Niemand wollte über Inhalte sprechen – dann halt noch einige Zahlen

Letzte Woche forderten wir, wieder Inhalte statt Zahlen ins Zentrum zu rücken. Das hat bisher nicht funktioniert, nach unserem Communiqué um eine Diskussion anzustossen, wohin dieser Kanton soll, war mindestens medial totale Funkstille.
So versuche ich es nochmals mit Zahlen. Für uns Grünen ist klar: Um die Finanzen ins Lot zu bringen, müssen in unserem Kanton Gutverdienende einen höheren Beitrag leisten. Ich habe das auch in der Budgetdebatte betont und aufgezeigt, dass in unsem Kanton Personen mit tiefen Einkommen im schweizweiten Vergleich viel Steuern zahlen, Haushalte mit Höchsteinkommen dagegen sehr wenig. Marcel Schwerzmann konterte, dass bei Tiefsteinkommen die Kopfsteuer halt die Statistik beeinflusse. Schauen wir die Zahlen einmal genauer an.

rangliste_steuern_rentnerehepaar   Vergleichen wir einmal ein Ehepaar mit zwei Kindern in verschiedenen Kantonshauptorten in vergleichbaren Schweizer Kantonen. Die Tabelle zeigt die Rangliste innerhalb der 2408 Schweizer Gemeinden. Es ist unschwer zu erkennen, dass für dieses Ehepaar die Stadt Luzern bei tiefen Einkommen unattraktiv ist, bei einem mittleren Einkommen von 100’000 Franken mittelmässig  und ab 200’000 Franken einen Spitzenplatz einimmt. Es handelt sich hier um Bruttoeinkommen, nicht um das steuerbare Einkommen.

 

 

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Diese zweite Tabelle zeigt die prozentuale Belastung durch die Kantons- und Gemeindesteuern. Man sieht: Tatsächlich ist die Steuerbelastung bei 50’000 Franken Bruttolohn fast null und der obige Vergleich nicht sehr aussagekräftig. In Luzern muss dieses Ehepaar rund 250 Franken Steuern bezahlen. Doch die Tabelle macht ebenfalls klar: Bei einem Bruttoeinkommen von 100’000 Franken – das entspricht einem Monatslohn von 7’700 Franken – liegt Luzern im Mittelfeld gleichauf mit Aarau oder St. Gallen, in der Stadt Zürich wird einiges weniger bezahlt. Bei Höchsteinkommen ist Luzern dagegen der günstigste Standort. In Zürich sind die Kantons- und Gemeindesteuern einen Viertel höher, in Lausanne gar die Hälfte höher.

 

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Das gleiche Bild gilt für ein Rentnerehepaar. Auch hier startet Luzern auf den hinteren Rängen im Gemeindevergleich und ist bei 50’000 Franken Einkommen fast gleichauf mit Lausanne und nur in Bern muss dieses Ehepaar mehr Steuern bezahlen als in Luzern. Beim Rentnerehepaar ist man schon bei 30’000 Franken Einkommen übrigens weit über dem Bereich der Kopfsteuer, die Steuerbelastung macht 2.97 Prozent aus. Das sind immerhin fast 1’000 Franken. Erstaunlich, dass bei einem monatlichen Einkommen von 2’500 Franken noch Steuern bezahlt werden müssen!

 

 

prozentuale_belastung_steuern_rentnerehepaarWenn wir jetzt noch die prozentuale Steuerbelastung dieses Rentnerehepaars anschauen, so wird deutlich: Auch hier startet es mit einem tiefen Einkommen in Luzern auf einer schlechten Position und profitiert dann, je höher das Einkommen ist. Auch hier liegt Luzern bei den höchsten Einkommen auf dem Spitzenplatz.

 

Natürlich – diese Steuerkurve ist politisch gewollt und kein Zufallsprodukt. Luzern will bei den Reichsten punkten.

