Regierungsrat ruft zum Bruch des Kommissionsgeheimnis auf

Im November wurde uns in der Finanzkommission eine zweite Hochrechnung zur Rechnung des Kantons gezeigt. Die Zahlen waren nicht dieselben wie in der ersten Hochrechnung, die im Budget 2018 abgedruckt waren. Ich habe daraufhin mit David Roth und Michael Ledergerber die Veröffentlichung dieser Hochrechnung verlangt – denn der Regierungsrat wollte die Zahlen nicht öffentlich machen.

Leider lehnte der Kantonsrat die Dringlichkeit dieses Vorstosses ab. Alle im Saal kannten zwar die neuen Zahlen, durften aber nicht darüber sprechen, da wir ja dem Kommissionsgeheimnis unterstehen.

Am Dienstag diskutiert der Kantonsrat nun im ordentlichen Verfahren über den Vorstoss. Er ist obsolet geworden, da in wenigen Tagen die Rechnung 2017 publiziert wird. Jetzt braucht es keine Hochrechnungen mehr.

Die Antwort des Regierungsrates auf den Vorstoss ist ein einziger Witz. Oder eine Frechheit. Er lehnt das Postulat „wegen Erfüllung“ ab. Alle KantonsrätInnen hätten auf dem Kantonsratsportal die Zahlen anschauen können und deshalb hätten sie im Wissen um die Hochrechnung über das Budget 2018 entscheiden können. Was nützen Zahlen, wenn man in einer Budgetdebatte nicht darüber sprechen darf? Wie soll man sie dann in einem Entscheid berücksichtigen? Das Parlament ist kein Geheimclub, sondern ein öffentlicher Ort.

Mit seiner Antwort fordert der Regierungsrat die Kantonsrätinnen und Kantonsräte geradezu auf, sich nicht an das Kommissionsgeheimnis zu halten und solche Zahlen herauszuplaudern. Über den nächsten Bruch des Kommissionsgeheimnisses soll sich der Luzerner Regierungsrat bitte nicht beklagen.

Nichts ist klar – aber das wollen wir klarstellen.

Heute orientierte der Regierungsrat über das weitere Vorgehen bei den Prämienverbilligungen. Oder hat es versucht. Übrig bleibt ein noch grösseres Durcheinander. Steht doch in der Mitteilung des Regierungsrates: „Es ist möglich, dass betroffene Haushalte oder Personen keine weiteren Beiträge mehr erhalten oder gutgeschriebene Beiträge ganz oder teilweise zusätzlich in Rechnung bekommen. Aber auch das Gegenteil ist möglich, dass einzelne Haushalte weitere IPV-Beiträge zugesprochen bekommen.“ Die Kommunikation kommt daher wie: Nichts ist klar, aber das wollen wir einmal klarstellen.

Gleichzeitig – wäre es nicht so tragisch, es wäre beste Situationskomik – bittet der Regierungsrat alle inständig, ihre Prämien zu bezahlen, weil sie sonst auf die (regierungsrätliche) schwarze Liste kommen können. Als väterlicher Ratschlag wird den Personen empfohlen, sich mit ihrer Gemeinde in Verbindung zu setzen oder mit der Krankenasse um Ratenzahlungen zu vereinbaren (was bringt das bei monatlichen Zahlungen?). Dass vielleicht eine schwarze Liste in dieser Situation noch unsinniger als sonst schon ist, das stellt der Regierungsrat nicht zur Diskussion.

Natürlich – es gibt eine Budgethoheit beim Parlament. Diese umfasst auch die Höhe der kantonalen Beiträge an die Prämienverbilligung. Aber das ganze Durcheinander ist Folge des regierungsrätlichen Vorschlags, ein neues Budget mit weiteren Kürzungen im Bereich der Prämienverbilligung zu erstellen.

Das präsentierte Durcheinander ist das eine. Das andere sind die Auswirkungen auf die Menschen in unserem Kanton. Tausende von Personen werden betroffen sein. Sie müssen auslöffeln, was die Politik nicht zu Stande bringt.

