Auch der Bund sagts…

Heute ist der Prüfbericht zum Agglomerationsprogramm 2. Generation herausgekommen. Das Ding will noch genauer studiert werden, doch eine Aussage stach mir ins Auge: „Die in der Analyse aufgezeigten Mängel bezüglich der Verträglichkeit im Strassenraum Innerorts werden kaum mit den entsprechenden Massnahmen zur Aufwertung von Strassenräumen unter Berücksichtigung aller Verkehrsmittel und der Attraktivierung für den Fussverkehr angegangen. Die Agglomeration versäumt es so, Verbesserungen für den Fussverkehr und insbesondere eine Verminderung der Trennwirkung von Verkehrsachsen zu erreichen.“

Was wir also schon fast gebetsmühlenartig bei jedem Strassenprojekt wiederholen müssen: Ändert endlich euren Blickwinkel hinter der Windschutzscheibe und denkt etwas etwas ganzheitlicher, unsere Kantonsstrassen sind in den Zentren nicht nur Fahrspuren für Autos, sondern gehören zum Siedlungsraum. Allerdings ist das Versäumnis nicht in erster Linie der Agglo anzulasten, sondern dem Kanton, der stur an seinen Grundsätzen festhält.

 

Weshalb einfach wenn es auch kompliziert geht

Die Juso Luzern diskutieren zwei Initiativprojekte, mit denen sie an der Wohneigentumsbesteuerung schrauben wollen. WohneigentümerInnen sind heute durchschnittlich steuerlich besser gestellt als Mietende und dem ständigen Druck des Hauseigentümerverbands muss man entgegenhalten. Darum ist es sicher richtig, auch diesen Bereich in der Diskussion um die Luzerner Finanzen miteinzubeziehen. Ob die vorgeschlagene Bodenverbrauchssteuer allerdings das Gelbe vom Ei ist, bezweifle ich. Wenn schon wäre eine Lenkungsabgabe besser als eine Steuer und auch die SP zeigte sich in der Kantonsratsdebatte über einen GLP-Vorstoss skeptisch. Und die ebenfalls vorgeschlagene Erhöhung der Handänderungssteuer ist auch heikel: In anderen Kantonen wurde diese Steuer abgeschafft, in Luzern nun eine Debatte um eine Erhöhung loszutreten ist nicht geschickt.

Die Aktivitäten auf diesem Gebiet lösen aber vor allem die Frage aus: Wäre es nicht töller gewesen, wenn sich mehr Personen  – auch aus den JUSOS – gegen die Abschaffung der bestehenden Liegenschaftssteuer eingesetzt hätten, statt jetzt im Nachhinein mit neuen Initiativprojekten den Versuch zu unternehmen, das verlorene Geld wieder hereinzuholen?

Die SVP holt Hilfe beim Richterstaat

Im Januar hat der Kantonsrat aus guten Gründen zwei Punkte in der kantonalen SVP-Asylinitiative für ungültig erklärt. Sie verstossen gegen Bundesrecht, was die SVP leicht vor der Lancierung hätte klären können. Das wurde unterlassen respektive im Kantonsrat beklagten sich Vertreter der SVP, die vorprüfenden Instanzen hätten die SVP nicht auf die Problematik hingewiesen. Diese nehmen heute nur eine formelle Prüfung vor, schauen also, ob der Unterschriftenbogen richtig gestaltet ist. Das SVP-Lamentieren war etwas billig, denn es ist gerade diese Partei, die sich dagegen wehrt, dass Initiativen vor der Lancierung auch auf ihren Inhalt überprüft werden.

Es entbehrt nun auch nicht einer gewissen Ironie, dass die SVP das Bundesgericht anruft, um die Ungültigkeitserklärung rückgängig zu machen. Wie oft hat sich diese Partei gegen den Richterstaat und im besonderen gegen das Bundesgericht gewandt und auf die Pauke gehauen, wenn in Lausanne wieder einmal ein Entscheid gefällt wurde, der auch auf die Politik Auswirkungen hatte? Jetzt plötzlich soll das gleiche Gericht den Entscheid des Kantonsrates rückgängig machen.

Sollte das Bundesgericht allerdings gegen die SVP entscheiden, kann sie ja dann wieder Zeter und Mordio schreien.