Aber wenn wir das ganze Finanzschlamassel anschauen – vielleicht wäre jetzt der Zeitpunkt gekommen, diese ungleiche Verteilung einmal zu hinterfragen.

 

Wer selber rechnen will: Hier ausprobieren

Wie versprochen: Wir jonglieren mit den Zahlen

Gestern unterstrich der Gewerbeverband den Erfolg der Luzerner Tiefsteuerstrategie. Eine unterdurchschnittliche Arbeitslosenquote, ein wachsendes Bruttosozialprodukt und mehr Arbeitsplätze im Kanton: Diese Indikatoren sollen beweisen, dass die Luzerner Wirtschaft dank den tiefen Steuern überdurchschnittlich viel investiert.

Zuerst: Offen gestanden, die Zahlenbasis ist etwas mager, in vielen Bereichen hören die Zahlenreihen 2013 auf, neuere Zahlen sind noch nicht publiziert. Statistische Aussagen zur Wirkung einer Steuerrevision, die im Jahr zuvor in Kraft trat, sind deshalb schwierig.

Arbeitslosenquote. Ja, der Kanton Luzern hatte im Juli 2016 eine Arbeitslosenrate von 1.9 Prozent – schweizweit lag sei bei 3.1 Prozent. Doch auch im Juli 2011, also vor der Senkung der Unternehmenssteuern lag die Arbeitslosigkeit in Luzern bei 1.6 Prozent und gesamtschweizerisch bei 2.5 Prozent. Und Anfang des Jahres 2011 war der Unterschied noch grösser, 2.1 Prozent in Luzern, 3.4 Prozent landesweit. Die Arbeitslosigkeit war in all diesen Jahren in Luzern zwischen 36 und 40 Prozent tiefer als gesamtschweizerisch. Ein Trend ist nicht sichtbar.

Arbeitslosenzahlen

 

 

 

 

 

Kommen wir zum Bruttoinlandprodukt. Das Bruttoinlandprodukt hängt natürlich von der Bevölkerungszahl ab. Etwas vereinfacht gesagt: Je mehr Einwohner in einem Kanton wohnen, desto höher des Bruttoinlandprodukt. Hier ein Punkt für den Gewerbeverband – die Bevölkerung im Kanton Luzern wächst praktisch im Gleichschritt mit der schweizerischen Bevölkerung. Daran kann also das behauptete Wachstum des Luzerner Bruttoinlandprodukts nicht liegen. Nur: Stimmt die Behauptung, dass wir ein stärker wachsendes Bruttoinlandprodukt haben? Die Statistik für Luzern gibts erst bis 2013. Das Inlandprodukt pro Kopf ist 2013 in Luzern um 0.7 Prozent und gesamtschweizerisch um 0.6 Prozent gestiegen.  In den Jahren zuvor ist das Bruttoinlandprodukt in unserem Kanton im Gegensatz zur schweizerischen Entwicklung gesunken. Daraus eine Aussage ableiten? Etwas schwierig.

Und nun die Arbeitsplätze: Auch hier gibt es von Statistik Luzern nur Zahlen bis 2013. Es stimmt: In Luzern wuchs die Zahl der Arbeitsplätze um 1.8 Prozent von 2012 auf 2013. Gesamtschweizerisch dagegen um 1.2 Prozent. Nur: Verschiebt man die Vergleichseinheit um einige Monate – die Zahlen werden quartalsmässig erhoben – so sind Luzern und die Eidgenossenschaft plötzlich wieder auf dem gleichen Niveau. Erhärtete Zahlen sehen anders aus. Vergleicht man zudem die Erwerbspersonen – so sieht die Sache nochmals anders aus. Erwerbspersonen sind eine Unterkategorie der Wohnbevölkerung. Gemessen werden nicht die Arbeitsplätze, sondern wer arbeitstätig ist. Hier hat Luzern gegenüber der Schweiz zwischen 2010 und 2014 eine leicht unterdurchschnittliche Steigerung erlebt.

