Mietrecht: Nationalratskommission ab der Rolle

Heute hat die Rechtskommission des Nationalrats zwei parlamentarischen Initiativen zugestimmt, die einerseits höhere Renditen beim Mietrecht und die Stärkung der Marktmiete fordern. Leider kein Witz, wenn man an die ständig weiter steigenden Mieten mit dem heutigen Mietrecht denkt – anscheinend genügt das einer Mehrheit der Kommission noch nicht. Sie will Mietzinserhöhungen weiter erleichtern und den Mieterschutz aushöhlen statt stärken.

Den Zapfen ab ist aber mit dem Entscheid, auch eine Initiative weiterzuverfolgen, nach der Mietzinse generell nur noch auf ihre Missbräuchlichkeit überprüft werden können, wenn Wohnungsnot herrscht. Das heisst: Sinkt der Referenzzinssatz könnten die meisten Mieterinnen und Mieter gar keine Mietzinssenkung mehr verlangen. Und wenn sie umgekehrt eine Mietzinserhöhung erhalten, können sie sich nicht mehr wehren, so falsch auch die Begründung des Vermieters wäre. Man könne ja einfach umziehen, wenn einem etwas passt, so war die Argumentation des Vorstössers. Man kann nur den Kopf schütteln, dass eine derart lapidare und mieterfeindliche Haltung eine Mehrheit findet.

Das ist nicht nur eine Kampfansage an die Mietenden in der Schweiz, sondern eine Missachtung sondergleichen.

Sinkende Mieten? Aber wo?

Heute wurden die neuen Zahlen zum Mietpreisindex publiziert. In den letzten drei Monaten stiegen die Mietzinse um 0.2 Prozent, innerhalb eines Jahres um 0.6 Prozent. Die Zahlen widersprechen den Schlagzeilen in den Medien, dass die Mieten sinken – wir haben einzig weniger stark steigende Mieten bei den ausgeschriebenen Wohnungen.

Was aber irritierend an der Zahl ist: Vor einem Jahr sank der Referenzzinssatz, es war die achte Senkung seit 2009. Eigentlich hätte sich der Mietzinsindex nach unten bewegen müssen. Doch wie stets haben nur etwa 20 Prozent der Mieterinnen und Mieter eine Mietzinssenkung erhalten. Dieser Betrag liegt bei jeder Referenzzinssatzsenkung etwa gleich hoch – obwohl der Anspruch auf eine Senkung mit jeder Referenzzinssatzrunde steigt.

Jeder Eigentümer konnte von den tiefen Zinsen profitieren. Die Mieterinnen und Mieter warten offensichtlich auch im neunten Jahr darauf.

Interessen der Mieterinnen und Mieter wahren

Gestern Abend wurde ich in den Vorstand des Mieterinnen- und Mieterverbands Luzern, Ob- und Nidwalden  und Uri gewählt. Es ist mir eine Ehre, nach 15 Jahren Engagement auf Schweizerischer Ebene wieder verstärkt in Luzern für die Interessen der Mietenden einzustehen – und natürlich auch die Verbindung zur nationalen Politik zu schaffen.

Mit meinem Eintritt in die nationalrätliche Verkehrs- und Fernmeldewesen werde ich in Bundesbern mich stark mit Mobilitätsfragen befassen und dafür kämpfen, dass wir unsere Klimaziele einhalten können und dass unsere Städte und Landschaften nicht im Verkehr ertrinken.

Klar war für mich aber: Wohnen bleibt ein zentrales Thema für mich, an dem ich dran bleiben will. Kaum ein anderes Thema ist so wichtig für die Menschen. Wohnen bedeutet Heimat, beeinflusst unser Wohlbefinden, Wohnen ist aber auch eine unglaublich zentrale wirtschaftliche Frage. Rund 40 Milliarden Franken wenden die Mieterinnen und Mieter heute dafür auf.

In Bundesbern haben wir es zur Zeit mir einer Flut von Vorstössen zu tun, die das Mietrecht aushöhlen wollen. Im Kanton haben wir gleichzeitig einen Stillstand in der Wohnbauförderung. Rezepte dagegen gibt es: Zum Beispiel die MV-Wohninitiative. Hier helfe ich gern mit.

