Wahlkampagnen – nur die Viertelwahrheit in der Zeitung

Heute hat die Luzerner Zeitung – wie dies fast vor jeder Wahl geschieht – die Wahlbudgets der Parteien zusammengestellt. Sie liegen relativ nah beieinander. Wenn man aber auf die Strasse blickt, so sieht das ganz anders aus. Die SVP plastert seit August die Plakatwände voll mit ihren Stiefeln und Kandidierende haben mit Inseraten begonnen.

Die Luzerner Zeitung hat in ihrem Artikel schlicht die Ausgaben der nationalen Parteien weggelassen.  Immerhin wird mit zwei Sätzen erwähnt, dass einzelne bürgerliche Kandidaten bis jetzt rund 50’000 Franken aufgewendet haben. Wenn einzelne Kandidierende höhere Beträge investieren als ihre Kantonalpartei insgesamt, so sieht das Bild der Wahlkampffinanzierung total anders aus und die von den Kantonalparteien genannten Beträge sagen wenig bis nichts über die effektiven Gelder aus, die in diesem Wahlherbst im Spiel sind.

Bereits vor vier Jahren habe ich ausgerechnet, dass das Wahlbudget von Yvette Estermann eher bei 200’000 als bei 100’000 Franken lag. Sie hat ihre Maschine schon vor längerem wieder angeworfen, angefangen bei Plakaten im August. Gestern wurde ein Flugblatt verteilt. Dickes Papier, A3-Format ein solcher Versand kostet für Kriens locker 5’000 Franken, für die Stadt – wenns dort ebenfalls verteilt wurde – schnell einmal 7’000 Franken.

Worüber wir so alles abstimmen…und worüber nicht

Der Nationalrat hat heute nachgelegt und sich für den Kauf neuer Kampfflugzeuge entschieden. Finanzieren will er das über das ordentliche Budget und damit eine Volksabstimmung verhindern. Der Kauf neuer Kampfflugzeuge für Milliarden wird als courant normal hingestellt. Wo das Geld eingespart wird – keine Ahnung.

Die Super-Verteidigerin der Volksrechte, die SVP macht bei diesem Deal mit. Die Flügerlis sind allzu verlockend und die Angst vor einer Volksabstimmung anscheinend zu gross, als dass man in dieser Frage keine nationale Abstimmung riskieren möchte.

Komisch nur, dass einem von der gleichen Partei der Vorwurf des  Verrats an den heiligen Werten der direkten Demokratie um die Ohren gehauen wird, wenn man die Frage stellt, ob eine Volksinitiative nicht vielleicht im Voraus inhaltlich geprüft werden müsste oder wenn man darüber diskutieren will, ob ein Zusammenschluss von Kriens mit anderen Gemeinden sinnvoll sein könnte.

Aber eben, wenn es um Kampfflugzeuge geht…

Vögte? Reden wir lieber über Inhalte.

Die SVP Kriens hat gestern in der Einwohnerratsdebatte zur Frage der Fusionsverhandlungen einmal mehr das Bild der fremden Vögte bemüht. Luzern wolle sich nur an Kriens gütlich tun, wurde gesagt und die Partei sprach von fremden Vögten und von einer Eroberung.

Die Zeiten der Vögte sind vorbei. Schon ziemlich lange. Vor rund 200 Jahren haben sich viele Menschen gegen die Bevormundung durch die Obrigkeit zur Wehr gesetzt und haben sich dafür eingesetzt, dass nicht nur eine kleine Minderheit von reichen und alteingesessenen Familien das Sagen hat respektive dass Vögte fremder Mächte sagen, wo’s langgeht. In einem langen Kampf entstand die moderne Schweiz mit einer ausgebauten Demokratie – als letztes Glied kam das Frauenstimmrecht 1971 hinzu. Das heisst für die Fusionsdiskussion: Über jeden Schritt können wir mit dem Stimmzettel uns frei entscheiden, da wird nix von oben diktiert.

Wären die Leute früher derart verängstigt vor dem Neuen gewesen, hätten sie sich derart wenig zugetraut wie die SVP Kriens, diese ganze Entwicklung hätte wohl nie stattgefunden. Um weiterzukommen, braucht es mutige Schritte und – auch mal gegen das Gewohnte.

Und zudem: Die Haltung der SVP spricht nicht gerade für viel Selbstbewusstsein. Die KrienserInnen haben immer wieder bewiesen, dass sie mit klugen Köpfen etwas erreichen können, und ich zweifle nicht daran, dass sich die KrienserInnen bei Fusionsverhandlungen hartnäckig für ihre Interessen einsetzen werden. Wir sind ja schliesslich nicht auf den Kopf gefallen.

Damit wir aber wissen, ob wir die anstehenden Aufgaben besser im Alleingang oder besser mit einem Zusammenschluss mit unseren NachbarInnen lösen können, müssen wir zuerst einen Fusionsvertrag aushandeln. Dann können wir über Fakten reden – statt über abgenutzte Bilder wie jenes der Vögte.

Liebe Gemeinden: Und jetzt die richtigen Konsequenzen…

In einem Brief haben sich – gemäss Luzerner Zeitungen – die Finanzverantwortlichen von Hochdorf, Wolhusen, Emmen, Horw, Willisau, Ebikon, Luzern, Sursee und Kriens an den Kanton gewandt. Und gefordert, der Kanton müsse eine Strategie vorlegen, die Kanton und Gemeinden ein ausgeglichenes Budget erlauben. Willi Bucher, Gemeindeammann von Wolhusen, redet in der Zeitung dem Kanton ins Gewissen und weist auf die vergangenen Steuersenkungen hin. Diese seien zwar mit guter Absicht erfolgt, aber: „Politiker können nicht einfach Steuersenkungen fordern und dann nicht sagen, wo man das fehlende Geld einsparen will.“ Das ist vielleicht auch mit guter Absicht gesagt, aber was sind die Konsequenzen daraus?

