Männerversteherinnen und Gleichberechtigung

Nelly Keune hat heute in der Luzerner Zeitung anlässlich der Aktionen zum 20 Jahr Jubiläum des Frauenstreiks mächtig in die Tasten gegriffen. Sie hat ihre Nicht-Benachteiligung als Frau auf besonders originelle Art unter Beweis gestellt und ihren Kommentar mit einem Aufruf beendet, wonach die Frauen selber viel zur Gleichberechtigung tun können: Endlich ein Scheidungsrecht einzuführen, das das gemeinsame Sorgerecht über die Kinder zum Regelfall mache und endlich Regelungen abzuschaffen, die es den Frauen ermöglichten, nach einer Scheidung bis zur Pensionierung ihren Ex-Männern auf der Tasche zu liegen.
Aber hallo, das gemeinsame Sorgerecht finde ich eine gute Sache, aber es ist sicher, ganz sicher nicht zu Gunsten der Frauen. In der Praxis ist der grössere Anteil der Erziehungsarbeit doch bei ihnen und das gemeinsame Sorgerecht bedeutet für sie im Konfliktfall oft Mehrarbeit. Wenn dann eine Redaktorin als Gegenleistung grad auch noch die Leistungen an geschiedene Frauen kürzen will, dann finde ich das eine tolle win-win-Situation – für die Männer, aber für die Frauen bleibt da nix übrig.
Auch Sätze wie: „Wenn sie Kinder und Karriere verbinden wollen, warum machen sie das nicht einfach und zwar ohne zu erwarten, dass einem der Arbeitgeber eine steile Karriere in einem 20 Prozent-Pensum möglich macht?“ sind schlicht beleidigend. Ich kenne erstens keine Frau, die mit 20 Prozent Karriere machen will und ich kenne ebenfalls keine Frau, die Kinder hat und beruflich vorwärts kommen will, die nicht ab und zu den Verleider hat, weil sie es eben „nicht einfach machen“ kann.
Nelly Keune stellt die Frage nach Tätern und Opfern und meint, die Frauen würden den Männern den Täterstempel aufdrücken. Ich nehme die Debatte viel differenzierter wahr und finde diese Diskussionen in Opfer-Täter-Schemen in diesem Bereich auch unnütz. Nur: Mit diesem Kommentar macht Nelly Keune Frauen zu Täterinnen: Die wie gesagt ihren Männern auf der Tasche liegen, von den Chefs eine Karriere verlangen und den Männern die Kinder vorenthalten. Darin kann ich keinen wirklichen Fortschritt in der Geschlechterdiskussion sehen.
Vielleicht ist die Kommentatorin etwas gar stark von geschiedenen Männern umgeben?

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