NZZ-Tribüne zum Genossenschafts-Bashing

Heute erschien in der NZZ mein Tribünenbeitrag zum Angriff auf die Genossenschaften. Ich habe versucht, die Zahlen etwas zurechtzurücken – wenn man die NZZ liest, sollte man meinen, in den Wohnbaugenossenschaften würden nur noch hippe Doppelverdiener und Parlamentarierinnen wohnen. Die Zahlen aber sprechen eine ganz andere Sprache.

Sanierungen und Subventionen

Wer heute ein Gebäude energetisch saniert, bekommt Fördergelder. Das System hat seine Tücken, da die Fördergelder unabhängig von sozialen und ökonomischen Leitplanken ausbezahlt wird. Will heissen: Geld bekommen auch alle, die ihren Mietern vor der Sanierung kündigen und nachher die Wohnungen auf Marktniveau weitervermieten. Und die Subvention wird ebenfalls ausbezahlt, wenn der Mietzinsaufschlag missbräuchlich hoch ist. Der Staat hält sich nobel zurück und kontrolliert die Aufschläge nicht, obwohl der Sinn der Subvention an die Vermieterinnen und Vermieter doch gerade darin liegt, Sanierungen erschwinglich zu machen. Nicht nur für die Besitzer, sondern auch für die Mieter…Der Tagi und andere Medien haben heute darauf hingewiesen.

Fördergelder können eine wichtige Hilfe sein, um Mietzinsaufschläge abzufedern. Dafür müssen aber die Bestimmungen richtig sein: Das Parlament hat es mit der Revision des CO2-Gesetzes in der Hand, hier einige Fragen zu klären. Es sollte einleuchten, dass in Gebieten mit hohen Mieten und hohen Investitionen, die zu Leerkündigungen führen und zu massiven Mietzinserhöhungen, Fördergelder einseitig den Eigentümern zu Gute kommen und die Mieterinnen und Mieter leer ausgehen. Also: Keine Fördergelder, wenn den Mietenden auf Grund der Sanierung gekündigt wird und eine Kontrolle des Mietzinsaufschlags durch die Schlichtungsbehörden.

Der heutige Zustand ist stossend. Vor allem – und das wird oft vergessen – weil die CO2-Abgabe, aus welcher die Fördergelder stammen, via Heizkosten von den Mieterinnen und Mietern bezahlt werden.

Den Champagner trinken andere

Bezahlbarer Champagner im Restaurant? Mit diesem Spruch konterte gestern NZZ-Redaktor Lucien Scherrer die Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen». Was beim ersten Lesen ein halbgegorenes Wortspiel ist, trifft doch genau den Kern der Sache.

Tatsächlich – die Forderung ist abstrus, schliesslich kann ich auf Sekt oder Weisswein umsteigen, den Champagner zu Hause trinken oder halt einmal abstinent sein. Beim Wohnen ist das wohl etwas anders: Wohnen ist ein Grundbedürfnis und die Wohnkosten sind der grösste Ausgabenposten der Haushalte. Genau dies rechtfertigt, dass die öffentliche Hand im Gegensatz zum Champagner beim Wohnen lenkend eingreift.

Das stösst der NZZ sauer auf. Sie hat aufgedeckt, dass in Zürich auch Stadtparlamentarier in Genossenschaftswohnungen leben. Welche Überraschung! Dort gehören glücklicherweise knapp 30 Prozent der Mietwohnungen gemeinnützigen Wohnbauträgern.   Falsch ist auch die in der NZZ oft kolportierte Behauptung, in den Genossenschaften wohnten hauptsächlich gutverdienende hippe Leute. In Tat und Wahrheit haben Mieter in Genossenschaften das tiefere Bildungsniveau als Personen in anderen Mietwohnungen oder gar im Wohneigentum und damit auch ein tieferes Einkommen. Weiter wird moniert, der Ausländeranteil sei oft tief. Dabei zeigen die vorhandenen Zahlen, dass der Ausländeranteil in Genossenschaftswohnungen durchschnittlich ist, unter den Ausländer aber wiederum jene übervertreten sind, die weniger begütert sind. Der Pro-Kopf-Bedarf an Wohnfläche in Genossenschaftswohnungen ist bedeutend tiefer als in anderen Mietwohnungen. Kein Wunder: Es bestehen oft Belegungsvorschriften.