Jedenfalls hat sich der Finanzdirektor der Stadt Luzern Stefan Roth, als es um die letzte Steuergesetzrevision ging, als Kantonsrat ziemlich wortreich über deren Folgen für die Stadt Luzern beklagt – um sich am Schluss lediglich der Stimme zu enthalten, es reichte nicht einmal für eine Ablehnung. Paul Winiker aus Kriens, wie bereits mehrmals erwähnt, hat die Steuergesetzrevision sogar stets verteidigt, ebenso Urs Dickerhof von Emmen.

Eine gemeinsame Strategie von Kanton und Gemeinden kann doch nur heissen, dass man endlich vom aggressiven Steuerwettbewerb Abschied nimmt und gemeinsam dies auch der Bevölkerung kommuniziert. Uns wurde nämlich seit zehn Jahren eingehämmert, dass wir jedes Jahr weniger Steuern bezahlen können, dass es aber der öffentlichen Hand trotzdem immer besser gehen werde. Die Leute haben das gerne geglaubt und so lange die Konjunktur gut lief, ging das auch halbwegs auf. Jetzt, wo der Kanton in arge Schwierigkeiten kommt, wo einzelnen Gemeinden wie Kriens oder Emmen Mühe haben, überhaupt noch ihre laufende Ausgaben ordentlich zu finanzieren, braucht es eine Umkehr. Und diese muss, bitte schön, dann auch von allen Unterzeichnern des Briefes mitgetragen werden.

Die kluge Frage der SVP

In einem Inserat für eine Veranstaltung fragt die SVP Nidwalden: „Wie würde Winkelried wählen?“ Christoph Mörgeli hält einen Vortrag zu diesem Thema.

Zugegeben, aus historischer Sicht eine interessante Fragestellung. Ob die Formulierung auf den wahrscheinlichen Analphabetismus von Winkelried abzielt? Oder auf die Frage, ob er mit dem Schwert in der Hand oder mit einem der zahlreichen Kindern auf dem Arm gewählt hätte? Vielleicht zielt die Frage aber auch mehr darauf ab, wie er als einfacher Landmann zum Stimmrecht gekommen ist. Auch Nidwalden wurde trotz Mitsprachemöglichkeiten im Mittelalter hauptsächlich von den herrschenden Familien regiert.

Ging die Frage eher in die Richtung, wen er gewählt hätte, so zeigt sein Spruch „Sorget für mein Weib und Kind“  in die linke Richtung. Für die Witwen- und Waisenrente wäre der Spruch jedenfalls ein zugkräftiges Motiv. Ebenso für Angebote der familienexternen Kinderbetreuung, schliesslich musste Frau Winkelried nach dem Hinschied ihres Gatten wohl einer Erwerbsarbeit nachgehen.

Ehrlicherweise muss man sagen, dass er vielleicht auch FDP-Anhänger war, mit seinem Spruch „Der Freiheit eine Gasse!“ liefert er auch dieser Partei einen guten Wahlslogan.

Wie auch immer. Es ist doch bemerkenswert, dass  SVP über das Wahlverhalten eines seit 625 Jahren toten Mitmenschen nachdenkt. Aber vielleicht ist das ja noch das beste, was die Partei tun kann.

 

Pauschalbesteuerung: Wer steht noch dazu?

Heute war die Debatte zur Pauschalbesteuerung im Kantonsrat. Das nicht gerade ehrlichste aber klarste Signal des Kantonsrats kam erst am Schluss der Debatte. Bei der Abstimmung über einen Namensaufruf stimmten die CVP und FDP Nein. Beide Parteien hatten zwar die Pauschalbesteuerung im Kanton Luzern verteidigt, etwas mit einem anderen Grundton, aber die ParlamentarierInnen beider Parteien wollten ganz anscheinend ihren Namen nicht mit der Beibehaltung der Pauschalbesteuerung in der Zeitung sehen. Für den Namensaufruf (dazu braucht es einen Drittel der Stimmen) reichte es dann dank einigen SVPlern, die da weniger Befürchtungen hatten. Wenn man einen Namensaufruf bei der Behandlung einer Volkinitiative ablehnt, muss die Furcht gross sein.

Ansonsten nicht viel Neues. Ausser ein paar Kuriositäten, etwa wenn die SVP offensiv für die Ansiedlung reicher AusländerInnen weibelt oder die Grünliberalen die Pauschalbesteuerung zwar bedenklich halten, aber die Frage des Steuersubstrat über alles stellen oder wenn etwa ein Teil der CVP vor zwei Jahren die Abschaffung der Pauschalbesteuerung auf Bundesebene verlangte, sie aber nun im Kanton Luzern doch nicht weghaben will.

Die Volksabstimmung verspricht spannend zu werden. Zum einen sind die Bürgerlichen sich nicht einig, in welcher Form die Pauschalbesteuerung weitergeführt werden soll, zum anderen verstösst die Pauschalbesteuerung in den Augen vieler fundamental gegen die Gerechtigkeit. Während Personen mit einem Lohnausweis kaum die Möglichkeit zur „Steueroptimierung“ haben, sollen reiche AusländerInnen weiterhin weitgehend unkontrolliert über den Daumen gepeilt eine Steuerrechnung erhalten. Das Verhalten der KantonsrätInnen der bürgerlichen Parteien lässt zudem die Frage aufkommen, wer von ihnen bei einer Abstimmung dann tatsächlich hinsteht, um die letztlich auch bei ihnen unbeliebte Pauschalbesteuerung zu verteidigen.