Gewerbeverband Luzern: Herzlich Willkommen in der Realität

In einem grossen Interview wehrt sich Gaudenz Zemp, Direktor des Luzerner Gewerbeverbands, gegen die massiven Einsparungen bei der Berufsbildung. Er macht sich für den Erhalt der Fachklasse Grafik stark und bemängelt die hohen Einsparungen, die bei der Berufs- und Weiterbildung anfallen. Gut, dass sich dieser Verband für seine Anliegen einsetzt. Gut, dass er dies auch öffentlich macht und als mitgliederstarker Verband hat er eine gewichtige Stimme.

Nun muss der Verband aber auch überlegen, woher das Geld kommen soll, wenn diese Einsparungen nicht gemacht werden. Vor zwei Jahren drohte der Gewerbeverband allen Politikerinnen und Politikern, ihnen die Unterstützung zu versagen, wenn sie für eine Steuererhöhung stimmten. Es ist dem Gewerbeverband unbenommen, solche Regeln aufzustellen. Aber es ist auch klar: Will man gewisse Kürzungen kippen, braucht es eine Gegenfinanzierung. Dazu muss der Gewerbeverband Hand bieten, sonst gewinnen an Schluss einige Partikularinteressen. Wer einen starken Verband im Rücken hat, wird vom Abbau ausgenommen, wer sich weniger gut Gehör in der Öffentlichkeit verschaffen kann, geht unter.

Diese Regierung wird’s nicht bringen.

Wieder einmal ein Abbaubudget. Das fünfte in Folge, wenn ich richtig rechne. Dieses Mal trifft es die LehrerInnen in den Gymnasien, Berufsschulen und Sonderschulen mit einer Erhöhung ihrer Unterrichtszeit, der Kreis der Leute, die Anspruch auf Prämienverbilligung haben, wird eingeschränkt, beim Energieförderprogramm gibt’s eine Kürzung, die Polizei patrouilliert weniger etc etc. Die Kürzungen sind ziemlich zufällig oder nicht zufällig dort, wo kurzfristig gekürzt werden kann.

Wir haben es gehört: Schuld sind die sinkenden Beiträge aus dem NFA. Das aber ist nur die halbe Wahrheit. Seit Jahren senkt der Regierungsrat von Budget zu Budget die Prognosen für die Steuereinnahmen. Bei den juristischen Personen hat sich der Kanton verkalkuliert. Nach der Halbierung der Unternehmenssteuern steigen diese nur langsam wieder an. Vom grossen Boom, der uns versprochen wurde, ist nichts zu spüren.

Steuerschätzungen_2015_2016

 

 

 

 

Der Regierungsrat lobt trotzdem und unverdrossen seine Steuerpolitik und spricht von einem Erfolg. Woran er diesen misst, ist mir schleierhaft. Die Rechnung geht doch hinten und vorne nicht auf. Aber eines ist sicher – von dieser rechtsbürgerliche Regierung ist keine Lösung zu erwarten.

Ich wünschte mir, dass die besonnen Kräfte, die nicht einfach immer nur nach Staatsabbau rufen, sich zusammenraufen und eine neue Auslegeordnung machen. Wie ist dieser Karren aus dem Sumpf zu ziehen? Nur mit Sparen, das sehen wir jetzt fürs Budget 2016 und für die weiteren angedrohten Kürzungsrunde 2017 bis 2019, kann es nicht funktionieren. Was werden jene Kreise aus CVP, GLP und offenen FDP-Teil machen? Rosig sind die Aussichten nicht: Die CVP lehnt selbst den Gegenvorschlag zur Initiative für faire Unternehmenssteuern ab und ist in erster Linie einfach mal überrascht über das grosse Finanzloch. Das darf man sein. Aber danach bitte, müsste auch was Inhaltliches folgen. Ich bin nun gespannt, welche Vorschläge sie präsentieren wird. Will sie in unserem Kanton ihre Gestaltungskraft nicht vollends verlieren, so muss sie eine Richtung weisen.

Grüne braucht`s

Der Wahlsonntag ist vorbei. Die Sitzverluste der Grünen schmerzen. Gewonnen hat vor allem eine Partei, die den Menschen simple Lösungen versprachen. Dass sie am Schluss dann doch nur dagegen ist und die inhaltliche Arbeit den anderen überlässt, das kennen wir bereits. Im Kanton Luzern sind wir für einmal unwillentlich Vorreiter dieser Art von Politik. Immerhin und das ist natürlich mehr als ein Trost: In unserem Kanton konnten wir unseren Sitz halten!

Die Grünen werden sich weiter für die Energiewende und eine soziale und humanitäre Schweiz einsetzen. Dies ist nach diesem Wahlsonntag wichtiger denn je.

Ich danke allen, die mich im Wahlkampf unterstützt haben. Via Testimonials, auf Facebook und auf der Strasse habe ich eine grosse Unterstützung erhalten. Merci vielmals!

