massnahmen jetzt umsetzen

Gestern und heute wurden gerade zwei Dinge bekannt, deren Betitelung noch schwer fällt, seien es Missstände, Unregelmässigkeiten, Unrechtmässigkeiten oder Fehlverhalten. Das eine betrifft die Informatik des Kantons Luzern, wo nur dank der Aufsichtskommission und anscheinend mit erheblichem Zögern des Regierungsrates Unregelmässigkeiten im Beschaffungswesen aufgedeckt wurden. Wenig schmeichelhaft beschreibt die Kommission die Bedingungen für diese Ungereimtheit mit einer Zentralisierung, die mit Schwierigkeiten verbunden war und einer hohen Personalfluktuation, die in einem gewissen Widerspruch zum Mantra der Regierung steht, der Kanton sei ein toller Arbeitgeber. Etwas anders liegt der Fall bei der Polizei, wo Administrativuntersuchungen wegen Fehlverhalten von Kadermitarbeiter eingeleitet wurden. Hier stellt sich insbesondere die Frage, weshalb diese nicht kantonsextern durchgeführt wurden.
In der Zeitung ist bereits der Ruf nach einer besseren Kontrolle erschallt, die AKK verlangt eine Anlaufstelle für MitarbeiterInnen, die Missstände melden wollen. Wir Grünen sind da offen – der Kantonsrat eher nicht: Im März hat er eine Motion von uns Grünen abgelehnt, um eine Ombudsstelle einzuführen. FDP und SVP fanden, es gebe keinen Bedarf und es koste zuviel. Also – wir treffen uns dann bei der Budgetdebatte wieder.

Die Nicht-Überraschung zu der schwarzen Liste der Prämienzahler

Personen, die ihre Krankenkassenprämien nicht bezahlen, kommen im Kanton Luzern auf eine schwarze Liste. Für sie gilt ein Leistungsstopp. Diese schwarze Liste wurde von den bürgerlichen Parteien und der Luzerner Zeitung gefordert, weil das Nichtbezahlen von Krankenkassenprämien skandalisiert wurde. Tatsächlich ist es ein Ärgernis, wenn jemand seine Prämien nicht bezahlt. Aber bei der Diskussion rund um die Einführung dieser schwarzen Liste wurde kaum diskutiert, was die Gründe dafür sind, ob die damalige Regelung nicht genügen würde und vor allem: Ob eine schwarze Liste überhaupt organisatorisch zu handhaben ist. Erfahrungen aus dem Kanton Thurgau zeigten, dass oft Personen auf der Liste blieben, obwohl sie ihre Ausstände bezahlt hatte.

Letzte Woche berichtete die Luzerner Zeitung nun zwei Mal, dass genau dieses Problem auch in Luzern vorhanden ist. Die Liste scheint nicht aktuell zu sein und das Zusammenspiel von Krankenkassen und Kanton nicht zu klappen. Klar muss auch hier genauer geschaut werden, ob es sich um einzelne Fehler handelt und wie gravierend diese sind. Es bestätigen sich aber die Zweifel, welche die Grünen dem Projekt gegenüber hatten. Leider hat man unsere Fragen damals weggewischt, weil man ein Zeichen setzen wollte. Nun liest man plötzlich, die Bundesvorgaben seien schwammig gewesen, es fehlten gewisse gesetzliche Grundlagen – als ob das nicht bereits bei der Einführung bekannt gewesen wäre.

Dass nun gerade Kantonsrätin Romy Odoni mit einem dringlichen Vorstoss Aufklärung verlangt, ist zu begrüssen, denn sie hat auch die Einführung einer schwarzen Liste mit einem Vorstoss verlangt. Sie schafft so eine Diskussionsgelegenheit, ob „ihre“ schwarze Liste nur einzelne bedauerliche Fehler aufweist, oder ob die Fehler systemimmanent sind, wie es die Grünen im Vorfeld befürchteten. Denn lassen sich die Fehler nicht ausmerzen, so muss diese Liste wieder abgeschafft werden.