Das ist alles etwas vage. Ich weiss, für beide Seiten. Was nicht vage ist, sind die finanziellen Auswirkungen der Steuersenkung für Unternehmen. Das finanzielle Schlamassel unseres Kantons spricht jetzt mehrjährige Bände.

Wer spricht hier von Bestrafung?

Mit grossen Inseraten will der Gewerbeverband verhindern, dass auch Unternehmen wieder einen angemessen Beitrag an den öffentlichen Aufgaben leisten. Der Slogan lautet: „Bestrafen wer Arbeitsplätze schafft?“ Der Satz klingt gut, denn wer will schon Arbeitsplätze gefährden? Aber er ist falsch.

Mit der massvollen Erhöhung der Unternehmenssteuern wird niemand „bestraft“, genau so wie eine Steuersenkung keine Belohnung für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe oder eben für die Arbeitgeber sein soll. Es geht um ein Abwägen und Aushandeln, wer die Aufgaben der öffentlichen Hand finanzieren soll. Unternehmen profitieren auch von guten Strassen, Schulen oder vom öffentlichen Verkehr, mit dem ihre Beschäftigten zur Arbeit fahren. Doch der Anteil der Steuern von Unternehmen am gesamten Steuerertrag hat in den letzten Jahren ständig abgenommen. Heute beträgt er weniger als 10 Prozent. Das heisst: Über 90 Prozent der Steuern bezahlen natürliche Personen. Hier ist für mich etwas aus dem Gleichgewicht gekommen – es ist Zeit mit einem Ja zur Initiative „Für faire Unternehmenssteuern“ einen Ausgleich zu schaffen.

PS: Und was die Schaffung von Arbeitsplätzen angeht – da bin ich noch am Zahlen zusammensuchen. Bisher deutet nichts darauf hin, dass die Halbierung der Unternehmenssteuern einen Boom an neuen Jobs in unserem Kanton ausgelöst hat. Im Gegenteil, doch dazu in einigen Tagen.

CVP-Eheinitiative: Das Einzelbeispiel führt eben oft auf Abwege

Natürlich  – als Schwuler ärgere ich mich über die CVP-Heiratsinitiative. Sie definiert in der Verfassung die Ehe als Gemeinschaft von Mann und Frau und sorgt damit, dass ein konservatives Gesellschaftsbild in der Verfassung verankert wird.  Sie torpediert damit die gesellschaftliche Öffnung, die glücklicherweise längst im Gang ist.

Mehr noch – ehrlich gesagt – ärgere ich mich aber über das Wehklagen der CVP über eine sogenannte Heiratsstrafe. Die Geschicht ist kurz erzählt. Heiraten zwei, so werden ihre Einkommen bei den Steuern zusammengezählt, sie rutschen in eine höhere Progression und zahlen deshalb mehr Steuern, als sie als Einzelpersonen zahlen würden.

Eine schöne Geschichte für einen politischen Vorstoss, aber sie hat einen kleinen Haken In den meisten Fällen ist sie schlicht falsch. Das heutige Steuermodell sieht ja nicht nur vor, dass die Einkommen von Verheirateten zusammengezählt werden, sondern dass für Ehepaare ein tieferer Steueransatz gilt als für Einzelpersonen. Will heissen: In den meisten Fällen zahlen am Schluss zwei Verheiratete weniger Steuern als wenn sie einzeln besteuert würden. Dies trifft immer zu, wenn nur einer der beiden Ehepartner ein Erwerbseinkommen hat und es trifft meistens zu, wenn ein Ehepartner ein bedeutend tieferes Einkommen hat als der andere. Nur wenn sie zusammen ein sehr hohes Einkommen haben, kann es sein, dass sie höhere Steuern bezahlen.

Von dieser sogenannten Ehestrafe sind heute noch 80’000 Paare betroffen. Die anderen 1.2 Millionen Ehepaare sind nicht benachteiligt, sondern profitieren von den heutigen Steuerregeln.

