Alte Steuerprivilegien durch neue ersetzen? Weshalb die Steuerreform falsch ist.

Klar: Wir müssen die Besteuerung der Unternehmen in der Schweiz ändern. Schon zu lange bietet die Schweiz inakzeptable Steuervergünstigungen an und hat über viele Jahre mit einem regelrechten internationalen Steuerdumping Unternehmen in die Schweiz geholt haben. Wir Grünen haben dies stets kritisiert.

Unternehmen fair besteuern, der Grundsatz bleibt

Lange habe ich im Kanton für faire Unternehmenssteuern gekämpft. Das gleiche mache ich nun in Bundesbern. Mit besonderen Vergünstigungen zahlen Firmen mit Sonderstatus auf Kantonsebene zum Teil irrwitzig wenig Steuern. Wenige Prozente ihres Gewinnes geht in die Kantons- und Gemeindekassen. Luzern hat bei diesen Sonderbesteuerungen nicht zuvorderst mitgemischelt, dafür hat unser Kanton den Steuersatz für alle Unternehmen so stark gesenkt, dass sie weltweit tiefste Steuergelder abliefern. Der Rest der Geschichte ist bekannt – wir erleben den Abbau an Leistungen und die Verschiebung der Kosten von Unternehmen zu Privatpersonen seit Jahren.

Ob auf Kantons- oder auf Bundesebene: Die Beurteilung einer Vorlage zu den Unternehmenssteuern misst sich daran, ob die Unternehmen einen angemessenen Beitrag an die öffentlichen Aufgaben leisten, oder ob sie weiter gegenüber Privatpersonen privilegiert werden.

Neue Schlupflöcher statt Steuergerechtigkeit

Die Stimmbevölkerung hat im Februar 2017 sehr deutlich mit 59 Prozent Nein zur Unternehmenssteuerreform III gesagt und damit den Bschiss am Mittelstand gestoppt. Bei diesem ersten Versuch einer Abschaffung der international geächteten Steuerprivilegien wären die Steuerausfälle hoch gewesen und alte Privilegien durch neue ausgetauscht worden. Stichworte waren Patentboxen, überhöhter Abzug für Forschung und Entwicklung, Zinsabzug auf dem Eigenkapital. In der neuen Vorlage mit dem Namen Steuervorlage 17 tauchen viele dieser Privilegien wieder auf. Weiterhin sollen Patentboxen möglich sein, um Ausgaben für Patente abzuziehen – deren Geltungsbereich wurde etwas eingeschränkt. Weiterhin können Ausgaben für Forschung und Entwicklung zu 150 Prozent abgezogen werden, wobei der Begriff „Entwicklung“ so breit gefasst ist, dass fast alles darunter fallen kann. Der Zinsabzug auf dem Eigenkapital wird auf Kantone mit einem hohen Steuerfuss begrenzt (Lex Zürich) und im Bereich der Kapitaleinlagereserven, die bei der vorletzten Steuergesetzrevision zu hohen Ausfällen führte, wurde ein Fortschritt erzielt. Dagegen gibt es neue Steuerschlupflöcher über die Aufdeckung stiller Reserven. Und bei der Dividendenbesteuerung müssen die Kantone entgegen dem Vorschlag des Bundesrates nur mindestens 50 Prozent besteuern. Für eine zweite Vorlage nach einer gewonnen Abstimmung muss ich sagen: Das Resultat ist mager.

Verbesserungen bei der AHV – aber…

Ja, die Finanzierung der AHV ist mit dem AHV-Teil der Vorlage verbessert worden. Die Zusatzeinnahmen bringen mehr Geld in die AHV Kasse, doch nur der kleinere Teil der Mehreinnahmen bezahlen die Unternehmen durch die Erhöhung der Arbeitgeberbeiträge. Das ist kein Tauschgeschäft Unternehmenssteuern – AHV, wie man es sich vorstellen würde. Den grössten Teil bezahlen die Arbeitnehmenden und SteuerzahlerInnen. Längerfristig braucht es eine Revision der AHV, aber wir müssen dieses Thema in Ruhe und ohne Verknüpfung mit den Unternehmenssteuern diskutieren.