Das Schlechtreden der Genossenschaften wird nicht gelingen. Viele Menschen schätzen den gemeinnützigen Wohnungsbau, weil er preiswerte Wohnungen schafft, meistens auf anständige Art und Weise Sanierungen durchführt und den Bewohnerinnen und Bewohner eine Mitsprache ermöglicht. Damit schaffen Wohnbaugenossenschaften, Stiftungen oder Gemeinden Identität und Lebensqualität, wie es auch Wohneigentümer suchen.

PS: Momentan trinken auf dem Wohnungsmarkt nicht die Mietenden den Champagner, sondern andere dank Durchschnittsrenditen von 5 bis 6 Prozent.

 

Was der Markt richtet und was er anrichtet

Heute hat der Bundesrat die Botschaft zur Wohninitiative des Mieterinnen- und Mieterverbands verabschiedet. Im Communiqué dazu lobt er einmal mehr die Kräfte des Marktes, die soviel Gutes bezwecken können. Die Initiative lehnt er ab, weil sie „mit den Grundsätzen einer marktwirtschaftlichen Wohnungsversorgung nicht vereinbar“ sei. Logisch, denn der Mieterinnen- und Mieterverband hat die Initiative gestartet, da der Markt weiterherum die Probleme auf dem Wohnungsmarkt nicht löst respektive vielen MarktteilnehmerInnen (= Wohnende) kein passendes Angebot zu vermitteln mag. 

Im Wohnungsmarkt geht es um ein Gut, das geschützt werden muss. Mietende – aber auch Wohneigentümer – können und wollen nicht einfach zügeln, wenn das Marktangebot nicht mehr stimmt – respektive der Vermieter auf die Idee kommt, noch mehr Rendite herauszuholen und deshalb kündigt oder eine Luxussanierung durchführt. Das nahe Schulhaus, Sportkolleginnen, Nachbarn, und – ich brauche den Begriff: Heimat – stehen auf dem Spiel.

Und es geht um sehr hohe Beträge: Brutto betragen die Mietkosten jährlich rund 40 Milliarden Franken. In den letzten Jahren sind die Renditen der Vermieterinnen und Vermieter kontinuierlich gestiegen. Einige haben die Mieterinnen und Mieter an den tiefen Hypozinsen mit Mietzinssenkungen beteiligt, zu viele aber haben die Chance genutzt und die Mieten belassen oder bei einem Mieterwechsel kräftig erhöht – der Markt gibt es ja her. Da lohnt es sich auch aus volkswirtschaftlichen Gründen hinzuschauen. 

Mit der Wohninitiative hat der Mieterinnen- und Mieterverband ein Volksbegehren gestartet, das massvolle und bereits bekannte Instrumente vorschlägt. Sie helfen mit, die Genossenschaften zu stärken und ein besseres Gleichgewicht auf dem Wohnungsmarkt zu erreichen.

Ich freue mich auf die Diskussion und auf eine vertiefte Auseinandersetzung, wohin die Wohnpolitik des Bundes gehen soll. Mit dem lapidaren Hinweis auf den Markt wird der Bundesrat nicht durch die Debatte kommen.

 

Wohnungspolitik findet nicht statt

Der Kantonsrat hat entschieden: Nein zur kantonalen SP-Initiative für mehr gemeinnützigen Wohnungsbau und ebenfalls Nein zum Gegenvorschlag der Grünen, der mit raumplanerischen Mitteln den Wohnbaugenossenschaften zu mehr Land verhelfen wollte. Grund: Das ist Sache der Gemeinden und das machen wir schon längt supergut – vor allem die CVP betonte dies mehrmals. Neckischerweise verschickte die CVP Kriens am nächsten Tag ein Communiqué, in dem sie gegen einen gemeinnützigen Wohnbauträger schiesst. Logis Suisse will auf dem Areal von Andritz Hydro mehrere Hundert Wohnungen realisieren und die CVP Kriens fürchtet sich deshalb vor einem Ghetto. Anscheinend glaubt sie, in Genossenschaften würden nur Armengenössige wohnen.