Mich erinnert das stark an die Diskussionen um die Besteuerung des Wohneigentums. Da werden auch immer Einzelfälle zitiert, die wohl stimmen und für die Betroffenen unschön bis tragisch sein können. Die Stimmbevölkerung hat aber bei neuen Steuererleichterungen bei der Wohneigentumsbesteuerung in den letzten Jahren Mass gehalten. Denn sie hat auch dort gesehen: In den allermeisten Fällen ist die steuerliche Belastung schon heute sehr moderat und es gibt keinen Grund für weitere Erleichterungen, die dann die Allgemeinheit berappern muss.

In diesem Sinne hoffe ich, dass auch bei der CVP-Initiative am Schluss der Blick fürs Ganze siegen wird.

Angstmache bei den Hüslibesitzern

Der Hauseigentümerverband wettert gegen die Erbschaftssteuer. Würde das Vermögen nach dem Verkehrswert bemessen, so sei die Freigrenze schnell einmal überschritten. Schreibt er auf seiner Homepage. Zur Erinnerung: Sie liegt bei Ehepaaren bei 4 Millionen Franken, bei Einzelpersonen bei 2 Millionen Franken. Zudem wird suggeriert, Wohneigentümer würden ebenfalls rasch einmal zur Kasse gebeten.

Die Zahlen aber, sie sagen etwas ganz anderes: Heute ist eine Wohnung oder ein Haus im Kanton Luzern etwas über 400’000 Franken wert. Zu den effektiven Preisen gibt es keine Statistik, aber sie sind  aus den Zahlen des Eigenmietwertes und aus der Gebäudeversicherung herleitbar. Längst nicht alle haben zudem ihr Wohneigentum auf null abbezahlt, sondern sind noch verschuldet. Gemäss letzter Haushaltserhebung (Auswertung 2009 bis 2011) hat ein Eigentümerhaushalt 9000 Franken pro Jahr für Hypozinsen bezahlt.  Mit dem damals geltenden Zinssatz ergibt sich eine Hypothekarschuld von rund 340’000 Franken. Bleibt also ein durchschnittliches Vermögen von gerade einmal 60’000, das im Erbfall Grundlage der Berechnung der Erbschaftssteuer wäre.

Das ist himmelweit vom Steuerfreibetrag von 2 oder 4 Millionen Franken entfernt.

Dehnbare Prognosen

Wirtschaftsförderer Walter Stalder durfte gestern in der Zeitung -ohne äusseren Anlass – in einem Interview die Luzerner Steuerstrategie loben. Dass die Steuereinnahmen bei den juristischen Personen nicht so sprudeln, begründete er damit, dass ihm wie Regierungsrat Marcel Schwerzmann klar gewesen sei, dass es Zeit brauche, bis sich die Tiefsteuerstrategie auszahle.

Das ist keine schlechte Strategie, die mageren Steureinnahmen zu rechtfertigen. Nur: Bei der Halbierung der Unternehmenssteuern wurden uns ganz andere Zahlen präsentiert. So wurde im Finanzplan, der 2011 präsentiert wurde, für 2014 über 130 Millionen Franken Steuereinnahmen von juristischen Personen prognostiziert. Effektiv waren es dann aber mit in der Rechnung nur 110 Millionen Franken. In jedem Finanzplan seit 2011 wurden die Prognosen zur Höhe der Steuereinnahmen zurückgeschraubt. Ob die Steuerstrategie funktioniert hat oder nicht, das wird je nach Blickwinkel unterschiedlich beantwortet und ist letztlich Interpretationssache. Nichts zu diskutieren gibt es aber zu den Prognosen zum Beitrag der Unternehmen zu den Steuereinnahmen: Dieser ist konstant  niedriger ausgefallen als uns in Aussicht gestellt wurde.  Entwicklung_juristische_Personen