Fragwürdige Vergleiche – die LZ wüsste es besser

Die Luzerner Zeitung versuchte mit einem willkürlichen Vergleich zwischen einzelnen Kantone die Steuererhöhung in Frage zu stellen. Natürlich ist es Aufgabe einer Zeitung, Abstimmungsdebatten kontrovers zu führen und gute Themen aufzunehmen. Unverständlich aber ist es, wenn SVP und einzelne Gewerbler auf einer ganzen Seite ihre eigenen Zahlenvergleiche darstellen können. Da wird Luzern mit acht anderen Kantonen verglichen, unter denen zufälligerweise die Tiefststeuerkantone Zug, Nidwalden und Schwyz sind, dafür fehlt ein Vergleich mit allen Schweizerkantonen. Gleichzeitig wird im Titel behauptet, dass andere Verwaltungen günstiger arbeiten, aber die Tabelle dazu sagt das Gegenteil: Ausser Nidwalden geben alle Nachbarkantone mehr Geld aus, wenn man die Ausgaben von der Kantone mit den Gemeinden zusammenzählt.  

Lassen wir uns nicht verwirren: Der Kanton Luzern arbeitet längst sehr kostengünstig – da ist keine Luft mehr drin. Obwohl die Bevölkerung jedes Jahr zunimmt, ist die Zahl der Angestellten in vielen Abteilungen seit zehn Jahren nicht mehr angestiegen.  Der Kanton hat neue Aufgaben übernommen, wie in der Spitalfinanzierung. Dazu kommen Investitionen in die Bildung, die stets von allen Seiten gefordert werden.  Dies muss finanziert werden und dazu braucht es die Steuererhöhung.

Klar ist: Wird die Steuererhöhung abgelehnt, droht unserem Kanton weitere Kürzungen und Abbaupakete. Die Kosten werden weiter verlagert – statt den Steuern steigen Gebühren und Schulgelder. Das mag im Interesse der rechtsbürgerlichen Gegner der Steuererhöhung sein, aber die grosse Mehrheit der Bevölkerung kommt dies letztlich teuer zu stehen.

 

Staatsbürger von Fall zu Fall

Der erste Teil des Geschäftsbericht zur Rechnung des Kantons gibt immer wieder Stoff für Kolumnen. Man muss nicht lange in der leicht propagandistisch zusammengestellten Zusammenfassung des Kantons blättern, um ein Thema zu finden. Gleich im Vorwort beschwert sich der Regierungsrat wieder einmal, dass die Versuchung gross sei, die öffentliche Hand als offene Hand zu interpretieren. Interessant wird es einige Zeilen weiter unten. Da schreibt unsere Regierung: „Die Aufgabe der Politik ist es, Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons zu Staatsbürgern statt zu Staatskunden zu machen.“

Natürlich, mir ist das Wort Bürger auch viel lieber als die Vorstellung der Kundschaft. Nur glaube ich, dass unser Regierungsrat hier nicht eine kritische, selbstbewusste Öffentlichkeit und mitdenkende Bewohnerinnen und Bewohner wünscht, sondern solche, die einfach ihre Ansprüche an den Staat zurückschrauben. Das schreibt er auch später: Man gewöhne sich zu leicht an Annehmlichkeiten und werde veränderungsresistent.

In Zeiten, in denen für ein Musikschulreferendum fast 30’000 Unterschriften gesammelt werden, in denen Hunderte von Personen gegen weitere Abbauprojekte demonstrieren, Lehrerinnen und Lehrer nicht resignieren, sondern als Arbeitnehmende mitbestimmen wollen, wie ihre Arbeitszeiterhöhung aufgefangen werden kann oder wenn Gemeindevertreter auf die Barrikaden gehen, weil man ihnen weitere Aufgaben abschieben will, dann tönt es reichlich komisch, die Bewohnerinnen und Bewohner dazu aufzurufen, sich als Staatsbürger zu benehmen. Denn gerade dies tun sie doch. Vielleicht nicht ganz im Sinne der Regierung, aber das hat das Bürgersein halt so an sich.

EoO: Entwicklung ohne Organisationen

Am Freitag konnten wir in einer Medienmitteilung lesen, dass die Organisationsentwicklung des Kantons auf Kurs sei. Total könne er 40.9 Millionen Franken jährlich einsparen. Das klingt nach einem regierungsrätlichen Erfolg – wenn man mal alle Fragen weglässt, welche Leistungen nicht angeboten werden können und wie viel Personal dafür wegrationalisiert wird.