Fakt ist, dass der Anteil der gemeinnützigen Wohnungen am gesamten Bestand an Wohnungen in den letzten 20 Jahren abgenommen hat. Viele Gemeinden haben das Ziel, langfristig preisgünstige Wohnungen zu schaffen, für lange Zeit aus den Augen verloren. Die Grünen setzen sich dafür ein, dass Wohnen nicht dem renditegetriebenen Markt überlassen wird, sondern gute und bezahlbare Wohnungen geschaffen werden. In Kriens sammelt zur Zeit die SP eine Initiative, und als Mitglied des Initiativkomitees bitte ich alle, diese Initiative jetzt zu unterzeichnen.

Wer soll noch in Emmen wohnen?

Die CVP Emmen verlangt in einem Vorstoss, dass die Gemeinde einen Wohnkalkulator anschafft um auszurechnen, ob sich die Wachstumsstrategie der Gemeinde finanziell lohnt. Kritisch argumentiert die Partei: „Betrachtet man diese Zahlen nüchtern, kommt man zum Schluss, dass das Wachstum der Gemeinde Emmen ein rein quantitatives Wachstum mit zu wenig Qualität ist.“ Es ist sicher richtig, wenn sich Gemeinden und die Politik überlegen, welche Art von Wachstum sie wollen und dass Wachstum alleine kein Ziel sein kann. Zu lange wurde so argumentiert.
Die CVP kommt zum Schluss, dass die Gemeinde keine andere Chance habe, als beim Wachstum auf Qualität zu setzen, sonst würden Aufwand und Ertrag immer weiter auseinanderklaffen. Was aber versteht die Partei unter qualitativem Wachstum? Ich fürchte, diese Umschreibung ist eine andere Art um zu sagen: Wir wollen gute Steuerzahler ansiedeln. Wenigverdienende sollen bitte anderswo eine Wohnung suchen.
Das Thema ist bekannt. Eine Zeit lang hat Malters offensiv darum gekämpft, ein gehobeneres Klientel anzulocken. In Kriens ist man ebenso verängstigt, weil hier viele SozialhilfebezügerInnen wohnen. Diese Art von Verdrängungspolitik zeigt exemplarisch die Grenzen unserer heutigen kleinräumigen Politstrukturen auf. Zeit, dass der Kanton gewisse Vorgaben für den Erhalt und die Schaffung von preisgünstigem Wohnraum schafft.

Nix Interesse an Wohnpolitik

Der Regierungsrat wollte eine öffentliche Anstalt gründen, die selber gemeinnützigen Wohnungsbau betreibt. Sei dies auf Kantonsgrundstücken, auf Grundstücken von Gemeinden oder Kirchgemeinden. Weiter sollte die Anstalt auch Liegenschaften zwischennutzen können oder von Privaten kaufen können. Ein pragmatischer Vorschlag, wie bei knappen Kassen doch etwas für den gemeinnützigen Wohnungsbau getan werden könnte – notabene dort, wo Wohnbaugenossenschaften nicht aktiv werden können oder wollen. Der Vorschlag war eine Antwort auf einen Vorstoss von uns Grünen.

En bloc lehnten SVP, CVP, FDP und Grünliberalen die Idee ab. Unnötig, der Wohnungsmarkt funktioniere, die Wohnbaugenossenchaften seien genügend aktiv, der Kanton solle sich nicht einmischen.

Luzern will eine Boomregion sein. Gute Steuerzahler anlocken. Firmen ebenso. Der Verdrängungseffekt auf dem Wohnungsmarkt aber wird nicht beachtet. Ziemlich kurzsichtig.