Wir brauchen mehr als gerettete Enten

Die Abstimmung zum Medienpaket ging bachab. Der Kompromiss hat nicht gehalten. Dafür gibt es offensichtliche, ärgerliche, ernüchternde und beunruhigende Gründe. Zuerst: Als ich als Linker auf Podien Fördergelder für Verlage mit hohen Renditen verteidigen musste, schwante mir schon früh, das kommt nicht gut. Die Geschäftspolitik von Pietro Supino, aber auch die wacklige Unterstützung von Peter Wanner waren gewiss kein Startvorteil für die Seite der Befürworter*innen. Ärgerlich war daran, dass ausgerechnet die Gegner*innen der Vorlage den grossen Verlagen noch mehr Geld hätten zuschieben wollen. Dazu hatten sie mehrere Anträge gestellt. Und nie im Leben hätten FDP oder SVP einer Beschränkung der Dividenden von unterstützten Verlagen gefordert oder unterstützt. Aber wenn man sowas in einem Abstimmungskampf erklären muss, hat man schon verloren – es ist das Privileg der Referendumsseite, alle möglichen und unmöglichen Argumente im Abstimmungskampf vorbringen zu dürfen.

Ernüchternd, aber auch nicht überraschend war, dass Medienvielfalt und Qualität ein schwieriges Diskussionsthema sind. Manchmal hörte ich: Es gibt ja heute soviel zu lesen, man kann das eh nicht alles bewältigen, wozu noch mehr Medien unterstützen? Auch hier war es ärgerlich, dass die Gegner*innen der Vorlage einen Überfluss an Informationen herbeiredeten und dabei die Mitteilungen von Verwaltungen, Regierungen oder von Firmen einfach mitzählten und damit geflissentlich übersahen: Wir wollen – wie es die Rechte formuliert – keine Behördenpropaganda, sondern kritischen Journalismus, der einordnet, verschiedene Standpunkte darstellt und nicht einfach nachplappert, was vorgegeben wird. Medienvielfalt ist für unsere Demokratie essenziell, aber kein Thema, das die breite Bevölkerung bewegt. Dazu hat die Gratiskultur, die auch von einheimischen Medien gepflegt wurde, das ihre beigetragen.

Beunruhigend waren zwei Sachen: Die Medien, vor allem die grossen Medienhäuser, stossen auf recht viel Kritik und Distanz. Vielleicht ist es eine falsche Hypothese, aber je stärker sich die Medien von Klickzahlen lenken lassen und sich dadurch vermeintlich an den Themen orientieren, die mehrheitlich interessieren, desto stärker werden sie beliebig und letztlich uninteressant. Für die Berichterstattung über einen spektakulären Verkehrsunfall oder eine gerettete Ente brauchen wir auch keine Medienförderung. Diese Kritik ist etwas ungerecht, denn viele Medien machen einen tollen Job und investieren in die Recherche, aber sie müssen sich der Diskussion stellen, was ihre Rolle in der Gesellschaft ist und welche Inhalte relevant sind. Zweitens gab es auch einen Bodensatz an Massnahmengegner*innen, die das Medienpaket ablehnten. Ihnen ist gerade das Einordnen und Vergleichen von Meldungen oder gar Faktenchecks ein Dorn im Auge. Die Kommentarspalten waren voll, das hat unserer Seite einige Prozente gekostet. Ich war bisher nicht so skeptisch von wegen Spaltung der Gesellschaft, aber das müssen wir im Auge behalten. Gerne weiter mit Fakten und Diskussionen.

Wie geht es weiter? Im Medienpaket gab es einige Teile, die unbestritten waren, wie die Unterstützung der Agenturen, technische Angebote für Medien im digitalen Bereich oder die Unterstützung des Presserates. Diese Teile sollten wir rasch einführen. Parallel dazu braucht es Lehren aus dem Abstimmungskampf und eine Konzentration auf das Wesentliche:

  • In Gebieten, die bereits heute medial unterversorgt sind und für Themen, für die das gleiche gilt, braucht es rasch Lösungen. Wie in nordischen Ländern soll mit einer direkten Förderung kritischer und qualitativ hochstehender Journalismus Unterstützung erhalten. Eine Stiftung (oder eine andere Organisation) finanziert damit direkt Stellen ohne Umweg über Posttaxenvergünstigungen. Damit erübrigt sich auch die theoretische Aufteilung zwischen gedruckten Zeitungen und Online-Medien.
  • Die Hilfen werden auf jene Medien begrenzt, deren Besitzer*innen ihre Dividendenausschüttungen klar begrenzen.
  • Finanziert soll diese Unterstützung durch eine Abgabe auf dem Umsatz der grossen Internetplattformen oder durch eine Abgabe auf dem Umsatz der Werbegelder in der Schweiz.