Nur – am Samstag liest man dann in der Luzerner Zeitung, dass im konkreten Fall der Neuorganisation der Luzerner Museumslandschaft eine Kooperation von Gletschergarten und Naturmuseum geplant ist und dass der Direktor des Gletschergartens bis am Vorabend der Medienmitteilung nichts von diesem Projekt gewusst hat. Und dass er überrascht sei. Da kommen dann doch Fragen auf, einerseits was das Auf-Kurs-Sein heisst, wenn man in einem derartigen Anfangsstadium der Planung ist und andererseits wie der Einbezug der Betroffenen funktioniert, wenn selbst Direktoren nichts von diesen Projekten wissen. Auf Kantonsseite kann die Leiterin der zuständigen Dienststelle nicht einmal sagen, ob das Naturmuseum nun endlich saniert wird oder ob sie obsolet ist – ein Projekt, das seit 16 Jahren (!) vom Kanton vor sich hergeschoben wird. Wenn man nicht weiss, ob man ein Haus saniert, Museen zusammenlegt oder doch nicht oder vielleicht doch irgendwie anders, dann ist es wohl höchste Zeit, mit den Betroffenen zusammen zu planen und statt exakten Zahlen die Ungenauigkeit des Planungsstandes offenzulegen.

Falsches Argument für halbrichtige Debatte

FDP-Kantonsrätin Rosy Schmid will nur noch alle fünf bis sechs Jahre wählen lassen. Es ist nicht falsch, darüber nachzudenken, ob eine Verlängerung der Legislaturperioden Vorteile bringt. Einige Kantone kennen bereits einen Fünfjahresrhythmus, auch einige deutsche Bundesländer sind dazu übergegangen. Mehr Zeit um Projekte in Ruhe zu diskutieren und auch umzusetzen, kann ein Argument sein, kein ständiger Wahlkampf, wobei ich davon in Luzern nichts spüre.

Kein Argument ist die Begründung von Rosy Schmid: Man brauche als Kantonsrat oder Regierungsrat mehrere Jahre um sich einzuarbeiten, deshalb müsse die Amtszeit länger sein. Die Luzerner Regierungsräte bleiben im Schnitt 12 bis 16 Jahre im Amt, daran ändert eine verlängerte Legislatur ganz sicher nichts – dann machen sie halt drei ( 15 Jahre) statt vier (16 Jahre) Legislaturen. Und bei den KantonsrätInnen gibt es unter der Zeit mehr Wechsel als auf die Wahlen hin. Man rutscht nach, wie es auch Rosy Schmid 2008 machte. Sie folgte nach dem Rücktritt von Damian Meier. Einarbeiten muss sich jeder und jede, egal ob die Legislatur dann vier oder fünf Jahre dauert.

Ich bin skeptisch, ob eine Ausdünnung der Wahljahre wirklich was bringt. Dieses Argument, ungestört von Wahlen politisieren zu wollen, hat in einer Demokratie auch etwas Widersprüchliches…

Sprechen wir einmal von Inhalten

Die Finanzdebatte hat wohl niemanden befriedigt. Das haben verschiedene Fraktionen in ihren Voten zum Schluss der Luzerner Budgetdebatte festgehalten. Kein Wunder: Es ging um Prozente, um Hunderttausender Beträge, Millionen, um gebundene oder ungebundene Mittel und dank der SVP auch oft um buchhalterische Verschiebungen. Einmal mehr sind wir gehetzt – wie wir das von Budget zu Budget machen.

Natürlich muss der Kanton seine Finanzen in den Lot bringen und es ist Aufgabe des Kantonsrates ein Budget zu beschliessen. Nur: Dieses sollte eigentlich die Leistungen und die Aufgaben des Kantons abbilden und in diesem Sinne keine ausufernde Diskussionen auslösen. Bei uns ist es aber gerade umgekehrt – wir reden kaum über Leistungen, dafür umso länger über Frankenbeträge. Da läuft was falsch.

Ich habe im Namen der Grünen Fraktion drei Vorstösse dazu eingereicht. Im ersten wollen wir einen Bericht über die strategische Ausrichtung des Kantons. Regierung, Kantonsrat und die Öffentlichkeit müssen sich nach dieser kräftezehrenden Finanzdebatte den Inhalten hinwenden und aushandeln, in welche Richtung sich unser Kanton entwickeln soll. In einem zweiten Vorstoss verlangt unsere Fraktion, dass zu Planungsberichten regelmässig kontrolliert wird, was umgesetzt ist. So bekommen die inhaltlichen Diskussionen auch mehr Gewicht. Und mit einem dritten Vorstoss wollen wir erreichen, dass sich im Kantonsrat bei der Finanzdiskussion nicht nur die Planungs- und Finanzkommission äussert, sondern alle Fachkommissionen zu ihren Fachgebieten Stellung nehmen können. Das stärkt sie und lenkt die Diskussion auch vermehrt hin zu den Inhalten.

Wir freuen uns, wenn wir wieder mal über Inhalte sprechen können.

