Ruf nach Bundeslösung!?

Die grüne Initiative für Ergänzungsleistungen für Familien wurde im Kantonsrat abgelehnt. FDP und CVP haben den Handlungsbedarf nicht abgestritten, sie wiesen aber darauf hin, dass Ergänzungsleistungen für Familien nicht als Insellösung eingeführt werden solle, sondern eine nationale Regelung nötig wäre.

Das ist nicht ehrlich. Zum einen ist eine Bundeslösung nicht in Sicht – sie wurde von den bürgerlichen Parteien abgelehnt. Zum andern haben wir im Kanton Luzern in den letzten Jahren zur Genüge gehört, wie schlimm für die Kantone es sei, wenn im Bund etwas entschieden werde, was die Kantone und den Gemeinden bezahlt werden müsse. Hier hätte es der Kantonsrat in der Hand gehabt, eine massgeschneiderte Luzerner Lösung einzuführen.

Austeilen! Und einstecken?

Gerade eben hat die SVP hart ausgeteilt. In Inseraten hat sie über „Pornobeamte“ geschimpft, die wir Steuerzahler durchfütterten. Ziemlich hart, selbst für die SVP. Sie selber ist aber relativ rasch aus der Fassung zu kriegen. Die Jungen Grünen haben mit einer Aktion witzig und frech den Wahlkampf aufgemischt und die kantonale Finanz- und Spardebatte aufgegriffen respektive ihre Urheber angegriffen. Das mag einigen zu weit gegangen sein, ich fand die Aktion hart, aber gelungen. Wenn schon immer über mangelnder oder flauer Wahlkampf geschrieben wird, hier hat eine Jungpartei provoziert- um ein Thema (wieder) ins Zentrum zu rücken.

Der SVP geht das schon zu weit. In einem Vorstoss verlangt Einwohnerrat Hans Fluder ein Plakatreglement für die Gemeinde Kriens, damit solche Plakataktionen verboten werden könnten. Die Reaktion erstaunt nicht nur, weil die Partei selber eben auch austeilen kann, aber sie erstaunt noch mehr, dass gerade die SVP, wenn ihr mal was nicht passt, nach einem Reglement ruft. Wie war das mit Bürokratieabbau, Reglementenflut und freie Meinungsäusserung?

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Hilfe, Kantonsangestellte surfen!

Ein Aufschrei! Kantonsangestellte surfen während der Arbeitszeit im Internet herum. Nicht nur dienstlich, sondern auch privat. Dazu erscheint bereits das passende SVP-Inserat mit dem Titel „Porno-Beamte“ und im Kommentar der Luzerner Zeitung wählt Lukas Nussbaumer für das Surfen auf Verkaufsplattformen das Wort „dealen“.  Unangebracht.

Tatsäschlich – ich finde es auch erstaunlich, wenn Angestellte Pornoseiten aufrufen. Etwas Fingerspitzengefühl würde manchen gut tun. Der Rest aber ist Courant normal respektive ein ständiger Prozess: Wie bringe ich Angestellte dazu, nicht im Netz hängen zu bleiben? Die Frage, ob zum Beispiel der Zugang zu Facebook am Arbeitsplatz gesperrt werden soll, ist alt und Entscheide wurden auch schon umgestossen, da sich Verbote nicht bewährten.

Die Diskussion, ob auf dem Server einer Verwaltung gewisse Seiten gesperrt werden sollen, ist sinnvoll. Damit wäre die Verwaltung mindestens von dieser Seite her „sauber“. Nur: Heute hat das doch fast keinen Einfluss mehr auf das Surfen während der Arbeitszeit. Fast jeder – nur ich bin noch steinzeitlich mit meinem alten Nokia unterwegs – hat ein Smartphone und loggt sich dort ein. Arbeitszeit geht genau gleich viel verloren.

Was bleibt? Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen heute Ziele erreichen und diese sollen auch kontrolliert werden und selbstverständlich besprochen werden. Dazu gibt es verschiedene Führungsinstrumente. Errreicht er oder sie diese nicht, ist es Pflicht der oder des Vorgesetzten genauer hinzuschauen. Und da wird die Frage, ob jemand zuviel Zeit mit Surfen verbringt – aber auch mit ganz anderen Sachen – angebracht und nötig sein.

PS: Ein schönes Beispiel, dass man auch mit einem hohen Arbeitspensum sehr produktiv sein kann, ist Josef Hofstetter, welcher in der Luzerner Zeitung gestern zum Thema Stadtratslöhne seine hohe Arbeitstätigkeit von morgens um fünf bis abends um zehn mit dem vergnügten Arbeitstag eines Stadtrates verglich. Sein strenger Arbeisalltag hat ihn nicht abgehalten, mittlerweile den  999. Kommentar auf der LZ-Homepage zu schreiben.

Unterschiedliche Ellen für Verbände

Der Lehrerverband Luzern hat die Konsequenzen aus den Abbauprogrammen der letzten Jahre gezogen: Er hat den bürgerlichen Parteien sein Vertrauen entzogen und empfiehlt linke und grüne Kandidierende für den Kantonsrat. Die bürgerlichen Parteien reagieren verärgert und reden von Boykott, die Luzerner Zeitung fährt in einem Kommentar auf der Frontseite schweres Geschützt auf. Als Staatsangestellte hätten sich die Lehrerinnen und Lehrer zurückzuhalten, sie müssten parteipolitisch ausgewogener auftreten und hätten den Realitätssinn verloren. Begründet wird das alles mit dem Austritt von einem (!) Mitglied, dies bei einer Mitgliederzahl von doch 4000. Erstaunlich, dass die Luzerner Zeitung einem Verband die Parteinahme für die eigenen Interessen absprechen will und wenig Geschichtsforschung macht, um herauszufinden, weshalb ein Verband, der nicht für Revoluzzertum bekannt ist, zu dieser Stellungnahme gekommen ist. Und erstaunlich ist ebenfalls, dass ständig kritisiert wird, der Wahlkampf sei so flau, jetzt aber, da ein Verband sich positioniert, wird er für sein politisches Statement gescholten.

Noch erstaunlicher ist aber: Als der Gewerbeverband und in seinem Schlepptau weitere Verbände Ende Januar die Idee einer rein bürgerlichen Regierung propagierte, hat dies in der Luzerner Zeitung breiten Raum erhalten. Kommentiert wurde dieser bürgerlicher Allmachtsanspruch meines Wissens aber nicht. Dabei hätte es mindestens so viele Gründe gegeben, auch hier kritische Anmerkungen zu machen: Weshalb verabschiedet sich ausgerechnet die Wirtschaft von der Konkordanz, obwohl sie selber immer auf die Sozialpartnerschaft verweist? Wen vertritt hier der Gewerbeverband? Wissen diese Verbände, ob ihre Mitglieder eine rein bürgerliche Regierung wollen? Zündstoff hätte es genug gegeben.