Wenn einer eine Mauer baut.

In Italien, Frankreich und Ungarn jubilieren Männer und eine Frau, die ebenfalls Mauern bauen wollen. Mauern gegen Migranten, gegen eine Erde, die sich dreht und verändert. Das kommt uns auch in der Schweiz nicht unbekannt vor.

Dass da ein Teil der Bevölkerung auf diesen kruden Populismus ansprechbar ist, das wussten wir. Dass es für diese Mehrheit reicht, das schockiert. Was tun? Eine Annäherung.

1.       Kein Populismus von links

Natürlich ist die Verlockung da. Wenn von rechts geschossen wird, von links ebenso zurückzuschiessen. Klassenkampfrhetorik, wettern gegen die da oben und gegen die Abschaffung des Sozialstaates, das können wir und haben es intus. Aber ebnen wir damit nicht erst den Boden für den Populismus von rechts und können wir damit gewinnen? Ich glaube nicht. Oft wird uns Grünen vorgeworfen, wir seien zu vernünftig, zu faktenlastig. Aber: Bleiben wir bei den Fakten. Sonst kommen wir vom Weg ab.

2.       Erklären, erklären, erklären

Natürlich brauchen wir eine klare einprägsame Botschaft, da dürfen wir noch etwas zulegen. Die Welt wird aber nicht einfacher, indem man sie vereinfacht. In den Sachgeschäften ist es unsere verdammte Pflicht, den Menschen unsere Haltung und unsere Meinung zu erklären. Wofür wir stehen und wofür man uns wählen soll.

3.       Zu den Leuten gehen

Wir müssen wieder mehr zu den Leuten. An unseren Standaktionen sind oft die gleichen zehn bis zwanzig Aufrechten vor Ort. Zu viele Grüne haben sich aus dem Gespräch auf dem Dorfplatz, am Markt oder in Vereinen verabschiedet. Aber nur im Gespräch können wir diesen Dialog führen. Das ist doch auch eine Lehre aus diesen Wahlen: Die Medien sind wichtig, aber sie alleine überzeugen die Leute ganz offensichtlich nicht.

4.       Und natürlich: Eine Politik für alle Menschen

Wir haben in der Schweiz keine Menschen, die derart perspektivenlos sind wie sie es in gewissen Gebieten der USA, aber auch in den Banlieues in Frankreich oder in gewissen mittelosteuropäischen Gebieten sind. Aber auch bei uns ist ganz klar: Die soziale, wirtschaftliche und gesellschaftliche Integration ist enorm wichtig. Das müssen sich in Luzern und schweizweit die FDP und CVP hinter die Ohren schreiben. Mit weiteren Kürzungen und ohne Perspektiven treiben sie die Leute in die Arme der SVP, die sie dann mit ihren Trump’schen Mauerschauermärchen einlullt.

Weils kein Thema ist, drum nur kurz

Gestern Mario Fehr, heute Guido Graf und Martin Bäumle. Die Burkaverbotsfront wächst täglich an – auch wenn die genannten nicht erst seit diesem Bekenntnis eher zum populistischen Politikfeld gehören und deshalb diese Bekenntnisse nicht weiter überraschen.

Hand aufs Herz: Wie oft haben Sie eine Frau mit Burka im Fernsehen gesehen und wie oft sind Sie einer Frau mit Burka tatsächlich begegnet? Will heissen, wie real ist das Thema? Ich sehe selten einmal eine Burkaträgerin am Bahnhof Zürich. Also kümmen wir uns doch um real existierende Themen und Probleme und stürzen wir uns nicht in eine Diskussion, bei der man wunderbar ins Fabulieren kommen kann, die aber keinen Nutzen hat. Drum endet hier dieser Blog auch schon.

Aber ein PS muss doch noch sein: Mario Fehr begründete seine Haltung damit, dass er zu Touristinnen nicht freundlich sein könne, wenn er sein Gesicht nicht sehen könne. Vielleicht bin ich zu wenig oft auf Stimmenfang, aber offen gestanden: Um als freundlicher Mensch durch die Welt zu gehen, muss man ja nicht jede Touristin ansmilen.

Scheinheilige Medien

Gerade erhielt ich wieder ein Telefon, dieses Mal von der Luzerner Zeitung, zur Geschichte Bernard Kobler, CEO der Kantonalbank. Der Mann hat ausserehelich ein Kind gezeugt und steht nun in einem gerichtlichen Streit mit der ehemaligen Geliebten. Auch wenn die Berichterstattung aus einem voyeuristischen Blickwinkel ein intessantes Sittengemälde gewisser Einkommensklassen unserer Zeit abgibt, so geht es um eine Privatsache, die nicht an die Öffentlichkeit gehört. Sicher nicht, bis ein Gericht den Sachverhalt geklärt hat. Und sicher müssen jetzt nicht plötzlich wir Politiker unseren Senf dazugeben, nachdem man die Kantonalbank wie andere Bereiche des Kantons immer weiter vom Parlament weggerückt hat.

