Vom Zählen von Seiten

Magdalena Martullo-Blocher hat sich eine Fleissarbeit aufgebürdet: Sie hat nachgezählt, wie die Zahl der Bundeserlasse wächst und kommt auf 4900 Erlasse mit 69000 Seiten. Jede Woche kämen 120 Seiten dazu. Das lesen wir heute in einem Gastkommentar in der NZZ. Die Schweiz würde bei den geschäftlichen Hürden weit hinter den asiatischen Staaten zurückliegen.

Natürlich – es muss ein Ziel sein, unnötige Reglementierungen auch wieder abzuschaffen und es ist Aufgabe der Politik, Eigeninitiative und -verantwortung nicht zu ersticken. Nur: Bei vielen Vorgaben, die auf den ersten Blick unnötig erscheinen oder als Kuriosität, ist oft doch mehr dahinter. Nur mit einer Aufzählung, wie viele Seiten irgendwelche Erlasse umfassen, ist der Diskussion nicht gedient. Der Unterschied zwischen der Schweiz und asiatischen Staaten liegt nicht nur, aber auch in der gesellschaften Partizipation bei Standards beim Umweltschutz, die wir nicht gerne hergeben wollen.

Die SVP-Nationalrätin schlägt das Prinzip „one in – two out“ vor. Also für jeden neuen Erlass sollten zwei aufgehoben werden. Die Luzerner Kantonsrätinnen und -räte wurden bereits vor einigen Monaten mit der Idee beliefert, dass alle Erlasse alle 10 Jahre überprüft werden müssten. Man stelle sich den Mehraufwand vor…Solche starre Formeln bringen wenig, inhaltliche Diskussion ist angesagt! Dann kann man über Normen und Vorgaben reden.

Apropos Formeln: Vielleicht würde sich das Prinzip „one in- two out“ auch auf die Familie Blocher und die Politik anwenden lassen…

Solidarität mit den Tessinern!

Dumm gegangen: Die Befürworter der zweiten Gotthardröhre haben stark mit der Solidarität mit dem Tessin geworben. Nun zeigen aber Umfrageresultate, dass die Skepsis gegen eine zweite Röhre gerade im Tessin besonders stark ist.

Das hat gute Gründe: Mit einer zweiten Röhre am Gotthard ist die Gefahr gross, dass noch mehr Transitverkehr über die Autobahn durch die Leventina und durch das Südtessin rollt. Nicht umsonst haben deshalb auch verschiedene Stadtpräsidenten im Tessin klar gegen eine zweite Röhre Stellung bezogen. Sie wissen: Die Verkehrsprobleme und die Luftverschmutzung nehmen weiter zu, wenn ein zweiter Tunnel gebaut wird.

Das trifft aber nicht nur auf das Tessin zu, auch bei uns im Kanton Luzern können wir keinen weiteren Transitverkehr brauchen. Unsere Autobahnen sind jetzt schon am Anschlag. Kommen zusätzliche Lastwagen dazu, nehmen Stau und Umwegverkehr weiter zu. Noch können wir es verhinden: Sagen wir klar Nein zur zweiten Gotthardröhre.

Ein Paar das sich versteht: Guido Graf und die Luzerner Zeitung

Wir lesen in den internationalen Medien oder in der NZZ am Sonntag: Nach der Bombardierung von Aleppo und der laufenden Grossoffensive sind Zehntausende von Menschen aus der Trümmerstadt geflohen und stecken an der Grenze fest: Die Türkei lässt die Menschen nicht ins Land, es fehlt an Wasser und an Zelten.

Hierzulande titelt unsere Zeitung zur gleichen Zeit: „Steigende Asylzahlen: Luzern wappnet sich fürs Schlimmste“. Entschuldigung. Was soll dieser Titel? Was ist das Schlimmste, das passieren kann? Dass mehr Flüchtlinge kommen? Oder vielleicht doch, dass sie nicht mehr können? Die Wortwahl, Entschuldigung, ist ein grober Fauxpas.

Dann kann sich einmal mehr Guido Graf in Pose werfen. Er spricht von Sonderrecht und von einer Gesellschaft, die „an der Grenze mit der Aufnahme von Asylsuchenden ist“. Bereits geplante Unterkünfte wie im Eichwald wurden aber vom Kanton nicht realisiert, weil er selber stets mit knappsten Zahlen kalkuliert. Und Hilfsangebote aus Bevölkerung wie im Asylzentrum im ehemaligen Hotel Pilatusblick sind anscheinend monatelang nicht beantwortet worden – der Kanton hat die  Betreuung von der Caritas übernommen und ist anscheinend nicht so topfit, wie er in Aussicht stellt.

Wer von Sonderrecht spricht (was auch immer das dann genau beinhaltet), sollte sich bewusst sein, welche Signale er aussendet. Und er unsere Gesellschaft am Rande ihrer Bereitschaft oder Möglichkeiten sieht, ebenfalls. Von einem zuständigen Regierungsrat würde ich eine andere Haltung erwarten.

Nun noch zur Luzerner Zeitung. Während andere Zeitungen auch mal einen Vergleich mit den Zahlen im Ausland anstellen oder die heutigen Zahlen in ein Verhältnis zu anderen Flüchtlingskrisen stellt, bombardiert die Luzerner Zeitung ihre Leser mit Schlagzeilen wie: „Dreissig mal mehr Flüchtlinge“ (30.01), „Massiver Anstieg bei den Asylgesuchen“ (29.01.), oder dann wappnet sich Luzern eben auf das Schlimmste wie heute.

Dass Zahlen ganz unterschiedlich interpretiert werden können. Zeigen die beiden untenstehenden Titel, die am gleichen erschienen sind. Oben Luzerner Zeitung, unten Tages-Anzeiger.

Zeitungstitel