Erbschaftssteuer: Eine abfällige Kampagne

Ganz gewaltig stört mich zur Zeit die gegnerische Kampagne der Erbschaftssteuer. Mit Inseraten macht sie den Eindruck, als ob man nach einem Leben mit ehrlichem Schaffen und Werken soviel Vermögen angehäuft hätte, dass die Nachkommen eine Erbschaftssteuer zahlen müssten. Erbschaftssteuer_nein

Gemäss Initiative muss bei Einzelpersonen ab einem Erbe von 2 Millionen Franken eine Steuer bezahlt werden, bei Ehepaaren ab 4 Millionen Franken.Das hiesse, eine Einzelperson muss in vierzig Arbeitsjahren jedes Jahr 50’000 Franken auf die Seite legen können. Wer kann das mit einem „normalen“ Job?

Meine Eltern konnten es jedenfalls nicht. Sie haben ein Leben lang gearbeitet, wie es auf dem Bild oben steht. Mein Vater als Hilfsarbeiter, manchmal 60 bis 70 Stunden in der Woche und vor und nach der Arbeit molk er noch die zwei Kühe im Stall. Meine Mutter schmiss den sechsköpfigen Haushalt und versorgte die Familie mit Gemüse, Früchten und half mit, dass die Kinder eine gute Ausbildung erhielten. Wenn meine Schulgspänli im Sommer nach Rimini fuhren, habe ich zu Hause geemdet oder Kirschen ausgesteint. Das war keine Tortur, immerhin hatte ich auch schon ein Abo für die Badi in Kriens, aber es war eben das, was wohl zu einem arbeitsreichen Lebensalltag gehört. Es wird niemanden überraschen: Am Ende des Lebens meiner Eltern hätten wir Kinder keine Erbschaftssteuer bezahlt. Nein, es blieben keine 4 Millionen Franken Vermögen übrig, auch nicht 2 Millionen Franken.

Meine Eltern und unsere Familie war und ist in dieser Situation nicht alleine. Gut die Hälfte der Bevölkerung verfügt über ein Vermögen von unter 50’000 Franken. Die Nein-Kampagne zur Erbschaftssteuer hinterlässt bei all diesen den Eindruck, sie hätten nicht ein Leben lang gearbeitet. Was für eine abfällige Kampagne!

Etwas zuviel des Selbstlobes

Die CVP gibt sich selbstbewusst. In einem Communiqué wird Fraktionschef Ludwig Peyer zitiert, welcher es als Chabis bezeichnet, wenn in Luzern von einer ruinösen Steuerpolitik gesprochen werde. Gleichzeitig weist er aber darauf hin, dass die CVP mit Vorstössen die Richtung für eine Aufgaben- und Finanzreform, die Steuergesetzrevision und Modernisierung des Steuergesetzes inklusive Schuldenbremse aufgezeigt habe.

Schön! Ludwig Peyer argumentiert zum Beispiel zu Gunsten einer Steuergesetzrevision so: „Im Rahmen dieser geforderten Revision des Steuergesetzes können dann nebst finanziellen Überlegungen und deren Auswirkungen auf den Haushalt des Kantons Luzern auch andere wichtige Punkte, wie die Steuergerechtigkeit, Sozialverträglichkeit, Auswirkungen auf die Familien und den Mittelstand, Auswirkungen auf die Luzerner Wirtschaft usw., vertieft diskutiert werden.“ Zwar wird in einer Klammer die Überprüfung von Steuerabzügen und Steuerbegünstigungstatsbeständen (konnten Sie das Wort im ersten Anlauf auch nicht lesen?) gesprochen, doch die Richtung der Steuergesetzrevision bleibt total offen.

Mit der simplen Forderung, eine Steuergesetzrevision einzuleiten, werden die Luzerner Finanzen nicht saniert, Chabis hin oder her. Von der grössten Luzerner Partei würde ich erwarten, dass sie vor den Wahlen sagen würde, in welchen Bereichen sie zu Korrekturen bereit ist.