Täter und Opfer

Die Schweiz ist kein Opfer der internationalen Politik, das ohne Schuld und Pein unter Druck gekommen ist. Die Schweiz ist im Gegenteil Täterin im weltweiten Steuerwettbewerb. Wie umschrieb es zum Beispiel unser Luzerner Finanzdirektor Marcel Schwerzmann? Man müsse einen Podestplatz erringen, Mittelfeld genüge nicht. Und zwar international. Unser Kanton hat mit dem Drehen an der Steuerschraube äusserst aktiv beim Steuerdumping mitgemacht. Die Folgen dieser Politik hat Alliance Sud, der Zusammenschluss der Schweizer Hilfswerke nachdrücklich zusammengefasst: „Das bisherige Schweizer Geschäftsmodell ist auch darum schädlich, weil es eine sozial und ökologisch nachhaltige Entwicklung der Welt torpe­diert, indem es im globalen Süden Geld abzieht, das dort dringend für die Armutsbekämpfung und den Aufbau guter Bildungs-, Ge­sundheits- und Infrastruktursysteme benötigt würde.“ Wir machen es uns einfach, diesen Befund in jeder Sonntagspredigt einzubauen, aber im politischen Handeln ganz rasch zu vergessen. Fressen und Moral oder eigenes Hemd und Hose, das sind die Stichwörter dazu.

Die Lösung ist nicht weit weg

Kommt bei einer erneuten Ablehnung das grosse Desaster, das die Befürworterinnen und Befürworter heraufbeschwören? Das muss nicht sein. Wir können die Steuerprivilegien ohne Ersatz abschaffen und damit internationalen Forderungen nachzukommen. Für die betroffenen Firmen führen wir Übergangsfristen ein. Damit schaffen wir eine saubere Lösung und setzen nicht auf neue Privilegien, von denen wir nicht wissen, ob sie uns übermorgen schon wieder auf eine graue Liste führen.

ÖV blutet mehr als kommuniziert

Ende Oktober teilte der Verbundrat des Luzerner Verkehrsverbunds mit, wie er die Sparmassnahmen des Kantons umsetzen will. Es war ein klares Ziel, mit möglichst wenig Abbau über die Runden zu kommen. Mehrere Massnahmen für Verbesserungen werden nach hinten geschoben, in Randzeiten wird auf mehreren Linien der Takt ausgedünnt und es werden Reserven aufgebraucht. Alles nicht so schlimm? Mitnichten.

Es lohnt sich ein genauerer Blick in die kantonale Finanzplanung und in das Verzichtsprogramm des Verkehrsverbundes. Im Verzichtsprogramm sind einige zentrale Massnahmen zur öV-Förderung in Stadt und Agglomeration Luzern um ein bis drei Jahre nach hinten geschoben, so die Verlängerung Linie 1 nach Ebikon oder die Bushubs Sprengi, Horw, Mattenhof, Rothenburg und Ebikon. Alles Kernelemente des Agglomobil due Projekts, das Grundlage des öV-Berichts des Kantons waren. Ebenfalls werden Verbesserungen auf der Strecke Luzernerhof – Bahnhof – Pilatusplatz verschoben. Wer nun den Finanzplan zur Hand nimmt, findet dort mehrere Projekte nicht mehr im gleichen Jahr wie im Verzichtsprogramm abgebildet.  So soll der Bushub Horw gemäss Verzichtsprogramm 2018 erstellt werden, im Finanzplan ist er aber unter 2019 und Folgejahre aufgeführt. Die Optimierung Luzernerhof – Pilatusplatz sollte gemäss Verzichtsprogramm 2017 / 2018 realisiert werden, im Finanzplan ist aber der Hauptteil der Gelder erst 2019 und Folgejahre eingestellt.

Einige wenige Ungenauigkeiten und Unstimmigkeiten zwischen zwei Papieren würden ja noch gehen. Aber: Gemäss Finanzplan bestehen zusätzlich hohe Überhänge zwischen den dargestellten Projekten und den Finanzen. Will heissen, selbst das, was im Finanzplan drin steht, kann nicht finanziert werden. Von den budgetierten 28 Millionen Franken in den Jahren 2017 und 2018 im Bereich öV-Infrastruktur wird der Kanton alleine 25 Millionen Franken als Kantonsbeitrag FABI an den Bund abliefern müssen. Es bleiben ihm noch 3 Millionen Franken für eigene Projekte. Dabei müssten es rund 12 Millionen Franken sein, wollte er die Projekte bauen, die er in der Finanzplanung aufführt.

Damit ist klar, dass alle grösseren Projekte zum Ausbau des öffentlichen Verkehrs nicht nur um ein bis drei Jahre, sondern für eine bedeutend längere Zeit auf Eis gelegt werden.  Das ist ganz schlecht für all jene, die auf den öV angewiesen sind und es ist ein schlechtes Signal für den Durchgangsbahnhof – man nimmts in Luzern mit dem Ausbau des öV ganz offensichtlich nicht so ernst.

