Wissen Sie, was ein Sanierungstunnel ist?

Letzte Woche hat mir Economiesuisse ihr Argumentarium für eine zweite Gotthardröhre zugeschickt. Nicht verwunderlich, Economiesuisse spricht sich für deren Bau aus. Für eine schönere Benennung der ganzen Chose haben sie Kreativität walten lassen: Konsequent nennt das Papier den 3 Milliarden teuren Bau „Sanierungstunnel“. Was heisst denn das nun? Ist dieser Tunnel bereits beim Bau ein Sanierungsfall? Ist es ein Stollen, um den bestehenden Tunnel zu sanieren? Wird dieser Sanierungstunnel nach der Sanierung des bestehenden Tunnels wieder zugeschüttet? Nein, gemäss Economiesuisse schafft er einen bleibenden Mehrwert, etwa durch ein „reduntantes Verkehrssystem“ welches die Verfügbarkeit der Gotthardstrecke bei Unfällen deutlich verbessert. Oder bei einer weiteren Sanierung in nochmals 40 Jahren.

Ja, die Unfälle, die müssen immer herhalten. Doch in den letzten 10 Jahren gab es pro Jahr weniger als 10 Unfälle im Gotthardtunnel. Diese Zahl rechtfertigt ein sogenannt „reduntantes Verkehrssystem“ sprich Sanierungstunnel oder ganz einfach 2. Röhre bei weitem nicht. Wahrscheinlich wird man dieses reduntante Verkehrssystem dann gerne auch bei Staus gebrauchen. Der Druck, vier Spuren zu öffnen, wird bei Staus auf alle Fälle enorm sein.

Einige Zweifel beschleichen einem auch, wenn ein führender Wirtschaftsverband eine 2. Röhre mit dem Argument des günstigeren Unterhalts befürwortet. Denn nach deren Bau müssen zwei Röhren gewartet werden und Jahrzehnte später zwei Röhren totalsaniert werden. Es braucht keine Rechenkünste um die langfristigen Mehrkosten zweier Röhren zu belegen.

Aber auch bei der Economiesuisse gilt: Papier ist geduldig. Und: Die neue Wortschöpfung „Sanierungstunnel“ zeigt, dass es selbst dem Wirtschaftsverband nicht ganz wohl bei der Sache ist.

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