Wie sich die Zentralschweizer Kantone in die Tiefe reissen

Gestern erschien in der Luzerner Zeitung eine gute Zusammenfassung zu den neuesten Steuerstatistiken. Keineswegs staubtrockenes Material, sondern die Zahl gewordenen Umstände unserer Finanzmisere.

Natürlich kann man aus Sicht der vereinigten Staatsabbauerinnen und Staatsabbauer applaudieren: Die Steuerbelastung hat im Kanton Luzern zwischen 2003 und 2013 massiv abgenommen. Innert zehn Jahren verkleinerte sich die Steuerausschöpfung des Kantons und der Gemeinden in Luzern um fast einen Drittel. Das heisst konkret: Von jedem verdienten Franken eines Haushaltes oder einer Firma gehen 30.7 Prozent weniger als Steuern an den Staat.

Kaum ein anderer Kanton hat die Steuerlast und damit auch den Steuerertrag derart verkleinert. Am vergleichbarsten sind noch die anderen Zentralschweizer Kantone, die ebenfalls ausnahmslose die Steuerlast überdurchschnittlich senkten.

 

Nun ist es nicht so, dass die Volkswirtschaft in den letzten zehn Jahren urplötzlich stark angewachsen wäre und unser Kanton derart reich geworden wäre, dass er mit einer tieferen Steuerausschöpfung gut über die Runde kommen könnte. Nein, unser Kanton liegt immer noch unter dem nationalen Schnitt, und vor allem unter dem Schnitt seiner Nachbarkantone, die volkswirtschaftlich gesehen, wesentlich reicher sind. Will heissen, deren Haushalte verfügen über ein höheres Einkommen und mehr Firmen machen höhere Gewinne.

Im Gegensatz zu den meisten Kantonen hat Luzern in den letzten 10 Jahren nur minimal mehr Steuern eingenommen. Trotz einem Bevölkerungswachstum von 10 Prozent und einem Wachstum des Bruttoinlandproduktes von rund 15 Prozent hat Luzern gerade einmal 10 Prozent höhere Steuereinnahmen als andere Kantone (immer inklusive der Gemeinden), in denen die Steuereinnahmen viel stärker gestiegen sind. In der gleichen Zeit ist nicht nur die Bevölkerung gewachsen, sondern die Aufgaben, denken wir nur an die Pflegefinanzierung oder die höheren kantonalen Beiträge an die Spitalkosten.

 

 

Deshalb ist es besonders fatal, dass Luzern im gesamtschweizerischen Schnitt nur 80 Prozent seines Steuerpotenzials im Vergleich zu allen anderen Kantonen ausschöpft. Seine Wirtschaftskraft ist zwar geringer als im nationalen Vergleich, aber davon meint unser Kanton noch, er müsse nur einen unterdurchschnittlichen Anteil abholen, um seine Aufgaben finanzieren zu können.  Wohin es führt, sehen wir nun seit Jahren im Kanton Luzern: Er kürzt und kürzt und kommt trotzdem auf keinen grünen Zweig, denn letztlich ist schlicht und einfach unterfinanziert. Und die Gefahr wächst jedes Jahr, dass er seine Standortvorteile – Nähe Zürich, tolles Kulturangebot, gute Bildungsangebote, schöne Naherholungsgebiete und überschaubare Verhältnisse zerstört. Wenn die Verwaltung ächzt, die Schulen leiden und eben bei der Kultur gestrichen wird, so machen wir mehr zunichte als wir gewinnen.

Falsch ist nicht: Der Kanton Luzern ist in einer ausserordentlichen politisch-geographischen Situation mit Nachbarn in der Zentralschweiz, die ebenfalls eine aggressive Niedrigsteuerpolitik fahren.

Aber richtig ist eben auch nicht, diese Politik als Flächenkanton mit einer Zentrumsstadt kopieren zu wollen.

Die negativen Folgen dieses Steuerwettbewerbs sind offensichtlich. Wir müssen ihn eindämmen:

  • Mit der neuen Steuervorlage kann der Bund mindestens die Vorgaben für die Kantone strikter formulieren als in der abgelehnten USR III. Will heissen: Keine fakultativen Steuerabzüge, die die Kantone einführen können und sich dann wieder gegenseitig unter Druck setzen. In diesem Bereich gibt es auch in der bestehenden Gesetzgebung Handlungsbedarf, sei das im Bereich der Erbschaftssteuer oder Liegenschaftensteuern, die von Kanton zu Kanton unterschiedlich sind und von Mal zu Mal abgebaut werden.
  • Keine Änderungen beim Finanzausgleich, die aggressiven Steuerwettbewerb belohnen.
  • Ganz im Gegenteil: Es braucht eine Stärkung des Finanzausgleichs, damit Kleinkantone ohne Zentrumslasten sich stärker an diesen beteiligen müssen.