Merkwürdig in der Sache ist das Verhalten der Medien.  Wie etwa heute in der Luzerner Zeitung: Im Kommentar zum Sonntag bemitleidet Thomas Bornhauser den CEO, der als öffentliche Person mit solchen Vorwürfen leben müsse. Trotzdem kocht auch die Luzerner Zeitung die Geschicht hoch und breitet 13 Seiten weiter hinten alle Details aus. Und plant auf morgen bereits den nächsten Artikel. Aber vielleicht ist das ja die Konsequenz eines Forumblattes, in dem alles irgendwie vorkommen soll: Vorne die Moral, hinten dann Sex und Skandal.

Hier spricht Radio Moskau

Gérard Depardieu hat das Angebot von Wladimir Putin, russischer Staatsangehöriger zu werden, angenommen. Er begründet dies mit einer „abgöttischen Liebe zu Russland“. Er erinnerte auch an seinen Vater, der überzeugter Kommunist gewesen sei und jeweilen Radio Moskau gehört habe. Er selber ist von einem Sozialisten, der in Frankreich eine Reichensteuer einführen wollte, ausser Land vertrieben worden. Nun gibt es die Sowjetunion und den dortigen Kommunismus nicht mehr. Man trauert ihm nicht nach, aber in einem solchen Moment würde man trotzdem gerne wissen, was Radio Moskau in den 60er oder 70er Jahren über einen reichen Steuerflüchtling wohl berichtet hätte.

Scherrif Guido Graf und seine Zeitungsgehilfen

Man hatte Mitte Juli gemeint, Guido Graf hätte seinen Auftritt fürs Sommerloch gehabt und mit seinem Strauss an Ideen zur härteren Gangart gegenüber Asylbewerbern sich, der Luzerner Zeitung und einem Teil des Publikums genug Show geboten. Ob Handyverbot, Schliessung der Asylunterkünfte um 22 Uhr oder die Angst vor Ansammlungen am Bahnhof, Guido Graf bot Spektakel, um Angst und Schrecken vor vermehrter Kleinkriminalität zu thematisieren und auch zu schüren und die Luzerner Zeitung machte willig mit. Die Wirkung der Schlagzeilen geht ja mittlerweilen so weit, dass ältere Menschen sich tagsüber fürchten um die Ecke in der Migros einkaufen zu gehen, völlig jenseits der guten Sicherheit, die wir immer noch haben.
Ob die Massnahmen überhaupt was bringen, wurde kaum diskutiert. Ist es sinnvoll, wenn Asylsuchende nach 22 Uhr ausgesperrt werden? Fördert das nicht grad Kleinkriminalität? Ist das tragbar für jene, die sich an die Regeln halten? Was bringt ein Handyverbot und wo bringt es grosse Einschränkungen? Wann passieren die Taschendiebstähle überhaupt? Und genügt es für Massnahmen, wenn auch Polizeileute suggerieren, ein paar Dutzen Nordafrikaner unter dem KKL-Dach sei eben schon beunruigend, wie es in der Zeitung stand? Und weshalb diktiert Sozial- und Gesundheitsvorsteher Guido Graf neue Massnahmen im Bereich der Sicherheit, die nicht seinem Departement zustehen?
Man liest gerne das Interview mit Mario Fehr im gestrigen Tages-Anzeiger. Er zeigt auf, was möglich ist und was nur dem Schaufenster dient (so nannte ich Guido Grafs Politik bereits Mitte Juli in der Luzerner Zeitung). Es klingt etwas Unspektakulärer, ist mir aber einiges sympathischer als Grafs markige Worte, die auch darüber hinwegtäuschen, dass er trotz prinzipieller Einigung mit Luzern und Kriens die Unterbringung der Asylbewerber noch nicht im Griff hat – was eine seiner Hauptaufgaben wäre. Weiss jemand, wie der Stand der Dinge in Fischbach ist? Guido Graf ist besser im Scherrif spielen als in der Erledigung seiner Hauptaufgaben.
Im Gegensatz zum nüchternen Interview im Tagi hat Guido Graf gestern nochmals – hoffentlich als Ende des Sommerlochs – in der Luzerner Zeitung viel Platz erhalten, um neue Ideen zu liefern. Nun sollen nicht nur die Luzerner Asylbewerber (notabene nur jene, die in Heimen wohnen – jene in Privatwohnungen werden anders behandelt) ab 22 Uhr weggesperrt werden, sondern Asylbewerber sollen nur noch mit Bewilligung ihren Kanton verlassen dürfen. Abgesehen von der hirnrissigen Bürokratie einer solchen Idee widerspricht sie jeglichen Vorstellungen von Bewegungsfreiheit und einigermassen modernem Menschen- und Staatsverständnis.

