Umverteilung konkret: Wie Mietende Jahr für Jahr zuviel bezahlen

Das Büro Bass hat berechnet, wie sich die Mietzinse gemäss Mietrecht entwickeln müssten – und wie sie sich tatsächlich entwickelten. Die Studie belegt die unglaubliche Umverteilung im Mietwohnungsmarkt. Im berechneten Zeitraum von 2006 bis 2021 hätten die Mieten auf Grund von 9 Referenzzinssatzsenkungen sinken müssen, sind aber um 22 Prozent gestiegen. Im gleichen Zeitraum ist die Teuerung gerade einmal um knappe 4 Prozent angestiegen. Würde man bei der Teuerung die Mietzinse nicht berücksichtigen, dann hätten wir in diesem Zeitraum schlicht keine Preissteigerungen gehabt.

 

 

 

Wie hätten sich die Mietzinse entwickeln müssen? Jede Senkung des Referenzzinssatzes soll die Mietzinse um knapp 3 Prozent senken. Zwar können die Vermieter*innen gewisse Kosten gegenrechnen, diese sind aber in einem Umfeld von Tiefstzinsen und ohne Teuerung minim bis gar nicht vorhanden. Der Sprung zwischen den mietrechtlichen Vorgaben und der Realität ist unglaublich.

Wer profitiert und wer zahlt drauf? Das ist simpel zu beantworten: Es handelt sich um eine riesige Umverteilung von Seiten der Mietenden zu den Vermietenden. Mittlerweilen zahlen die Mietenden pro Monat im Schnitt 370 Franken zuviel Miete oder 26 Prozent mehr als mietrechtlich korrekt berechnet! Die Summe hat sich auf Grund des sinkenden Referenzinssatzes Jahr für Jahr vergrössert. Die Tabelle oben zeigt es brutal offen: Steigt der Referenzzinssatz, entwickeln sich die Mieten wie erwartet und wie es die mietrechtliche Berechnung erwarten lässt. Singt dagegen der Referenzzinssatz, entkoppelt sich die effektive Entwicklung vollkommen von den mietrechtlichen Vorgaben. Insgesamt macht die Umverteilung 2006 bis 2021 die enorme Summe von 78 Milliarden Franken aus! Wir diskutieren in der Schweiz viel über hohe Preise und Importe, die bei uns teurer sind als im Ausland. Keine falsche Diskussion – aber in Anbetracht dieser gigantischen Summe sind das Nebenschauplätze.  Die Zahlen belegen eindrücklich, woher die satten Gewinne der Immobilienlobby stammen. Jahr für Jahr steigen diese. Dieser Mechanismus hat massivste Auswirkungen auf das verfügbare Einkommen der Mieter- und Eigentümerhaushalte. Während jene, die sich Wohneigentum (noch) leisten konnten, durch die Tiefstzinsphase viel günstiger wohnen als noch vor 10 oder 15 Jahren, haben die Mieterinnen und Mieter gleiche oder noch höhere Belastungen durch das Wohnen. Dieser Zweiklassengesellschaft wird viel zu wenig Bea

chtung geschenkt. Schulter zucken und: Pech gehabt, wer in Miete wohnt. Die Zahlen für die Tabelle erscheinen leider nur alle drei Jahre, aber nichts deutet darauf hin, dass sich bei der nächsten Aktualisierung irgendetwas ändern wird.

Der eine Grund für diese Entwicklung wurde schon genannt. Nur rund jede sechste Mietpartei bekommt eine Mietzinssenkung, wenn der Referenzzinssatz sinkt. Ein lächerlicher Anteil! Unser Mietrecht ist falsch konstruiert, weil es für die Vermieterseite keine Sanktion gibt, wenn sie die Senkung nicht weitergibt. Wer sich als Mieter oder Mieterin nicht wehrt, hat verloren. Gleichzeitig werden die Mieten bei Wiedervermietungen der Wohnungen zum Teil massiv erhöht. Krasse Fälle mit mehreren Hundert Franken ohne irgendeine Investition sind an der Tagesordnung. Unser Kampf für transparente Mieten, für die Anfechtung der Anfangsmiete und deren Begrenzung ist unglaublich wichtig.

Gleichzeitig müssen wir eine bessere Kontrolle der Mietzinse haben. Carlo Sommaruga und Jacqueline Badran haben dazu Vorstösse eingereicht. Ich habe verlangt, dass bei Sanierungen keine übermässigen Aufschläge verrechnet werden. Aber in der Pflicht ist auf Grund dieser horrenden Zahlen der Bundesrat: Er hat jahrelang weggeschaut, ein paar Mini-Mini-Pflästerli verteilt, aber die ganze Umverteilungsproblematik war ihm egal. Zeit, dass er handelt und diesem krassen Missstand ein Ende setzt.

Eine Antwort auf „Umverteilung konkret: Wie Mietende Jahr für Jahr zuviel bezahlen“

  1. Der Sozialdirektor der Gde Emmen mag es nicht, wenn er bei dieser Gelegenheit an die Mietzinsrichtlinen der Sozialhilfe erinnert wird. Und die letztjährige Gemeinderatspräsidentin (SP) hat dafür auch noch „Verständnis“.

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