Weshalb einfach wenn es auch kompliziert geht

Die Juso Luzern diskutieren zwei Initiativprojekte, mit denen sie an der Wohneigentumsbesteuerung schrauben wollen. WohneigentümerInnen sind heute durchschnittlich steuerlich besser gestellt als Mietende und dem ständigen Druck des Hauseigentümerverbands muss man entgegenhalten. Darum ist es sicher richtig, auch diesen Bereich in der Diskussion um die Luzerner Finanzen miteinzubeziehen. Ob die vorgeschlagene Bodenverbrauchssteuer allerdings das Gelbe vom Ei ist, bezweifle ich. Wenn schon wäre eine Lenkungsabgabe besser als eine Steuer und auch die SP zeigte sich in der Kantonsratsdebatte über einen GLP-Vorstoss skeptisch. Und die ebenfalls vorgeschlagene Erhöhung der Handänderungssteuer ist auch heikel: In anderen Kantonen wurde diese Steuer abgeschafft, in Luzern nun eine Debatte um eine Erhöhung loszutreten ist nicht geschickt.

Die Aktivitäten auf diesem Gebiet lösen aber vor allem die Frage aus: Wäre es nicht töller gewesen, wenn sich mehr Personen  – auch aus den JUSOS – gegen die Abschaffung der bestehenden Liegenschaftssteuer eingesetzt hätten, statt jetzt im Nachhinein mit neuen Initiativprojekten den Versuch zu unternehmen, das verlorene Geld wieder hereinzuholen?

Neu entdeckt: Das Herz der FDP und SVP für die Mieter

Nochmals zur Liegenschaftensteuer. Heute war eine Medienkonferenz der Befürworter Initianten für deren Abschaffung. Dort soll gemäss Luzerner Zeitung Peter Schilliger gesagt haben: «Wer zahlt zwei Mal die gleiche Rechnung?» Genau das sei heute bei den Wohnkosten im Kanton Luzern der Fall. Eigentümer und in der Folge Mieter werden zwei Mal zur Kasse gebeten. Zuerst verursachergerecht für Wasser, Elektrizität, Kehricht und Gebühren, dann nochmals jährlich pauschal mit der Liegenschaftssteuer.

Wetten, dass nach einer Abschaffung der Liegenschaftensteuer kein einziger Mieter im Kanton Luzern weniger Miete bezahlen müsste. Wegen einer Senkung einer Steuer von 100 bis 300 Franken im Jahr pro Wohnung, wird kein Vermieter den Mietzins senken. In der Realität bleibt das Geld wird beim Vermieter, die Mietenden werden aber die Steuerausfälle mittragen müssen.

Schön, denken auch FDP und SVP an die Mieterinnen und Mieter und deren Belastungen. Schöner wäre es aber noch, wenn diese zwei Parteien dann auch mitmachen, wenn überhöhten Anfangsmieten, Kündigungen zur Erhöhung der Rendite oder massiven Mietzinssteigerungen nach Sanierungen der Riegel geschoben würde.

Du böses, böses Formular

Die Luzerner Regierung ist bereit, die Formularpflicht auch in Luzern einzuführen. Ein Mieter soll in Regionen mit Wohnungsnot beim Antritt eines Mietverhältnisses vom Vermieter auf einem Formular mitgeteilt bekommen, wie hoch die Miete war, die der Vormieter bezahlte. Sinn und Zweck ist die Schaffung von Transparenz, eine gewisse abschreckende Wirkung, dass Vermieter bei Neuvermietungen nicht überborden und letztlich erhält der Mieter mit diesem Formular überhaupt erst die Möglichkeit, einen übersetzten Mietzins anzufechten – ohne Formular ist das auf Grund prozessualer Schwierigkeiten fast nicht möglich.

Die Luzerner Zeitung kommentiert nun, dass Formular bringe unnötige Bürokratie gerade für private Vermieter, die sich das Ausfüllen von Formularen nicht geübt seien. Dabei handelt es sich um das übliche Formular, das bereits heute bei jeder Mietzinserhöhung verwendet werden muss. Man muss drei Zeilen ausfüllen: Den bisherigen Mietzins, den neuen und den Grund für die Erhöhung. Dann braucht es noch – welch ein Aufwand, eine Unterschrift und ein Datum. Hat ein Vermieter ein Problem damit, sollte er schleunigst einen Kurs beim Hauseigentümerverband – oder noch besser beim Hausverein – besuchen.

Es fragt sich, weshalb sich die Vermieter gegen diese Transparenz wehren. Sind ihnen die Mietzinsaufschläge bei Neuvermietungen doch etwas unangenehm? Statt über diese Frage zu diskutieren, wird wieder einmal auf das „böse“ Formular eingedroschen, völlig in Unkenntnis, wie minimal der Aufwand für dieses Formular ist.

