Schon etwas desaströs: Doppelt so hohe Kosten beim Ausbauschritt 2035

Bereits im Sommer 2022 bei der Vernehmlassung zur Botschaft Zwischenstand der Ausbauschritte wurde es sichtbar: Die Kosten und Termine für den Ausbauschritt 2035 laufen uns davon. Bei mehrerer Projekten zeichneten sich bedeutend höhere Kosten ab und mit dem Verzicht auf die Wankkompensation – einseitig durch die SBB – mussten auf einen Schlag neue Ausbaupläne her. Ich habe damals gefragt, ob die Ausbaupläne entgleist seien.  Das zuständige Bundesamt beruhigte. Es sei normal, dass es gewisse Verzögerungen gebe und machte möglichst auf Normalität.

In der Botschaft zum Zwischenstand von 2023 war es dann klar: Der Vollausbau Lötschberg, aber auch die nötigen Anpassungen Zimmerbergtunnel, Brüttener und Stadelhofen sowie die Neubaupläne Morges-Perroy führen zu einer Aufstockung des ursprünglichen Kredits von 13 Milliarden auf fast 16 Milliarden. Kann passieren, finde ich, aber alle wussten: Da kommt noch mehr, vor allem für den Ersatz der Wankkompensation.

Und jetzt: Um das Angebotskonzept 2035 – Grundlage des gleichnamigen Ausbauschritts – zu erreichen, braucht es zusätzliche 14 Milliarden Franken. Eine Verdoppelung der Summe fast ohne zusätzliches Angebot. Eine gigantische Kostensteigerung. Es werden nicht nur Projekte teurer, sondern viele kleinere Anpassungen wurden schlicht nicht berücksichtigt. So müssen offensichtlich viele kleinere Bahnhöfe angepasst werden, weil sie die prognostizierten Kundenströme nicht aufnehmen können.

Man muss sich einige Fragen stellen.

  • Wie konnte es sein, dass bei der Planung für 2019 offenbar nur die grossen Projekte berücksichtigt wurden, aber viele kleinere Projekte nicht auf dem Radar waren?
  • Oder anders gefragt: Überfordert die an sich richtige Reihenfolge mit Angebotskonzept und nachfolgender Infrastrukturplanung die Fachkräfte und das Bundesamt? Und ist das komplexe Gerüst mit einer politischen Planung beim BAV und der Ausführung der Projekte durch die SBB richtig?
  • Und wie spielen BAV und SBB zusammen? Wenn zum Beispiel die Verwaltungsratspräsidentin Monika Ribar die Ausbaupläne des Parlaments in Frage stellt, ist die SBB der richtige Partner für die Projekte? Oder sollte sie sich auf den Betrieb konzentrieren?
  • Was bedeutet ein zusätzlicher Aufwand von 14 Milliarden Franken für einen bereits beschlossenen Ausbauschritt konkret? Wenn pro Jahr 1 bis 1.5 Mia. Franken für den Ausbau zur Verfügung stehen, so werden wir erst 2040 irgendein neues Projekt in Angriff nehmen können?
  • Wie robust sind nach der totalen Ungenauigkeit von 2019 die vorliegenden Zahlen? Kann es sein, dass sie jetzt umgekehrt mit hohen Reserven ausgestattet sind?
  • Werden jetzt kleinere Projekte in diesen Ausbauschritt gepostet und dieser aufgeblasen um möglichst lange keine weiteren grösseren Projekte mehr in Angriff nehmen zu müssen?
  • Und sind die Reisezeitverlängerungen, die jetzt zu Gunsten der Fahrplanstabilität überall eingerechnet werden, nötig? Wie hoch sind die Zusatzkosten alleine um auf Grund dieser Reserven die Vorgaben wieder einhalten zu können?

Klar ist: Für die Verkehrswende, erst recht nach dem letzten Abstimmungswochenende, brauchen wir einen ausgebauten öffentlichen Verkehr. Gemäss Bahnperspektiven 2050 muss der Zugsverkehr in den Agglomerationen massiv ausgebaut werden. Das können wir uns abschminken, wenn lange Jahre kein neues Projekt mehr in Angriff genommen und hauptsächlich repariert wird.

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