Ein Verteidigungsversuch zur Rappenspalterei

Die Luzerner Zeitung hat sich das Kantonsspital vorgeknöpft. Vom Wetter her kann man schon fast sagen: Zum Stopfen des Sommerlochs. Das Vergehen des Kantonsspitals ist üblicher als üblich: Es hat die Lieferung gewisser Waren ausgeschrieben und neu vergeben. Dabei kamen lokale Lieferanten nicht mehr zum Zuge. Der Vorwurf lautet nun: Rappenspalterei.
Völlig klar: Es gibt gute Gründe, lokales Gewerbe zu unterstützen und als öffentliches Unternehmen sowieso. Wieso sollten Steuergelder nicht in der Region bleiben? Will man dies vermehrt gewichten, braucht es aber eine Diskussion über die Regeln der Ausschreibung, eine andere Gewichtung der Faktoren, wobei schon heute der Preis nicht das einzige Kriterium ist.
Der Aufschrei, weil jetzt im Kantonsspital kein Knutwiler mehr getrunken wird, hat aber etwas Willkürliches. Unsere Vergabekriterien sind im Submissionsgesetz geregelt und schaffen so einen klaren Rahmen, an die sich die öffentliche Hand halten muss. Ansonsten sind die Grenzen hin zu Mauschelei, Vetterliwirtschaft und letztlich Korruption schnell einmal überschritten. Ein klares Submissionsgesetz ist zusammen mit einer unaufgeregten Kontrollkultur und der Trennung der verschiedenen Staatsgewalten ein wichtiger Riegel.
Der Aufschrei ist aber auch heuchlerisch. Wenn SVP-Kantonsrat Räto Camenisch den Entscheid als unsensibel bezeichnet (Debatte im März über die Gesundheitspolitik), dann vergisst er, dass seine Partei wie andere bürgerliche Kräfte den Staat stets aufrufen, die Sparmöglichkeiten voll auszuschöpfen. Aus ihrer Sicht ist an vielen Orten noch Luft drin, die abgelassen werden kann. Wenn dann halt am Schluss kein Blöterli mehr im Wasser übrigbleibt, so sollte es die gleichen Kreise nicht derart überraschen.

Luzerner Spitäler: Die Freiheit, langsamer statt schneller zu sein

Heute war zu lesen, dass das Luzerner Spitalzentrum für 900 Millionen Franken bis 2030 neu gebaut werden soll. Gut soweit, der Bedarf ist schon lange ausgewiesen. Die Ankündigung dieser Investition ist aber doch auch der richtige Moment, um zurückzublicken. 2010 hat die Stimmbevölkerung der Übertragung der Spitalbauten an die Spitäler zugestimmt und damit die Mitsprache des Kantons bei der Planung der Spitalbauten empfindlich zurückgestutzt. Hauptargument war im Abstimmungskampf, dass die Spitäler mehr unternehmerische Freiheiten haben müssten. In der dazugehörigen Botschaft hatte der Regierungsrat als Zusammenfassung eines Berichts einer Arbeitsgruppe geschrieben: Die Unternehmen würden flexibler, sie würden wettbewerbsfähiger und könnten schneller und bedarfsgerechter handeln.

So wird nun die Erstellung des neuen Spitalzentrums auf das Jahr 2030 angepeilt. Komisch nur, dass im Planungsbericht aus dem Jahr 2007 – damals von vom Kanton erstellt – zum Investitionsbedarf an den Spitälern noch von einer Fertigstellung des Spitalzentrums im Jahr 2021 ausgegangen wurde. Ach ja, und das sanierte Spital Wolhusen würde in einem Jahr eingeweiht. Der Neubau soll nun 2019 fertig werden.

Auch wenn der Kanton selber bauen würde, so würden nicht alle Termine gemäss Planung eingehalten – klar. Aber soll mir niemand sagen, der Spitalrat sei jetzt tiffiger gewesen als es der Kanton wäre.

Spitalpolitik: Da haben wir den Salat

Dass Spitalratspräsident Hans Amrein zurücktritt, weil er aus seiner Sicht zu wenig zu sagen hat, muss einem nicht weiter stören. Er hat mehrmals mit vorschnellen Auftritten, mit offiziersmässigem Auftreten und Starallüren keine guten Dienste fürs Spital geleistet.