Die allherrschende Missbrauchsdebatte

Heute hat der Regierungsrat das totalrevidierte Sozialhilfegesetz vorgestellt. Ich gebe offen zu, unwissend über seinen Inhalt zu sein. Die Vorlage geht jetzt in die Vernehmlassung und die Diskussionen werden noch geführt.

Stutzig machte mich aber das dazugehörige Mediencommuniqué: Spontan sollte man meinen, in einem Sozialhilfegesetz gehe es um etwas Soziales und um Hilfe. Wer aber dieses Communiqué liest, bekommt den Eindruck, es gehe hier um ein Missbrauchsgesetz. Guido Graf lässt sich im Communiqué an einer Stelle selber zitieren mit dem Satz: „Durch einen verbesserten Austausch unter den Sozialhilfebehörden und anderen Institutionen kann Sozialhilfemissbrauch in Zukunft noch gezielter vorgebeugt werden.“ Es wird darauf hingewiesen, dass der Einsatz von Sozialhilfeinspektoren geregelt wird und dass gewisse Personenkreise aus dem Ausland von der Sozialhilfe ausgeschlossen werden und der Sozialhilfemissbrauch schaffts dann auch noch in den Zwischentitel. So wird auch von offizieller Seite die Missbrauchsdebatte genährt

Wer noch alles wem was vorwerfen kann

Gemeindepräsident und Finanzchef Paul Winiker drischt heute in Sachen Liegenschaftssteuer auch auf die CVP ein. Diese hätte einen Gegenvorschlag der SVP abgelehnt. Dieser sah vor, die Liegenschaftssteuer erst in ein paar Jahren abzuschaffen, dies aber fix festzuschreiben. Die Idee war aus der Finanznot geboren und gründete auf einer vagen Hoffnung, in ein paar Jahren würden die Gemeindefinanzen besser aussehen oder die heutigen Finanzdirektoren rechneten sich aus, bei der beschlossenen Inkraftsetzung nicht mehr im Amt zu sein – andere könnten dann die Chose auslöffeln.

Die Abschaffung der Liegenschaftssteuer werfe Kriens zurück und der Steuerausfall sei für die Gemeinden zurzeit nicht verkraftbar. Hat jemand diese Aussagen von Paul Winiker vor der Abstimmung gelesen oder gehört? Ich kann mich an kein Votum im Kantonsrat erinnern. Und ebenfalls wüsste ich nichts von irgendwelchen Inseraten oder Leserbriefen von Paul Winiker vor der Abstimmung. Auch er hat keinen Finger gerührt, um die Abschaffung zu verhindern und sollte jetzt ebenfalls nicht darüber lamentieren.

Luzerner Finanzen: Kein Loch mehr – ein Krater

Eine ordentliche Mehrheit der Stimmbevölkerung hat heute der Abschaffung der Liegenschaftssteuer zugestimmt. Die Gemeinderesultate sind entsprechend der Kampagne ausgefallen: Gemeinden mit einem guten links-grünen Wähleranteil und einem höheren Mieteranteil haben weniger zugestimmt als Gemeinde mit einem konservativen Wählersegment und hoher Eigentumsquote.  Die CVP hat die Vorlage zwar abgelehnt, sich aber – mindestens nach meinem Radar – völlig aus dem Abstimmungskampf herausgehalten. Im Gegenteil: Namhafte CVP-Vertreterinnen sind auf der Pro-Seite aufgetreten. Damit hat es die CVP verpasst, in ihren Kreisen und auf der Landschaft für ein Nein zu werben – das Nein an der Parteiversammlung war zwar wichtig – aber mit einer Parole ist es eben noch nicht gemacht. Und wenn dann öffentlich nur Grüne, SP und Mieterverband gegen eine aufwändige Kampagne auftreten, ist im Kanton Luzern eine Abstimmung nicht zu gewinnen.

Nun fehlen jedes Jahr weitere 20 Millionen in der Kantonskasse. Damit weitet sich das Luzerner Finanzloch zu einem Krater. In den nächsten Jahren müssen pro Jahr rund 100 Millionen Franken eingespart werden – oder andere Einnahmen gesucht werden. Keine Ahnung, wie das gelingen soll.

