Wie wir die Herausforderungen beim Bahnausbau bewältigen können

Massive Verzögerungen, hohe Mehrkosten und ein Angebotskonzept, das nicht realisierbar ist, manchmal könnte man über den Bahnausbau in der Schweiz verzweifeln. Vor fünf oder sechs Jahren waren wir so stolz: Mit dem Bahninfrastrukturfonds sollte das Geld für den Unterhalt und den Ausbau auf lange Frist ausreichen, neue Projekte in Angriff genommen werden und der Modalsplit zu Gunsten der Bahn verändert werden.

Als im Sommer 2022 mit der Vernehmlassung zu den Bahnperspektiven 2050 klar wurde, dass es grobe Verzögerungen und Mehrkosten geben würde, fragte ich hier, ob der Ausbau 35 entgleist sei. Damals gab es Beschwichtigungen. Aber heute wissen wir, dass das Geld niemals reicht um die einst geplanten Massnahmen umzusetzen und dass grundsätzlich neu geplant werden muss, um dieses Angebotskonzept fahren zu können. Bundesrat Rösti hat Ulrich Weidmann den Auftrag erteilt, einen neuen Vorschlag zu erarbeiten. Wir werden in Bälde erfahren, was er vorschlägt und ob es ein weiser Entscheid war, die Liste weiterer Bahnausbauten in externe Hände zu legen.

Die Bevölkerung der Schweiz nimmt weiter zu, gleichzeitig will der Bund mehr Menschen auf den öV bringen und die Städte erst recht. Dazu braucht es jetzt einen klaren Plan, damit diese Verzögerungsmeldungen aufhören und der Ausbau rascher vorangeht.

  1. Den BIF nachjustieren und die Finanzierung klären.

Die Euphorie über den BIF war verständlich, die Fondslösung erlaubte es, den Bahnausbau aus dem alltäglichen Finanzhickhack herauszuhalten. Ganz ist dies aber doch nicht gelungen. Wir bedienen uns diesem Fonds, um zum Beispiel den Güterverkehr zu fördern oder der Bund plant die Einlagen aus der Schwerverkehrsabgabe um 200 Mio. Franken zu verkleinern, um seine angeblich klammen Finanzen aufzufrischen. Die Konferenz der kantonalen öV Direktoren hat bereits protestiert. Tatsächlich: So geht das nicht. Im Gegenteil – wir müssen darüber sprechen, dass das heute befristete Mehrwertsteuerpromille über 2030 hinaus beibehalten wird wie auch die Mittel aus der Mineralölsteuer. Der Bundesrat äusserte sich in einer Interpellation von Eva Herzog dazu pessimistisch. Er ängstigt sich vor der nötigen Volksabstimmung, doch diese Befürchtungen nehmen wir ihm gerne. Beide Massnahmen ergeben zusätzlich 700 Millionen Franken pro Jahr. Mit diesen zusätzlichen Geldern sieht die Entwicklung für den BIF bedeutend besser aus.

  1. Die Aggloprogramme stärken

Das grösste Verkehrsproblem haben wir in den Agglomerationen und im Verkehr innerhalb dieser Agglomerationen, die meisten Fahrten sind recht kurz und im Gegensatz zu den innerstädtischen Gebieten und im nationalen Verkehr – hier ist schon ein grosser Teil im öV unterwegs – gibt es ein markantes Umsteigepotenzial vom Auto auf den öV.  Wenn wir die Mobilität in diesen dichten Gebieten aufrecht erhalten wollen, braucht es Massnahmen, die mit Aggloprogrammen gefördert werden: Velospuren, Verkehrsleitsysteme, Busbevorzugung oder neue Tramlinien. Die Aggloprogramme werden aus dem Autobahn- und Agglomerationsverkehrsfonds gespiesen. Eine Konsequenz aus dem Nein zum Autobahnausbau muss die längst geforderte Erhöhung des Anteils für die Aggloprogramme sein. Mitspielen müssen allerdings auch die Kantone, die recht unterschiedlich ihre Programme umsetzen und planen.

Meine parlamentarische Initiative mit diesem Inhalt wurde von der nationalrätlichen Verkehrskommission bereits angenommen. Der Ständerat muss sich nun anschliessen. Oder noch besser: Der Bundesrat nimmt das Anliegen gleich selber auf.