Unternehmen an den öffentlichen Aufgaben beteiligen

Der regierungsrätliche Gegenvorschlag zu unserer Initiative für faire Unternehmenssteuern wärmt einen Vorschlag auf, den die Regierung bereits 2014 machte. Die vorgeschlagene Mimimalsteuer für Unternehmen wurde von einer Parlamentsmehrheit aber abgelehnt und sie, wie eine weitere Massnahme, können die Steuerausfälle nicht wettmachen.

Wenn die bürgerliche Ratsmehrheit unzverroden an der Tiefsteuerstrategie für Unternehmen festhalten will – und das wurde schon heute in der Zeitung überdeutlich – so wäre es an der Zeit, genereller über die Beteiligung von Unternehmen an den gesellschaftlichen Aufgaben nachzudenken. Denn: Immer weniger Gemeinden haben noch Interesse, Unternehmen anzusiedeln, wenn diese nur Kosten aber keinen Nutzen für sie bringen – und zusätzlich hatten wir in den letzten 15 Jahren eine Umverteilung bei den Steuern von Unternehmen hin zu natürlichen Personen erlebt.

Mit einer Änderung im öV-Gesetz hat der Kantonsrat im letzten Herbst einen anderen Weg vorgezeichnet. Bauten und Anlagen mit grossem Verkehrsaufkommen können zur Finanzierung eines öV-Angebots miteinbezogen werden. Für einen brauchbaren Gegenvorschlag sollte man in diese Richtung weiterdenken: Betriebe sollen sich verstärkt an Infrastrukturaufgaben beteiligen und Aufgaben übernehmen müssen, die sie heute teilweise freiwillig erbringen, teilweise aber eben auch nicht. Ich denke da an Kinderbetreuungsstätten oder Aufgaben im Integrationsbereich.

Bereits heute versuchen Gemeinden, vor allem im Infrastrukturbereich, von Unternehmen eine Kostenbeteiligung zu erwirken. Wenn es nicht um die üblichen Perimeterbeiträge geht, fehlt ihnen dazu die Rechtsgrundlage.

Die Erhöhung der Unternehmenssteuern ist für die finanzielle Gesundung des Kantons wichtig. Wer sie nicht will, muss andere Wege aufzeigen, wie nebst Einsparungen auch die Einnahmen erhöht werden können.

„Mami, ist es noch weit nach Amerika?“

Und wie ging der Witz weiter – genau: „Sei still und schwimm weiter“

So kommt mir die Luzerner Finanzpolitik vor. Seit Jahren wird uns gesagt, man habe jetzt das Gröbste hinter uns, wir würden bald die Früchte der Steuerstrategie ernten können und die vorliegenden Kürzungen seien die letzten. Dann nähert sich der Zeitpunkt des Budgets und wiederum müssen wir feststellen: Die Regierung präsentiert ein neu zusammengeschustertes Sparpaket um das nächste Jahr zu überstehen. Danach – sehen wir weiter.

Auch dieses Jahr ist die Überraschung die Konstante in der Luzerner Politik: Tröpfchenweise wird eine Sparmassnahme nach der anderen bekannt, gestern war es die Schliessung der Grafikklasse, heute die Zwangsferien an den Schulen. Den Rest kann man sich schon fast an den Fingern abzählen: Höhere Gebühren, weniger Geld für den öV, weniger Anspruchsberechtigte bei der Prämienverbilligung und natürlich Kürzungen beim Personal. Dazu schieben wir noch wichtige Investitionen nach hinten.

Ärger Nummer eins: Das Budget wird Ende Oktober von der Regierung vorgestellt. Anfang Dezember ist bereits der Kantonsrat dran. In fünf Wochen sollen Kommissionen, Parteien, aber vor allem Verbände und alle Interessierte die Sparmassnahmen diskutieren? Seriös kann das nicht gehen.

Ärger Nummer zwei und natürlich Hauptkritik: Je länger man diesem Finanzdesaster zuschaut, desto mehr bekommt man den Eindruck: Ausser der Idee, zum Tiefsteuerkanton für Unternehmen zu mutieren, ist gar nichts vorhanden. Die Regierung hangelt sich von Jahr zu Jahr durch. Keine Strategie, keine Führung, nur Flickwerk.

SVP und FDP kommt dies zupass. Staatsabbau und Privatiserung von öffentlichen Aufgaben lassen sich in diesem Hüst und Hott und aus purer Not gut durchführen. Alle anderen aber müssen der Regierung die rote Karte zeigen. Für einen verlässlichen Kanton braucht es eine Auslegeordnung und vor allem eine Planung, die über das nächste Jahr hinausgeht und aufzeigt, wie der Kanton die nächsten vier Jahre seine Aufgaben erfüllen kann.