 

Raumplanung und bezahlbare Mieten

Nach den bürgerlichen Mattenhof-Befürworter versucht jetzt auch der Schweizerische Gewerbeverband beim Raumplanungsgesetz mit hohen Mieten zu werben. Das neue Raumplanungsgesetz führe zu Auszonungen und verteure den Boden. Daraus resultierten dann Horror-Mieten.
Dass nun selbst ein Gewerbeverband, welcher noch nie Massnahmen für einen verbesserten Mieterschutz unterstützte, die Mieten ins Zentrum einer Kampagne stellt, zeigt, dass die Mietpreise für viele ein Problem sind. Nur: Besser werden die Argumente der Gegner des Raumplanungsgesetzes deswegen nicht. Tatsächlich soll es mit dem neuen Gesetz zu Auszonungen kommen – aber nur dort, wo die Baulandreserven für mehr als 15 Jahre ausreichen. Bereits heute sind die Gemeinden gehalten, bei einer Zonenrevision nur Land einzuzonen, das innerhalb von diesen 15 Jahren auch für eine Überbauung benötigt wird. In den Zentren ist zudem oft gar kein Land zum Einzonen mehr vorhanden. In Zürich, Genf, aber auch in der Agglomeration Luzern wird es auch mit der neuen Bestimmung zu keinen Auszonungen kommen.
Will man mit Raumplanung günstige Mieten fördern, so ist dies mit Zonen für preisgünstigen Wohnraum und anderen Vorschriften möglich. Hier aber fehlt regelmässig die Unterstützung von Seiten des Gewerbeverbands. Obwohl nota bene gerade auch KMUs auf günstige Gewerberäume angewiesen sind.

Lerne zu jammern ohne zu leiden

Diesen Spruch habei ich von Ruedi Strahm gelernt. Anwendbar ist er zur Zeit auf die Wohneigentümer und all die Horrorgeschichten über den Eigenmietwert. Ich schicke voraus: Ich bin für die Abschaffung des Eigenmietwertes, weil die ganze Wohneïgentumsbesteuerung ein Dickicht ist, das je nach Laune der Eigentümer diverse Steueroptimierungsmöglichkeiten bietet.
Aber: Was in diversen Foren zu lesen ist, lässt den Eindruck erwecken, ältere Wohneigentümer müssten massenweise ihre Häuser verlassen, weil ihnen der Steuervogt das letzte noch genommen hat.
Halten wir fest: Wer wegen des Eigenmietwertes höhere Steuern zahlt, hat sein Haus abbezahlt (sonst könnte er die Schulden abziehen und zahlt keine höheren Steuern). Vielleicht zahlt er dann 200, vielleicht im Extremfall 500 Franken mehr Steuern im Monat. Er hat aber einen Gegenwert: Er lebt sehr günstig in seiner Wohnung, in seinem Haus. Vielleicht muss er noch 500 bis 800 Franken im Monat für Nebenkosten und Unterhalt bezahlen. Lebte er zur Miete, müsste er aber für das gleiche Haus oder Wohnung mindestens 1500 oder 2000 Franken bezahlen. Er blättert also pro Monat einige Hundert Franken oder bis zu 1000 Franken weniger hin als ein Mieter und kommt ganz gut weg.
Der Eigenmietwert ärgert. Das habe ich in Briefen und Mails erfahren. Ein Eigentümer beklagte sich und schrieb gleichzeitig, dass er seine Wohnung ohne Aufnahme einer Hypothek hätte bezahlen können. Muss er steuerlich entlastet werden? Eine andere Person erweckte den Eindruck, sie müsse nächstens ausziehen, weil der Eigenmietwert so drückt. google maps zeigte, dass sie an bester Wohnlage in Fürigen lebt. Braucht es da Steuererleichterung?
Bleiben wir auf dem Boden und schauen wir, dass wir Härtefälle regeln können. Aber nicht jeder, der über den Eigenmietwert jammert, leidet tatsächlich unter ihm.

Liberale Abkehr

Es gibt sie noch: Die liberalen Wohnbaugenossenschaften. Früher war die FDP stolz, die Idee des genossenschaftlichen Wohnens zu fördern und diese Art der Selbsthilfe zu unterstützen. Sei es durch ehrenamtliche Mitarbeit in den Gremien, sei es, dass liberale Gemeinderäte mithalfen, dass Genossenschaften zu Land kamen. Das war – und wäre – auch sinnvoll, denn Genossenschaftswohnungen sind günstiger und helfen vielen bis weit in die Mittelschicht hinein, für einen fairen Mietzins eine gute Wohnung zu erhalten.
Philipp Müller, der neue FDP-Präsident, wischt aber die Förderung der Wohnbaugenossenschaften vom Tisch. Eine Alibiübung sei dies, meinte er im Zusammenhang mit der Diskussion um die Wohnungsproblematik, die sich durch die Personenfreizügigkeit verschärft hat. Diese Abkehr von einer guten Idee ist schade.
Dahinter steckt eine Ökonomisierung der Gesellschaft, die weiterherum zu beobachten ist. Wohnbaugenossenschaften verzichten auf eine Rendite und werden deshalb in letzter Zeit öfters kritisiert. Was nicht den Zweck hat, einen Gewinn zu erzielen, wird als suspekt erachtet. Das hat die Avenir Suisse bereits im letzten Sommer in einer ziemlich kruden Studie vorgemacht.