  1. Eine höhere Mitfinanzierung von schienengebundenen Transportmittel

Während der Bahnausbau vollständig aus dem Bahninfrastrukturfonds bezahlt wird – wobei hier die Kantone ebenfalls miteinzahlen – werden Trams oder andere schienengebundene Transportmittel über Aggloprogramme vom Bund mitfinanziert, der höchste Anteil liegt bei 50 Prozent, wobei er einheitlich für das gesamte Programm gilt. Das hat den Sinn, dass die Kantone angehalten sind, möglichst gute Gesamtprojekte einzureichen. Aber es besteht natürlich ein Fehlanreiz: Die Kantone verlangen viel eher einen Bahnausbau als eine Verlängerung einer Tramlinie. Deshalb ist es eine starke Überlegung wert, dass innerhalb der Aggloprogramme solche Projekte einen höheren Beitrag erhalten. Mit einer höheren Gesamtsumme für die Programme müssten andere Teile nicht darunter leiden. Mein Vorstoss dazu wird in einer der nächsten Kommissionssitzungen diskutiert, aber auch hier: Der Bundesrat darf die Idee gerne übernehmen.

  1. Klärung des Unterhaltsbedarfs

Beim der Diskussion um den letzten Rahmenkredit für den Unterhalt des Bahnnetzes sahen wir eindrucksvoll, wie stark der Bedarf schwanken kann. Der Wiederbeschaffungswert für das ganze Bahnnetz in der Schweiz beträgt stolze 170 Milliarden Franken. Klar, bracht es da auch Milliardenbeträge pro Jahr für den Unterhalt und gemäss Vorgaben hat der Unterhalt vor dem Ausbau Vorrang. Aber ob man pro Jahr davon ausgeht, es brauche statt 1.8 Prozent der Gesamtsumme für den Unterhalt oder 2 Prozent, so sind das bereits 340 Millionen Franken pro Jahr.  Wir sollten den Unterhalt nicht vernachlässigen, brauchen aber auch hier eine Diskussion, wie viel nötig ist und wie er auch günstiger möglich sein könnte. Auch in der Schweiz geht man dazu über, vermehrt Linien für kürzere Zeiten zu schliessen um rascher und einfacher arbeiten zu können.

Dazu kommt noch, dass bei der Überprüfung des Angebotskonzepts 2035 von Seiten SBB ganz viele neue Projekte auftauchten, ohne die es nicht gehen soll. Darunter sind zum Beispiel mehrere Bahnhofsausbauten in kleineren Städten. Dabei haben sich die Passagierzahlen etwa so entwickelt, wie sie schon in der Botschaft zum Bahnausbau 2035 dargestellt wurden. Niemand konnte mir bisher erklären, weshalb dann diese Bahnhöfe ausgebaut werden müssen.

Eine hochkomplexe Angelegenheit, aber da es um sehr hohe Summen geht, braucht es auch hier eine enge Begleitung und Aufsicht durch den Bund.

Fazit: So düster, wie die Bahnentwicklung manchmal diskutiert wird, muss sie nicht erfolgen. Aber für einen weiteren Erfolg braucht es diese Massnahmen.

Wer möchte auf diesen Plätzen wieder Autos statt Stadtleben?

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann das Auto das Bild und das Leben vieler Orte und Menschen zu prägen. Die Zahl der Autos nahm rasant zu, neue Strassen wurden gebaut und viele Flächen wurden zu Autoparkplätzen. Wo früher Märkte waren, Leben stattfand, stand jetzt ein Auto neben dem andern oder sie fuhren selbst durch enge Altstadtgassen.

Anfang der 70er Jahre wuchs der Unwillen gegen diese Verschandelung der Städte. In Luzern war zum Beispiel selbst der Weinmarkt ein Parkplatz. 15’000 Personen hatten 1972 eine autofreie Altstadt gefordert und 1973 schloss sich die City-Vereinigung dem Anliegen an. Auf Antrag der Stadt erliess dann der Regierungsrat auf weiten Strecken in der Altstadt ein Fahrverbot. Ausnahmebewilligungen und einzelne Parkplätze gaben aber weiter zu reden. Aber:

Wer kann sich heute vorstellen, dass der Weinmarkt ausser für den Umschlag von Waren als Parkplatz dienen könnte? Wer möchte diesen Zustand zurück? Das Flanieren durch die Altstadt ohne ständige Gefahr einer Kollision mit einem Auto ist ein grosser Pluspunkt, Restaurants bedienen draussen. Es ist eine völlige Selbstverständlichkeit, auch wenn es auf anderen Plätzen noch viel länger ging.