Medienmitteilung der Grünen

Was von der Debatte bleibt

Finanzplan und Voranschlag sind behandelt. Immerhin: Die Steuererhöhung wurde klar angenommen. Das aber lässt noch nicht auf eine andere Finanzpolitik hoffen. Was bleibt aus der Debatte in Erinnerung? Die Signale des Kantonsrats waren leider klar: Die Personalmassnahmen werden nicht befristet. Lediglich eine schwammige Formulierung, man solle in drei Jahren die Arbeitgeberattraktivität des Kantons überprüfen, bekam eine Mehrheit. Dagegen bekräftigte der Rat mit einer Bemerkung die Absicht, in drei Jahren die Steuern wieder zu senken. Damit will man die Verschlechterungen für das Personal verewigen und setzt die Zielsetzung einer Steuersenkung darüber.

Wir werden sehen. Je nach Entwicklung der Konjunktur sieht die Situation ganz unterschiedlich aus. Höhere Arbeitszeiten, Stellenstopp in der Verwaltung und dazu praktisch keinen Spielraum bei Lohnerhöhungen – der Kanton steht im Arbeitsmarkt in Konkurrenz. Manchmal bringt eine Abstimmung mit den Füssen mehr als jede Ratsdebatte. Schade allerdings, dass es ein Kanton darauf ankommen lässt.

 

 

Vergleiche – aber nur wahlweise

Keine Überraschungen bei der Debatte im Kantonsrat zum Voranschlag 2017. Der Abbau schreitet voran. Aber sichtbar wurde auch eine bedenkliche Entwicklung, welche die SVP vorgibt. Immer häufiger hört man in der Debatte: Aargau macht das auch nicht, Baselland hat das abgeschafft oder ein anderer Kanton kann es günstiger. Die Beispiele sind stets so gewählt, dass die Nivellierung nach unten führt.

Nichts gegen Vergleiche, sie täten uns gut. Und sie existieren in manchen Bereichen bereits. So hat 2014 der viel diskutierte Evaluationsbericht von BAK Basel gezeigt, dass der Kanton Luzern seine Dienstleistungen günstig erbringt und die Pro-Kopf-Ausgaben im schweizerischen Vergleich unterdurchschnittlich sind – sie liegen bei 88 Prozent. Selbst im Vergleich mit jenen Kantonen, die Luzern am ähnlichsten sind, liegen wir mit 95 Prozent unterm Durchschnitt. Von bürgerlicher Seite wird die Frage, ob wir denn auch Nachholbedarf hätten, nie gestellt, sondern es werden einzelne Bereiche herausgepickt, in denen der Kanton richtigerweise oder fälschlicherweise überm Durchschnitt liegt. Aber eine umfassende Diskussion wird vermieden, und das habe ich in meinem Eintreten kritisiert. Was Wunder – man müsste ja vielleicht die Marschrichtung ändern.

Wer verdient am Abfall? Bald auch der Kanton…

Abfall vermeiden, weniger auf Deponien ablagern, das sind Ziele des Kantons, und gleichzeitig will der Kanton eine Deponiegebühr einführen und damit am Geschäft mitverdienen. Kann das aufgehen? Ich habe zur Luzerner Deponienpolitik eine Anfrage eingereicht.

Seit diesem Jahr ist eine neue eidgenössiche Abfallverordnung in Kraft. Die Kantone sind verpflichtet, eine Abfallplanung zu erstellen und deren erstes Ziel ist die Vermeidung von Abfall. Also Ressourcenwirtschaft statt Abfallwirtschaft. So ist auch unser Kanton aufgefordert, das Seine für die Vermeidung von Abfällen zu tun. Und dazu gehört auch, dass möglichst wenig Material auf Deponien landet, sondern wiederverwertet werden kann.

Die bisherigen Zahlen, die im Bericht zur Abfallplanung einsehbar sind, zeigen auf, dass auf den Luzerner Inerstoffdeponien heute 30 Prozent des Materials aus anderen Kantonen stammt. Dieser hohe Anteil soll verringert werden.

Ich bin froh, wenn der Kanton aufzeigen kann, dass er Deponien streng kontrolliert und bewilligt und einem Abfalltourismus den Riegel schiebt. Es macht es uns KantonsrätInnen einfacher, einer an sich sinnvollen Deponiegebühr zuzustimmen.

PS: Und wenn die Gebühr noch zweckgebunden wäre, um Altlasten zu sanieren, dann wäre ein weiteres Ziel erreicht. Denn auch hier sind wir zeitlich im Verzug. Leider will der Kanton aber die Restkosten bei der Sanierung von Altlasten auf die Gemeinden abschieben. Ohne Kompensation.