Abendländische Kultur und Zwangsheiraten

CVP-Nationalrat Ruedi Lustenberger wird heute in Zeitungen zitiert: „Zwangsheiraten sind mit unserer abendländischen Kultur absolut unvereinbar.“ Deshalb fordert er härtere Strafen,

Aber bitte sehr: Wer hat denn während Jahrhunderten hier Menschen zu Ehen verpflichtet, wenn nicht gerade diese abendländische Kultur? Unehelich Schwangere mussten heiraten, um nicht verstossen zu werden, anderen Heiratsunwilligen wurde mit der Enterbung gedroht, egal ob adelig oder in Bauernschichten. Und wehe, man hat den oder die Falsche mit nach Hause gebracht – viele ältere Menschen können heute noch davon erzählen. Ehen waren nicht möglich aus ökonomischen und politischen und natürlich auch religiösen Gründen. Und vielen war die Ehe schlicht verboten, da sie zu wenig verdienten. Solche Eheverbote fanden teilweise sogar Niederschlag in der Gesetzgebung. Erste Aufpasserin und Einmischerin war dabei stets die katholische Kirche. Von wegen abendländische Kultur der freien Partnerwahl.

Die freie Wahl des Lebenspartners, der Lebenspartnerin ist eine Errungenschaft der modernen Zeit, der Zivilgesellschaft. Dagegen haben sich ausgerechnet die Vorgängerformationen der CVP gewehrt. Schön, dass sie dies überwunden hat, aber vielleicht würde es ihr gut anstehen, jetzt nicht zu laut zu heulen.

Bussen: Huch, da kommt Stimmung auf

Heute in der Luzerner Zeitung, zum x-ten Mal die gleiche Debatte. Auf die Erhöhung des Bussenbudgets dürfen rundum die Autoverbände und Bürgerlichen bis hin zu den Grünliberalen ihr Entsetzen zum Ausdruck bringen – immerhin hat sich die CVP ausgenommen. Die ganze Folklore wurde wieder vorgeführt, das sei Fiskalpolitik, eine Erhöhung um 20 Prozent sei stossend, das Ganze diene gar nicht der Verkehrssicherheit etc etc. Das Entsetzen ist in diesem Bereich schnell einmal grenzenlos.
Komisch nur, Bussen gibts ja nur, wenn sich Leute nicht regelkonform verhalten. Weshalb dieser Aufschrei auf bürgerlicher Seite? Man stelle sich nur einmal vor, man würde in anderen Bereichen nicht regelkonformes Verhalten derart in Schutz nehmen. Dort ist doch auch dann auch egal, ob eine Strafe tatsächlich mehr Sicherheit schafft, ob sie verhältnismässig ist oder ob man auch mal ein Auge zudrücken könnte. Durchgreifen, Grenzen setzen, Rechtsstaat durchsetzen und ähnlich heissen dann die Parolen.

Schade, sie kandidiert nicht…

Yvette Estermann wollte in den zweiten Wahlgang zum Ständerat einsteigen, wurde aber von der Parteileitung ausgebremst.. Dies vermeldet die Luzerner Zeitung

Ich hättedas prima gefunden. Es wäre eine gute Gelegenheit gewesen, dass auch die Zentralschweizer Presse Yvette Estermann einmal etwas genauer unter die Lupe genommen hätte. Ihr Doktortitel, ihre kuriose Stiftung, und ihre Doktortitelmühle „Freie Universität Teufen“, all diese Dinge waren in der Luzerner Zeitung kein Thema oder grad genügend für ein Kästli. Denn bisher mussten wir immer wieder im Tages-Anzeiger davon erfahren. Gemäss Kommentar von Thomas Bornhauser gilt Yvette Estermann gar zu den profilierten Politikerinnen (womit genau? Abschaffung Sommerzeit oder dem Absingen der Nationalhymne im Parlament?).

Wahlkampagnen – kurzer Zwischenstand

Heute hat Yvette Estermann in der Luzerner Zeitung ein ganzsseitiges Inserat geschaltet. Mutmasslicher Preis: 14’570 plus Mehrwertsteuer. Mit dem Flugi und all den Plakaten sind wir wohl bei gut 50’000 Franken bisher.

Aber andere holen auf: Von Martin Schwegler habe ich ebenfalls ein Flugi erhalten wie auch von Angela Pfäffli. Die Kandidaten der SVP setzen derweilen eher auf APG-Plakate, wie Erwin Dahinden, der mit seiner Unabhängigkeit wirbt (ist mir in vier Jahren Kantonsrat nie aufgefallen…) oder Fredi Zwimpfer, der wie die Bauernliste auf den Ausgleich Stadt Land hinarbeitet. Hanspeter Bucher tritt in Schwingerhosen auf und Elisabeth Zanolla lächelt, aber ich weiss nicht mehr wofür.

Es werden sicher noch mehr Flugblätter und grossformatige Inserate erscheinen. Ich werde weiter zusammenzählen.