Überwachung heizt Misstrauensdebatte an

Die NZZ am Sonntag kommentiert heute, dass die Überwachung von Sozialhilfebezüger und die Verfolgung von Fehlbaren letztlich das Vertrauen in das Sozialwesen stärke. Die Argumentation ist  altbekannt, aus meiner Sicht aber falsch.

Selbstverständlich gehört zu jedem System auch eine Kontrolle und eine Sanktionierung von Missbräuchen. Die neuen Überwachungsmethoden im Sozialversicherungsgesetz gehen aber viel zu weit. Kein Wunder, äussert sich die NZZ auch nicht zu den konkreten Massnahmen. Wer ohne Augenmass und ohne Respekt auf das Recht auf Privatsphäre Überwachungen zulässt, heizt die Misstrauensdebatte an, statt dass er sie beruhigt.

Die Argumentation ist aber auch merkwürdig einseitig. In anderen Bereichen wird die Verhältnismässigkeit viel stärker gewichtet. Man könnte ja zum Beispiel, um das Vertrauen in unser Steuersystem noch etwas stärken, auch noch weitere Massnahmen ergreifen:

  • Wer Sanierungskosten bei den Steuern abzieht, muss damit rechnen, dass ein Privatdetektiv von der Strasse aus ins traute Heim hineinfotografiert um festzustellen, ob die Sanierung dem entspricht, was auf der Steuererklärung eingegeben wurde. War es wirklich Unterhalt oder eine Neuinvestition, die nicht von den Steuern abgezogen werden darf?
  • Wer auswärts isst, wird kontrolliert, ob er dies tatsächlich so oft macht, wie er es angibt.
  • Beim Besuch von Fremdsprachenkursen wird bei der Firma nachgefragt, ob diese Fremdsprache tatsächlich gebraucht wird.
  • Und selbstverständlich heben wir das Bankgeheimnnis auf, es könnte ja ein Konto verschwiegen worden sein.

Gleiches gilt im übrigen auch für Bauabnahmen, die meines Wissens immer vorangekündigt werden. Wer bei einem Umbau etwas Illegales eingebaut hat, hat dann noch Zeit, dies zu kaschieren.

Völlig einverstanden, wer nun sagt, dass das übertrieben wäre und eine Bevormundung der Menschen. Aber genau so, wie bei den Steuern klar sein muss, dass Massnahmen verhältnismässig sein müssen, so müssen sie dies auch in anderen Bereichen sein. Die NZZ als Hüterin des liberalen Rechtsstaates dürfte da ruhig etwas sensibler sein.

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