 

Vielen ist noch lebhaft die lange Diskussion um den Mühlenplatz in Erinnerung. Dieser wurde erst 2008 autofrei, auch damals gab es Widerstand vom Gewerbe, doch dieses war nach Einführung sehr zufrieden, der Mühlenplatz sei einer der schönsten von Luzern 

Es brauchte zuerst einen Versuchsbetrieb während einiger Sommer, wie oft ging es lange, doch nach der Aufhebung der Parkplätze auf dem Mühlenplatz konnten mehrere Restaurants den Aussenplatz nutzen, er ist ein beliebter Treffpunkt, es gibt weiterhin kleinere Läden und wenn nötig, kann auch ein Auto parkieren, wie es in der ganzen Altstadt der Fall ist. Wieder die Frage: Wer möchte die Zeit zurückdrehen und vermisst die Parkplätze auf dem Mühlenplatz?

Das gleiche gilt für den Kapellplatz, der früher auch als Parkplatz diente, auf dem Bild hier schon etwas umgestaltet, aber die Blumenkisten verbesserten die Nutzbarkeit des Platzes auch nicht wirklich.

Aber nicht nur die Altstadt wurde autofrei, mehrere Plätze in der Stadt Luzern sind heute angenehme Aufenthaltsorte, waren aber vor 20, 30 oder mehr Jahren von Strassen durchschnitten oder eben von Autos überstellt. Hier ein Plan des Helvetiagärtlis vor der Umgestaltung. Die Waldstätterstrasse ist durchgehend befahrbar. Wo heute verschiedene Bars und Restaurant wirten und ein Kleinod entstanden ist, war schlicht eine Strassenfläche.

Auch vor dem Bourbaki ist eine Freifläche entstanden, die zuvor als Parkplatz diente und verschiedene Strassen wurden etwa im Bruchquartier umgestaltet. Es gibt heute mehr Bäume, etwas weniger Parkplätze auf offener Strasse und jetzt neu im Hirschmattquartier Versuche, die Parkplätze anders und effektiver zu nutzen.

Das entspricht auch der ursprünglichen Planung der Quartiere rund um die Altstadt: Sie wurden in einer Zeit geplant und grösstenteils gebaut, als es noch keine Autos gab. Diese Quartiere sind tatsächlich dicht, aber der Eindruck des Strassenraums ist durch die vielen Parkplätzen und die Dominanz des Autoverkehrs geprägt. Etwas weniger verstellt, sehen diese Strassen viel grosszügiger aus, wie hier die Hirschmattstrasse selber.

Und majestätische Gebäude kommen besser zur Geltung, wenn sie nicht vom Verkehr verschluckt werden und nicht nur in der Altstadt ihre Schönheit entfalten, wie hier an der Ecke Hirschmatt-Pilatusstrasse. Natürlich können diese Flächen nicht mehr völlig freigespielt werden, die Bevölkerung ist massiv gewachsen, die Bedürfnisse ebenfalls, doch andere Städte zeigen, dass mit Superblocks in Barcelona, mit Verkehrsberuhigungen in Paris viel drin liegt.

Und Luzern hat sich auch längst auf diesen Weg gemacht. Mit der Initiative der Jungen Grünen für autobefreite Quartiere kann die Stadt diesen Weg rascher und konsequenter gehen. Es wäre ihr vergönnt – und natürlich den Menschen dieser Stadt – wenn dies gelingt, wie es auch das städtische Parlament empfiehlt.

Denn es ist auch klar: Der Weg zu einem Siedlungsraum, der nicht vom Autoverkehr und auch nicht von autobeparkten Aussenraum geprägt ist,  ist keine Einbahnstrasse: Der Widerstand ist da und wird auch auf Bundesebene lauter. Das Bundesparlament schaut den Städten und Gemeinden sehr kritisch auf die Finger und möchte ihnen eine eigenständige Verkehrspolitik erschweren, sei es bei Tempo 30 oder weitergehenden Versuchen. Und beim Kanton stapeln sich die Gesuch für Tempo 30 auf Kantonstrassen. Pro Jahr sollen etwa drei Gesuche abgearbeitet werden. Das geht für viele viel, viel zu lange.