Und natürlich brauchen wir einen Luzerner Regierungsrat, der unseren Kanton nicht zur Kopie von Schwyz oder Nidwalden machen will.

 

 

 

Die Logik, die muss sich uns noch erschliessen

Heute erschien das Communiqué der Planungs- und Finanzkommission zum Luzerner Budget. Wir haben in zwei Tagen das Budget durchgelitten. Das Communiqué hält fest, dass die Kommission einerseits unzufrieden mit der finanziellen Entwicklung ist, genauer wissen möchte, wie die Löcher gestopft werden sollen und gleichzeitig ist sie gegen eine Erhöhung der Dividendenbesteuerung, wie sie vom Regierungsrat beantragt wird. Dieser Antrag verschlechtert die finanzielle Situation gegenüber den Planzahlen um mehrere Millionen Franken pro Jahr. Es bleiben Fragen über Fragen:

  • Hat die Kommissionsmehrheit einen leichten Drall ins Irrationale?
  • Ist ihr das Befolgen der Order des Gewerbeverbandes wichtiger als die kantonalen Finanzen?
  • Verlangt die Kommission vom Regierungsrat Vorschläge für Leistungskürzungen, weil ihr vielleicht selbst die Ideen ausgegangen ist?

Im Ernst: Die strikte Ablehnung der Erhöhung der Dividendenbesteuerung – welche selbst die CVP kurz nach Eröffnung des Vernehmlassungsverfahren mit einem Communiqué bekräftigen musste –  verhindert jegliche Kompromisse in der Finanzpolitik. Es geht nicht nur um die rund 5 Millionen, die uns zusätzlich fehlen. Es geht um das Zeichen. Schaut her: Gewerbe und Unternehmen sollen auf alle Fälle geschont bleiben, hier rühren wir nichts an. Wie soll man auf diesem Hintergrund von der Bevölkerung einen Beitrag für die Gesundung der Finanzen einfordern?

In der Septembersession haben sich die drei bürgerlichen Parteien bei der Budgetdebatte als Verantwortungsträger präsentiert. Davon ist nicht mehr viel zu spüren.

Hauptsache, man ärgert sich. Über den Grund streiten wir uns noch etwas.

Vorige Woche versuchte der Blick die alte Leier: Mit einem reisserischen Artikel über den bösen VCS, der in der Mall of Switzerland einen Gebührenwahnsinn zu verantworten hat, sollte die Seelen der Autofahrerinnen und Autofahrer in Wallung gebracht werden. Natürlich – in den Kommentarspalten fanden sich dann die vorhersehbaren Reaktionen von A – im Ausland zahle ich nichts für den Parkplatz, (und für die Fahrt dorthin?) – zu S  – Schlag den VCS – bis hin zu Z wie Zeter und Mordio gehören in die Kommentarspalten. Ich habe im Artikel die Parkplatzgebühren verteidigt – bei mir hat sich grad ein Leser gemeldet. Und es war viel Ehre für den VCS und seinen Einsatz für die umweltbewusste Mobilität,  denn eigentlich waren auch die Gemeinde und der Kanton klar der Meinung, dass es ohne Verkehrslenkung nicht gehen wird.

Die Meldung in der LZ wenige Tage darauf, dass die Busse im Rontal nach der Eröffnung der Mall im Verkehr stecken bleiben und 30 Minuten Verspätung haben, waren ja grad genug Beweis, dass es eben nicht funktioniert, wenn zuviele Leute mit dem Auto ins Mall of Switzerland fahren. Es wäre interesssant zu erfahren, ob der Ärger über die Parkplatzgebühren oder jener über die verstopften Strassen in unserer Region grösser ist.

Wie auch immer: Ohne klare Verkehrlenkung sind solche Mammutanlagen nicht mehr denkbar, das haben offensichtlich viele Leute – inklusive auch dem Management der Mall – begriffen. Wir bleiben dran, damit unsere Region lebenswert bleibt und nicht im Verkehr versinkt.

PS: Übrigens: Auch der Errichtung von Parkhäusern ist nicht gratis. Wenn deren Bau nicht einfach auf die Mieten geschlagen werden, sondern durch die BenützerInnen mitfinanziert wird, so ist das nicht mehr als gerecht.