Zuerst kommt die Macht und dann die Staatsräson

Keine grüne Bundesrätin: Das Parlament hat deutlich entschieden, an der parteipolitischen Zusammensetzung des Bundesrates nichts zu ändern. Weiter werden vier FDP- und SVP-Bundesrät*innen die Mehrheit im Gremium stellen, obwohl diese Parteien in beiden Parlamentskammern in Bern weit von einer Mehrheit weg sind. Dass die FDP und mit ihr die SVP aus Gründen des Machterhalts an ihren Bundesrät*innen festhalten würden – geschenkt und nicht weiter verwunderlich. Dass GLP und CVP offensichtlich sehr klar dieser rechtsbürgerlichen Mehrheit zu weiteren vier Jahren verhilft, zeigt eines: Den beiden Parteien ist es ganz recht, wenn FDP und SVP den Ton im Bundesrat angeben und sie sich mal anschmiegen oder mal mit etwas Kritik abgrenzen können. Neue Mehrheiten mit wechselnden Konstellationen, einer vermehrten offenen Mehrheitssuche wie im Parlament, das wird von dieser sogenannten Mitte offensichtlich gar nicht gewünscht. Sogenannt, weil die Frage erlaubt ist, wo die Mitte ist, wenn sie so deutlich nach rechts rüber kippt. 

Untermauert wurde die Zementierung der bisherigen Zusammensetzung von den Fraktionssprechern mit teils kreativen, teils akrobatischen Übungen. Den Wählerwillen abzubilden, sei der Kern der Konkordanz, aber nicht jetzt, sondern erst später. Man wähle keine Bisherigen ab – wie war das 2003? – und die FDP musste sogar ihre Vertretung in kantonalen Regierungen heranziehen, um ihren Anspruch im Bundesrat zu rechtfertigen, da die Konkordanz „keine exakte Wissenschaft“ sei. Stimmt, aber auch mit viel, viel Runden hat die FDP ihren Anspruch auf zwei Sitze verloren.

Sei’s drum. Durchgesetzt hat sich damit eine bürgerliche Phalanx mit einer klaren Ansage, wer mit wem paktiert. Auf der Strecke geblieben sind dagegen all die Beschwörungen, Diskussionen und Abhandlungen über unser Staatssystem, die Konkordanz, das einzigartige System der Schweiz. Fressen und Moral oder eben Macht und Staatsräson

Wer es mit der Konkordanz ernst nehmen will, kann gerade nicht auf Blockierung und Festhalten machen, sondern müsste den Wandel nach einer Wahl ermöglichen. Die Wahl hat die Klimafrage ins Zentrum gestellt und dem Parlament einen Auftrag erteilt. Für das Klima wird es mit der altneuen Zusammensetzung des Bundesrates nicht einfacher – wir werden den Druck im Parlament und vor allem in der Zivilgesellschaft erhöhen.

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