 

Das Leben auf dem Podest

Die Luzerner Zeitung will Licht in den Entscheidungsprozess zum Standort des neuen Departements Informatik bringen, das nach Zug kommen wird. Es wird den Fragen nachgegangen, ob der Entscheid im entsprechenden Gremium nicht einstimmig hätte gefasst werden sollen und wo ein Brief der Gemeinde Horw an den Regierungsrat gestrandet ist – er wurde nicht beantwortet. Das sind interessante Fragen und zweifelsohne wäre der Standort Horw im Sinne der Synergien und auch gemäss Immobilienstrategie des Kantons sinnvoll gewesen. Nur – des Pudels Kern liegt wohl im eher knappen Satz im heutigen Artikel: „Unsere Recherchen zeigen aber auch, dass finanzielle Überlegungen beim Entscheid eine grosse Rolle gespielt haben – das wirtschaftlich starke Zug hatte hier gegenüber Luzern einen klaren Vorteil.“ Eine grosse Rechercheleistung ist die Erkenntnis allerdings nicht, sie liegt auf der blanken Hand des Kantons Luzern.
Unser Kanton rühmt sich, in Sachen Unternehmenssteuern zuoberst auf dem Podest zu sein. Gleichzeitig kann er aber bei der Ansiedlung des Departements Informatik nicht mithalten, kann seine Hochbauten nicht genügend unterhalten und beschäftigt sich politisch kaum noch mit etwas anderem als seinen Sparpaketen.
Hat man sich das Leben auf dem Podest tatsächlich so vorgestellt?

„Die Wahrheit in Zahlen“ ist nur die halbe Wahrheit.

Heute titelt die Luzerner Zeitung „Steuern  – die Wahrheit in Zahlen“ und will mit ihren Zahlenreihen – die sie exklusiv von Marcel Schwerzmann erhalten hat – aufzeigen, dass die natürlichen Personen (im Text „gemeines Volk“ betitelt) viel stärker von den Steuersenkungen profitiert hätten als die juristischen Personen. In absoluten Zahlen stimmt das, die natürlichen Personen wurden um die dreifache Summe entlastet. Nur: Die juristischen Personen haben immer nur zwischen 10 und 20 Prozent des gesamten Steueraufkommens gebracht. Sie wurden prozentual also viel stärker entlastet als die Bevölkerung. Der Zahlenvergleich hinkt, wie wenn ich drei Schokoladen verschenken würde und davon zwei Schokoladen einer zehnköpfigen Kinderschar gebe und eine Schokolade einem Geschwisterpaar und am Schluss sagen würde: Aber schaut, die Zehnergruppe hat viel mehr bekommen.

Komplett ausgeblendet wurde im Artikel, was in den letzten Wochen und Monaten immerhin auch in der Luzerner Zeitung diskutiert wurde. Gerade gestern konnten wir lesen, dass die Hochschule nicht die in Aussicht gestellten Mittel erhalten wird und ihre neue Fakultät vollständig selber finanzieren muss. Vorletzte Woche konnten wir lesen, dass wir bei den Hochbauten sehr viele Projekte haben, die ständig nach hinten geschoben werden müssen, die Spardebatte im Herbst ist ebenfalls noch in Erinnerung, wie auch das peinliche Gezänk, ob der Kanton nun doch noch einen Beitrag an den Veloweg auf dem Zentralbahntrassee mitfinanzieren kann. Eine Diskussion über die Steuerstrategie ohne gleichzeitige Diskussion über die Aufgaben des Kantons ist wie wenn ein Wirt eine Menukarte erstellen würde, ohne sich zu überlegen, ob er mit den Preisen überhaupt überleben kann.

Mattenhof: Es hat nicht gereicht, aber…

43 Prozent Nein Stimmen reichen nicht, um eine Vorlage zu Fall zu bringen. Kriens verkauft sein Land an die Mobimo. 43 Prozent Nein Stimmen sind aber ein starkes Zeichen, dass längst nicht alle in Kriens Landverkäufezu günstigen Bedingungen an renditeorientierte Unternehmen toll finden.Die Grünen haben diese 43 Prozent im Alleingang hingekriegt gegen eine befürwortende Seite, die sogar einen externen Kommunikationsmenschen beigezogen hat (war hat das bezahlt?).

43 Prozent Nein Stimmen sind ein starkes Pfand, um all die Versprechen aus dem Abstimmungskampf jetzt einzufordern:

– Bezahlbare Gewerberäume und Wohnungen im Mattenhof

– Eine gute Umgebungsgestaltung

– Ein Impuls für das ganze Gebiet

– Höhere Steuereinnahmen bis 2015 für Kriens.

Die Grünen werden genau hinschauen, ob das nun Realität wird.

Und: 43 Prozent Nein Stimmen sind auch ein Zeichen für die Stadt Luzern, beim Verkauf ihres Grundstückteils genau hinzuschauen, ob sie unter diesen Bedingungen mitmachen wollen. Da dürfen wir ja noch gespannt sein.