Einmal mehr: Die Linken sind mitschuld

In der Luzerner Zeitung hat bereits deren Korrespondent anfangs Woche den „inzestuösen Seilschaften“ innerhalb der Regierungspartei eine Mitschuld am Attentat in Norwegen zugeschoben. Mit dieser solle jetzt der Regierungschef aufräumen. Man hat sich da die Augen gerieben und gedacht: Hallo, was soll das?
Der heutige Kommentar von Jan Flückiger ist einiges intelligenter. Er schreibt richtig, dass man die Rechtsaussenparteien nicht verantwortlich für das Massaker machen kann. Tatsächlich würde ich mich persönlich auch dagegen verwahren, mit Ökoterroristen oder mit dem Schwarzen Block in einen Topf geworfen zu werden, auch wenn gewisse – aber tatsächlich nur gewisse – Inhalte uns verbinden.
Irritiert bin ich aber, in welcher Form einmal mehr die Linke angegriffen wird. Diskussionen könnten nicht stattfinden, die Diskussionen würden nicht offen und tabulos geführt, wirft uns Jan Flückiger implizit vor. Tabuisierung? Wo bitte findet die denn statt? Kein anderes Thema beherrscht die Medien doch so stark wie der Umgang mit MigrantInnen, die Integrationsfrage oder Ausländerkriminalität. Kaum ein anderes Thema kommt mit Sicherheit an jeder Kantonsratssession einmal vor, wird auf einem Schülerpodium angesprochen oder füllt die Leserbriefspalten. Und die Linke beteiligt sich: Sie schlägt Integrationskonzepte vor, wirbt für Gelder in diesem Bereich oder versucht, etwas zurechtzurücken. Wir Grünen haben dazu zum Beispiel vor einem Jahr ein Papier zur Integrationsfrage verabschiedet. Nicht dienen können wir aber mit groben Sprüchen, saloppen Äusserungen oder Vereinfachungen. Wenn man das dann als Tabuisierung ansieht, na dann halt…
Immerhin nimmt Jan Flückiger die rechten Parteien in Europa ebenfalls in die Pflicht und fragt sie, „wie weit sie mit ihrer teilweise tatsächlich fremdenfeindlichen Rhetorik gehen wollen“. Das ist aber mehr als milde formuliert und nimmt komischerweise auch weniger Platz ein als die Vorwürfe an die Linke. Dass in diesem Zusammenhang nicht einmal der Name der SVP fällt, ist eine weitere Merkwürdigkeit.
Vielleicht müssten sich die Medien inklusive Luzerner Zeitung aber selbstkritisch die Frage stellen, ob jeder noch so grobe Vorwurf von Seiten der SVP gegen AusländerInnen so oft eine fette Schlagzeile hergeben soll oder ob es nicht gescheiter wäre, wenn auch diese Zeitung auf etwas mehr Hintergrundartikel setzen sollte.

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