Endlich: Keine Klagen über hohe Schatzungen

Immerkehrend sind die Klagen zu hören, dass bei den Katasterschatzungen Wohnliegenschaften zu hoch eingestuft werden. Kritisiert werden Neuschatzungen oder die jährliche Indexierung der Eigenmietwerte, die aus den Katasterschatzungen abgeleitet werden. So beklagt sich der Hauseigentümerverband stets über die Versteuerung des Eigenmietwerts und im Luzerner Kantonsrat gibt es regelmässig Anfragen zum Thema. Exemplarisch stellte dazu Ruedi Stöckli (SVP) in einer Anfrage fest: „Wir werden den Verdacht nicht los, dass auf dem Rücken der Liegenschaftsbesitzer neue Einnahmequellen erschlossen werden.“
Komisch nur, dass es nun bei der Bekämpfung der Erbschaftssteuer plötzlich ganz und gar anders klingt. Der HEV wirft der Initiative zur Einführung einer nationalen Erbschaftssteuer vor, es gehe um eine Mogelpackung. Und warum? Liegenschaften würden bei der Steuererkläung zu amtliche Wert erfasst. Massgebend für die neue Erbschaftssteuer sei aber der Verkehrswert. Und nun kommts: „Dieser Wert liegt in der Regel deutlich über dem amtlichen Wert für die Steuerbemessung.“ Aha.
Gut zu wissen für die nächste Diskussion über Eigenmietwerte und Katasterschatzungen: Der Hauseigentümerverband gibt zu, dass bei der Festlegung der Eigenmietwerte keine Marktpreise zu Anwendung gelangen.

Subvention à la avenir suisse: Missratene Begriffsumdeutung

Avenir suisse hat heute eine Studie zum Wohnungsmarkt veröffentlicht. Die Hauptaussage der Studie geht in die Richtung, dass Wohnen in der Schweiz zu günstig ist und deshalb der Markt nicht richtig funktioniert. In Zürich etwa würden die Baugenossenschaften den Markt verzerren, in dem sie die Wohnungen rund einen Drittel günstiger vermieten als private EigentümerInnen. Auch sogenannte Altmieter, Personen also, die längere Zeit in der gleichen Wohnung leben, würden keinen Marktpreis bezahlen.

Nun gut, das soll von mir aus kritisieren, wer will, die Marktgläubigkeit erstaunt aber schon ein bisschen. Abstrus wird es aber dort, wo avenir suisse flugs aus dem Unterschied zwischen einer bezahlten Miete und einer theoretisch erreichbaren Marktmiete eine Subvention macht. Man staunt nicht schlecht, dass gemäss avenir suisse die Stadtzürcher Mieterinnen und Mieter um rund 500 Millionen Franken subventioniert werden. In Tat und Wahrheit erhalten einige Baugenossenschaften vergünstigte Kredite oder sie erhalten ein Baurecht zu massvollen Preisen. Damit hat sichs dann aber schon bald. Gemäss avenir suisse ist aber jeder Franken, der bei einem Geschäft nicht herausgewürgt wird, bereits eine Subention. Wer aus Personen, die in einer Baugenossenschaft wohnen, Profiteure macht, die auf Kosten der Allgemeinheit leben, zäumt das Pferd nun total von der falschen Seite auf. Es wäre doch eher die Frage erlaubt, wer in den Zentren von den hohen Mietpreissteigerungen profitiert…

Der Angriff auf die Genossenschaften von Seiten von avenir suisse ist aus einem weiteren Grund irritierend: avenir suisse kritisiert in ihrer „Studie“, dass der Wohnflächenbedarf weiter steigt und viele Mietende die Wohnung nicht wechseln, auch wenn sie den Platz nicht mehr bräuchten. Genau hier setzen aber viele Genossenschaften mit Belegungsvorschriften an oder mit guten Angeboten an GenossenschafterInnen, innerhalb einer Siedlung eine Wohnung wechseln zu können.

