Das Nein zum Autobahnausbau war eine Klatsche für das gesamte bürgerliche Polit-Establishment. Für sie war klar, die Schweiz ist ein Autoland und stimmt für breitere Autobahnen.
Doch es kam ganz anders: Mit dem Nein wurde klar, dass eine Politik des immer-weiter-immer-breiter keine Mehrheit findet. Albert Rösti versuchte noch am Abstimmungssonntag das Nein auch als wachstumskritisches Votum zu deuten. Doch die Analysen zeigen klar, die Bevölkerung sagte nein, weil sie weiss: Mehr Strassen bringen am Schluss mehr Stau und zugleich waren die Befürchtungen zu den Umweltauswirkungen ausschlaggebend.
Wer dieses Abstimmungsresultat ernst nimmt, muss die Verkehrspolitik neu ausrichten:
- Keine Kapazitätsausbauten bei den Autobahnen
- Eine Förderung der umweltschonenden Mobilität
Bundesrat Albert Rösti hat im Nachgang zur Abstimmung gefordert, dass die einzelnen Verkehrsträger (noch) besser aufeinander abgestimmt werden müssten. Er hat damit zugegeben, dass darauf zu wenig geachtet wurde. Dabei wäre das Instrument schon längst vorhanden. Es nennt sich Sachplan Verkehr und wurde unter seiner Vorgängerin Simonetta Sommaruga entwickelt. Es zeigt auf, mit welchen Massnahmen in den Regionen Auto, öV, Velo oder Fussverkehr aufeinander abgestimmt werden.
Aus eigener Luzerner Erfahrung kann ich sagen: Das wurde bisher kaum oder gar nicht gemacht. Die Planung des Autobahnausbaus Bypass ist lokal nicht mit dem öV oder gar mit dem Durchgangsbahnhof abgestimmt.
Nun will der Bundesrat die Planung neu aufnehmen und dabei Strassen- und Bahnprojekte zuerst überprüfen lassen und dann besser miteinander verknüpfen, eine Begleitgruppe und ein Soundingboard sollen diese Arbeiten begleiten. Die Überprüfung erfolgt extern unter der Leitung von ETH-Professor Ulrich Weidmann.
Der Einbezug breiterer Akteure ist richtig, und eine externe Überprüfung bringt eine Aussensicht. Wichtig sind jetzt folgende Punkte:
- Inhaltlich muss klar sein, wohin die Reise geht. Ein besserer öV und keine Kapazitätserweiterungen bei den Autobahnen. Es reicht nicht, ein Autobahnausbau mit einer paar Meter Tramverlängerungen zu kombinieren. Die Verkehrswende muss jetzt verstärkt werden.
- Um Staus in den Ballungszentren beizukommen braucht es eine Stärkung der Aggloprogramme. Ohne rasche und höhere Investitionen in diesem Bereich werden wir keine Lösung haben.
- Gleichzeitig mit der Diskussion über die Infrastrukturen braucht es jene zur Finanzierung und Ablösung der Mineralölsteuer. Sie muss darauf ausgelegt werden, eine fossilfreie, platzsparende Mobilität zu fördern.
- Externe Meinungen aus der Wissenschaft sind wichtig. Der Auftrag an einen Professor ist aber zu wenig, es braucht die ganze Palette. Und: Diese Übung darf nicht dazu dienen, die Verantwortung für Entscheide abzuschieben.