Das Resultat ist ernüchternd: Der Unmut über einzelne Sparvorschläge war in den letzten Jahren gross, aber der ganze Ernst der Finanzlage dieses Kantons ist bei breiten Bevölkerungsschichten noch nicht angekommen. Kann man von einer Steuersenkung profitieren, nimmt man sie gerne und lässt Übergeordnetes gerne aus den Augen. Mal sehen, wie sich in einem halben Jahr die Lage wieder präsentiert, wenn die weiteren Sparvorschläge präsentiert werden.

Verkehrspolitik abseits der Klimaziele

Die Luzerner Zeitung bietet heute breite Plattform für Kritiker der Stadtluzerner Verkehrspolitik. Wirtschaftsvertreter und Regierungsrat Robert Küng kritisieren die städtische Politik. Man ist sehr besorgt und fürchtet um die Wirtschaftsentwicklung in der Stadt und fordert, dass sich „der Autoverkehr mitwenwickeln“ kann.

Was ist passiert? Wird das Zentrum für den Autoverkehr gesperrt? Werden Tausende von Parkplätzen aufgehoben? Gibt es hohe Gebühren bei der Zufahrt ins Stadtzentrum? Nichts von alledem – der Stadtrat setzt sich einzig dafür ein, dass der Autoverkehr in der Stadt nicht weiter zunimmt. Eine Abnahme des Verkehrs wird nicht einmal als Ziel formuliert.

Seit Jahren wird uns in jeder Verkehrsdebatte erzählt, dass die Autos immer sauberer würden und weniger CO2 ausstossen. Nur: Gleichzeitig nimmt der Autoverkehr jedes Jahr weiter zu und führt dazu, dass der Benzinverbrauch weiter zunimmt. Das Ziel einer Stabilisierung des Autoverkehrs ist also ein wichtiger Schritt, aber noch längst nicht genügend, um unsere Klimaziele zu erreichen.

Und noch etwas: Wenn die Stadt Luzern als Einkaufsort mit den umliegenden Einkaufszentren, die alle frischfröhlich weiter bewilligt werden, konkurrenzieren will, so wird sie wohl eher Erfolg haben, wenn sie ihre spezifischen Vorteile hervorstreicht und sich nicht auch noch als superguten Autoeinkaufsstandort profilieren will.

SVP-Initiative: Endspurt und NEIN stimmen

Auf der Homepage und im Abstimmungskampf wurden durch die Abschottungsinitiative viele Probleme angesprochen: Lohndruck, Zersiedelung, steigende Mieten, überfüllte Züge und sogar Wachstumskritik wird geübt. Die Diskussion ist nicht falsch, die Adressaten aber suspekt und die Lösung schlicht unbrauchbar.

Wo ist die SVP, wenn es um Mindestlöhne, Arbeitnehmerschutz, oder um eine bessere Raumplanung oder um eine Verbesserung des Mieterschutzes und der Förderung von preisgünstigem Wohnraum geht? Nirgends.  Und wo ist sie, wenn jemand den Zusammenhang zwischen unserer Tiefsteuerstrategie, Wirtschaftswachstum und Zuwanderung macht? Auch nirgends. Die Zuwanderung ist erster, zweiter und dritter Linie ein Resultat unseres wirtschaftlichen Erfolges und an dem will sicher auch die SVP nicht rütteln.

So will die Abschottungsinitiative nicht in erster Linie die Zuwanderung beschneiden, sondern die Bedingungen für die Neuankömmlinge verschlechtern. Die Abschottungsinitiative führt zu einer Aufkündung der Personenfreizügigkeit und will uns in ein System zurückführen, das wir hinter uns geglaubt haben. Gemäss eigenen Angaben soll die Zuwanderung „mit einer Art Saisonnier-Status“ geregelt werden. Zur Erinnerung – ich musste es selber nochmals nachlesen: Die AusländerInnen durften höchstens 9 Monate hier bleiben, der Familiennachzug war untersagt und die Stelle durfte nicht gewechselt werden wie auch der Wohnkanton nicht.

Abgesehen von allen Schwierigkeiten, die das Aufkünden der Personenfreizügigkeit mit sich bringen würde: Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Rückkehr zu diesem System unsere Zukunft sein soll.