Wohneigentumsbesteuerung: Sie sind so frei – wählen Sie ihre Steuer selber…

Der Nationalrat hat gestern der Initiative des Hauseigentümerverbands „Sicheres Wohnen im Alter“ zugestimmt. Sie möchte, dass RentnerInnen neu selber wählen können, ob sie wie bisher einen Eigenmietwert (plus alle Abzugsmöglichkeiten) versteuern müssen oder ob sie zu einem System ohne Eigenmietwert (aber immer noch gewissen Unterhaltskostenabzügen) wechseln möchten. Der Grund für dieses à-la-carte-Steuersystem ist simpel: WohnungseigentümerInnen sollen je nach Situation das grad beste Steuermodell für sich wählen können. Kaufen sie ein Haus und sind hoch verschuldet, so lohnt es sich steuerlich, wenn sie einen moderaten Eigenmietwert versteuern und dafür alle Hypozinsen etc abziehen können. Haben sie im Alter das Haus abbezahlt, lohnt sich dagegen die neue Methode.
Wenn schon müsste man den Systemwechsel vollständig vollziehen, also für alle und ohne weitere Abzugsmöglichkeiten. Das wollte der Nationalrat offensichtlich nicht: Denn dies hätte – wie jede normale Reform – Gewinner und aber auch Verlierer gebracht.
Das neue Wahlsystem bei den Steuern für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe wäre einzigartig, es gibt zwar auch sonst im Bereich von Pauschalen und konkreten Kosten einige Wahlmöglichkeiten im Steuerrecht, die stehen aber allen offen.
Bereits heute verzichtet der Bund dank den grosszügigen Abzugsmöglichkeiten bei der Wohneigentumsbesteuerung auf Einnahmen von rund 500 Millionen Franken – und dies jährlich. Bei den Kantonen werden diese Einnahmenausfälle in die Milliardenhöhe gehen. Es ist zu hoffen, dass die kommende Volksabstimmung eine Diskussion in Gang bringt, ob diese steuerliche Besserstellung der WohneigentümerInnen tatsächlich noch weiter ausgebaut werden soll.

Bausparen: Die falsche Antwort auf die falsche Frage

Letzte Woche hat der Ständerat knapp dem Bausparen zugestimmt. Neu sollen Personen, die eine Wohnung, ein Haus kaufen wollen, während zehn Jahren 10’000 Franken vom Einkommen abziehen können und so Steuern sparen. Ehepaare sollen gleich 20’000 abziehen können. Dieser Anreiz kommt natürlich nur jenen zu Gute, die auch so viel zur Seite legen können – gemäss Statistiken sind das grad mal die 20 reichsten Prozente der Bevölkerung. 60 Prozent der Bevölkerung kann überhaupts nichts oder nur wenige Tausend im Jahr ansparen. Wenn man dann noch bedenkt, dass bereits heute mit der dritten Säule steuerbefreit gespart werden kann, so wird dieser neuer Bausparabzug noch absurder…und kann noch von weniger Leuten genutzt werden. Was das mit Wohneigentumsförderung zu tun hat, ist und bleibt schleierhaft.

Es gäbe durchaus Mittel und Systeme, das Wohneigentum zu fördern, wenn man das auch wollte. Aber dann müsste man jene Haushalte fördern, die nicht genügend Eigenkapital haben und dieses auch nicht in einer sinnvollen Zeit ansparen können. Das ist möglich über zinsgünstige Darlehen oder über direkte Zuschüsse. Nicht zu reden von all den Massnahmen, die im Bodenrecht vorhanden wären wie Begrenzung der Baulandpreise, stärkere Eingriffe über die Raumplanung oder einer Abschöpfung der Mehrwerte.

Besonders bedenklich ist das Bauspar-Modell auch im Zusammenhang mit der ganzen Wohnraum- und Wohnpreisdiskussion, die angelaufen ist. Unser Problem ist nicht, dass wir zuwenig Einfamilienhäuser haben und die Frage ist auch nicht in erster Linie Besitz oder Miete. Sondern wir müssen verhindern, dass unser wirtschaftliches Erfolgsmodell, das zu einem schönen Stück auch von der Zuwanderung lebt, zu unbezahlbarem Wohnen führt und zu Marktexzessen auf dem Mietwohnungsmarkt, wie es in den Hot-Spots Zürich, Genf , Lausanne und teilweise auch Luzern und Bern, bald auch Basel, heute der Fall ist. Hier ist eine Stärkung des gemeinnützigen Wohnungsbaus, der Genossenschaften (die übrigens auch eine Art Eigentum anbieten) und eine Verdichtung im inneren Agglomerationsgürtel gefragt.

Diese Themen sind aber in Bundesbern noch nicht richtig angekommen. Die Förderung des preisgünstigen Wohnungsbaus lässt sich der Bund jährlich weniger kosten als alleine die Steuerausfälle für das Bausparen ausmachen. Da müsste doch noch der eine oder die andere Parlamentarierin sich mal fragen, ob die Prioritäten richtig gesetzt sind.