Mehr zu denken gibt die verfahrene Situation, in der die Luzerner Spitalpolitik steckt. Wenige Jahre nach der Verselbständigung der Spitäler, kein Jahr nach der Übergabe der Spitalbauten an die neue Trägerschaft stehen wir planerisch vor einem Scherbenhaufen. Die Spitalstrategie, wie sie noch vom Kantonsrat Anfang 2008 abgesegnet wurde, wurde vom Spitalrat total über den Haufen geworfen, was gemäss Zeitungsmeldung wohl der Regierung nicht passte. Hans Amrein sagt beleidigt, der Spitalrat sei das oberste Entscheidungsgremium und nicht das zweitoberste, gleichzeitig wurde uns Grünen stets versichert, in den wichtigsten Fragen werde die Politik entscheiden. Wir haben stets darauf hingewiesen, das mit der Verselbstständigung die Politik zurückgestuft wird und in vielen Bereichen unklare Kompetenzen bestehen. Als der Kantonsrat die Spitalbauten aus den Händen des Kantons gab und dem Spitalrat übergab, wurde die ganze Sache noch verschärft.

Es ist Regierungsrat Guido Graf zu Gute zu halten, dass er sich dem Spitalrat nicht beugte, das Präsidium nicht mehr wählen wollte und damit ein Stück weit das Primat der Politik wiederherstellte. Nur sollte die Politik jetzt auch bereit sein, die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen und auch die Kompetenzen gesetzlich wieder Richtung Parlament verschieben. Ob dazu allerdings der Wille besteht…

Neubau Spital Luzern: Nicht wirklich vertrauenserweckend

Man erinnert sich: Nach einer Volksabstimmung gehen die Spitalbauten vom Kanton in die Hände des Spitalrats über. Die Spitalgesellschaft entscheidet nun auch über die Investitionen in die Gebäude. Zuvor hat der Kanton eine Spitalplanung vorgelegt, die noch vom Kantonsrat als vorbildlich gelobt wurde. Klar war bei der Behandlung 2008 dass Augenklinik, Kinderspital, das Spital Wolhusen und das Zentrumsspital saniert werden müssen.

Vor einiger Zeit wurde bereits bekannt, dass in Wolhusen statt einer Sanierung ein Neubau favorisiert wird. Kann vorkommen, dass während der Planung eine Sanierung gegenüber einem Neubau hinten abfällt. Dass jetzt aber auch überlegt wird, das Spitalzentrum durch einen Neubau zu ersetzen, wundert einem doch etwas. Das ist ein gewaltiger Kurswechsel und es erstaunt, dass jetzt doch wieder genügend Zeit vorhanden ist, um diese doch ziemlich grundsätzliche Frage nochmals zu prüfen – vor kurzem drängte die Zeit noch enorm und der Spitalrat signalisierte, dass er lieber gestern als erst heute mit dem neuen Sockelbau im alten Spitalgebäude hätte anfangen wollen.

Den Kantonsrat geht die ganze Sache ja nichts mehr an. Man liest auch als Kantonsrat aus der Zeitung, was der Spitalrat wieder neues plant. Ich hoffe mir, dass der eine oder die andere Kantonsrätin sich auch noch Gedanken macht, ob die politische Unkontrolle dieser Entscheide so gescheit ist.

Verschlungene Argumentation des Spitalrats

Spitalratspräsident Hans Amrein widerspricht heute in der Neuen LZ meinem Vorwurf, der Spitalrat habe vor der Abstimmung über die Übertragung der Spitalbauten nicht über mögliche kantonale Finanzspritzen für die Gebäude gesprochen. Er habe am 3. Oktober 2009 in der Zeitung gesagt: „Sollten die künftigen Tarife und Marktverhältnisse nicht zulassen, die Liegenschaftskosten voll abzudecken, ist für mich klar: Dann müsste der Kanton im Sinne seines Versorgungs- und Leistungsauftrags an die Spitäler für den Mehraufwand einspringen.“

Als kleine Replik hier:

  • Weder sind heute andere Tarife als am 3. Oktober bekannt noch hat sich an den Marktverhältnissen etwas geändert.
  • Im Abstimmungskampf hat sich Hans Amrein immer mit flammenden Voten für die Übertragung der Spitalbauten ausgesprochen. Von einer möglichen Finanzierungslücke war nie die Rede.
  • Das Problem liegt bei den zu tief geschätzten Sanierungskosten respektive der Spitalrat hat es vor der Abstimmung versäumt, klar aufzuzeigen, ob er zu den gegegebenen Bedingungen die Spitalbauten auch finanzieren kann. Zwei Monate später aufzutreten und vom Kanton Geld zu verlangen, sorry, aber das finde ich einen unprofessioneller Auftritt, der das Vertrauen in den Spitalrat nicht stärkt.

Hans Amrein hält mir vor, ich hätte es versäumt, die Zeitungen zu lesen. Ich kann ihn beruhigen: Ich lese regelmässig Zeitungen, natürlich auch die Neue LZ. Aber ehrlich gesagt: Wenn der Spitalrat mit einer Vorlage des Kantonsrats nicht einverstanden ist, würde ich doch erwarten, dass er den Kantonsrat direkt darüber informiert und sich bei den EntscheidungsträgerInnen meldet.