USR III: Auf die Abstimmungsniederlage folgen kreative Analysen

Erstaunliches war heute zu lesen. Das wuchtige Nein zur USR III sei ein Aufstand gegen die Eliten, ein Nein zur Globalisierung und eine Trumpisierung der Politik. Besonders prononciert vertrat Pascal Hollenstein in der Luzerner Zeitung diese Haltung, nachdem die gleiche Zeitung in den vorangehenden Wochen mit Wucht die Werbetrommel für die Vorlage geschlagen hatte.
Diese Analysen fand ich so überraschend, dass ich zuerst dachte, ich müsse sie mir nochmals durch den Kopf gehen lassen. Ich habs getan, aber ich finde sie seither nur noch waghalsiger.
Aufstand gegen die Eliten? Na ja, jedes Referendum entspricht ein Stück weit diesem Schema, dafür sind ja Referenden da und sie wurden auch schon früher des öftern gewonnen. Deswegen immer ein Vertrauensschwund der Behörden herbeireden, manchmal auch herbeisehnen, ich glaube nicht daran. Wer dieses Gerede um Eliten und Nichteliten mitproduziert, verkennt doch die schweizerischen Verhältnisse, die von einer dichten Verzahnung von Zivilgesellschaft und Politik lebt.
Globalisierung? Ja, es ging auch um internationale Firmen und deren Steuervorteile in der Schweiz. Wichtiger waren aber die Steuerausfälle, die Steuergerechtigkeit zwischen Privaten und Unternehmen und Steuerprivilegien mit Abzügen von über 100 Prozent, die nicht erklärbar waren. Vor einem Nein zur Globalisierung war dieses Abstimmungsresultat sicher ein Zeichen gegen eine masslose Steuerpolitik.
Und was ist nun mit Trump und seinem Politikstil? Ja, populistische Strömungen nehmen zu. Aber ist das neu? Die SVP betreibt diesen Politstil doch mindestens seit 1992. Und ehrlich gesagt, es gab ihn auch schon zuvor. Man nehme einmal die Abstimmungspropaganda bei den Ausländervorlagen in den 70er Jahren zur Hand. Wie anders als populistisch sollte man das nennen? Beispiele gibt es genug, auch auf der linken Seite.
Die Luzerner Zeitung schreibt, das Resultat sei für die Linke ein Pyrrhussieg. Das glaube ich nicht. Eine Zeitenwende ist damit auch nicht eingeläutet, aber das Signal ans Parlament ist klar: Die Stimmbevölkerung lässt nicht jede noch so dreiste Vorlage durchgehen.

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