Oder ist das zuviel verlangt?

 

Das mit den zwei Hüten

Heute berichtete die Luzerner Zeitung über die Unmöglichkeit, die angekündigten öV-Massnahmen umzusetzen. Ich hatte bereits versucht vorzurechnen, welche massiven Auswirkungen das Sparprogramm auf den öV hat.  In der LZ sind die Zahlen nun detailliert aufgeführt. Pikant an der Sache ist noch folgendes: In der Luzerner Zeitung gibt Thomas Buchmann als Departementssekretär des Bau- Umwelt- und Wirtschaftsdepartements Auskunft. In dieser Rolle beschwichtigt er auch und sieht die öV-Strategie nicht gefährdet, nur die Umsetzung sei etwas verzögert.

Thomas Buchmann ist gleichzeitig Präsident ad interim des Verbundrates öV. Also jener Organisation, die von dieser Sparmassnahme massivsten betroffen ist. Vor wenigen Jahren hat man den öV aus der kantonalen Verwaltung ausgegliedert und nach heute modernen Organisationsstrukturen neu geordnet. Das war nicht falsch, insbesondere ist die Zusammenarbeit mit den Gemeinden heute klarer geregelt. Nur – eine Auslagerung sollte auch zu einer höheren Unabhängigkeit führen. Das ist aber nur schwer möglich, wenn der Präsident gleichzeitig Departementssekretär ist (wie schon sein Vorgänger) und die Sparmassnahmen des Regierungsrates verteidigen muss.

So kommt es dann, dass diverse vom Abbauprogramm betroffenen Organisationen auf die Schwierigkeiten in ihrem jeweiligen Bereich hinweisen, dass aber im öV-Bereich zwar VCS, kantonsrätliche Kommission und andere Beteiligte Fragen stellen und protestieren, dass aber die eigentlich betroffene Institution sich kaum zu Wort meldet. Der Kantonsrat hat dieses Problem erkannt und ein Postulat überwiesen, das den Regierungsrat auffordert, als Präsidenten des Verbundrates eine unabhängige Person einzusetzen.

Es wäre jetzt definitiv Zeit, dieses Postulat umzusetzen.

Eine regierungsrätliche Entgleisung

In den vergangenen drei Tagen wurde ein Regierungsrat nach dem andern abgewatscht. Deren Umgang damit war sehr verschieden: Am Finanzdirektor perlte alles ab, der Bildungsdirektor war etwas uninteressiert und die Sicherheitsdirektorin sagte offen, dass sie sich alle neuen Polizeistellen wünschte, aber halt im Sinne eines politischen Kompromisses jetzt nicht beantragen könne. Ganz anders machte es dagegen Sozialdirektor Guido Graf: Er verteidigte die Kürzung bei den Behinderteninstitutionen mit einer Verve, die baff machte. Baff machte besonders seine Aussage, gewisse Institutionen würden ihre Institution und nicht die behinderten Menschen ins Zentrum stellen. Sicher – jede von der fünfprozentigen Kürzung betroffenen Institution wird anders reagieren. Sicher, eine vertiefte Diskussion, weshalb nach dem BAK-Bericht unsere Behindertenbetreuung teurer als in anderen Kanton sein könnte (die Vergleiche wurden im gleichen Bericht relativiert) ist nötig. Wenn aber ein Regierungsrat, der in schwierigen und harten Verhandlungen mit Organisationen wie der Stiftung Rotegg, dem Brändi oder dem SSBL sein muss, sich zu einer solchen Aussage hinreissen lässt. dann steht er nicht über der Sache. Guido Graf hat bei seiner Wiedernomination gesagt, er wolle nicht verwalten, er wolle regieren. Wenn er unter „Regieren“ möglichst markige Sprüche versteht, dann kann er’s. Wahrscheinlich würde aber noch etwas mehr dazu gehören.