Wer sich in einem immer dichteren Siedlungsraum einer effizienten, platzsparenden Mobilität widersetzt, verpasst es, in der Dichte  Lebensqualität für die Menschen zu schaffen.

Fotos:

Stadtarchiv Luzern: Stadtrat will autofreien Weinmarkt / Lorenz Fischer /  Helvetiaplatz und allgemeine Unterlagen / Hirschmattstrasse / Hirschmattstrasse 44 Habsburgerstrasse 20

Mobilität: Weg vom Immer-mehr und Immer-breiter

Das Nein zum Autobahnausbau war eine Klatsche für das gesamte bürgerliche Polit-Establishment. Für sie war klar, die Schweiz ist ein Autoland und stimmt für breitere Autobahnen.

Doch es kam ganz anders: Mit dem Nein wurde klar, dass eine Politik des immer-weiter-immer-breiter keine Mehrheit findet. Albert Rösti versuchte noch am Abstimmungssonntag das Nein auch als wachstumskritisches Votum zu deuten. Doch die Analysen zeigen klar, die Bevölkerung sagte nein, weil sie weiss: Mehr Strassen bringen am Schluss mehr Stau und zugleich waren die Befürchtungen zu den Umweltauswirkungen ausschlaggebend.

Wer dieses Abstimmungsresultat ernst nimmt, muss die Verkehrspolitik neu ausrichten:

  • Keine Kapazitätsausbauten bei den Autobahnen
  • Eine Förderung der umweltschonenden Mobilität

Bundesrat Albert Rösti hat im Nachgang zur Abstimmung gefordert, dass die einzelnen Verkehrsträger (noch) besser aufeinander abgestimmt werden müssten. Er hat damit zugegeben, dass darauf zu wenig geachtet wurde. Dabei wäre das Instrument schon längst vorhanden. Es nennt sich Sachplan Verkehr und wurde unter seiner Vorgängerin Simonetta Sommaruga entwickelt. Es zeigt auf, mit welchen Massnahmen in den Regionen Auto, öV, Velo oder Fussverkehr aufeinander abgestimmt werden.

Aus eigener Luzerner Erfahrung kann ich sagen: Das wurde bisher kaum oder gar nicht gemacht. Die Planung des Autobahnausbaus Bypass ist lokal nicht mit dem öV oder gar mit dem Durchgangsbahnhof abgestimmt.

Nun will der Bundesrat die Planung neu aufnehmen und dabei Strassen- und Bahnprojekte zuerst überprüfen lassen und dann besser miteinander verknüpfen, eine Begleitgruppe und ein Soundingboard sollen diese Arbeiten begleiten. Die Überprüfung erfolgt extern unter der Leitung von ETH-Professor Ulrich Weidmann.

Der Einbezug breiterer Akteure ist richtig, und eine externe Überprüfung bringt eine Aussensicht. Wichtig sind jetzt folgende Punkte:

  • Inhaltlich muss klar sein, wohin die Reise geht. Ein besserer öV und keine Kapazitätserweiterungen bei den Autobahnen. Es reicht nicht, ein Autobahnausbau mit einer paar Meter Tramverlängerungen zu kombinieren. Die Verkehrswende muss jetzt verstärkt werden.
  • Um Staus in den Ballungszentren beizukommen braucht es eine Stärkung der Aggloprogramme. Ohne rasche und höhere Investitionen in diesem Bereich werden wir keine Lösung haben.
  • Gleichzeitig mit der Diskussion über die Infrastrukturen braucht es jene zur Finanzierung und Ablösung der Mineralölsteuer. Sie muss darauf ausgelegt werden, eine fossilfreie, platzsparende Mobilität zu fördern.
  • Externe Meinungen aus der Wissenschaft sind wichtig. Der Auftrag an einen Professor ist aber zu wenig, es braucht die ganze Palette. Und: Diese Übung darf nicht dazu dienen, die Verantwortung für Entscheide abzuschieben.

Wo Reisezeitgewinne sinnvoll sind – und wo sie wenig bringen

Ein Thema taucht immer häufiger auf: Wir müssten in der Schweiz ein neues Hochleistungs-Bahnnetz bauen um  mehr Leute auf den Zug zu bringen respektive ans europäische Netz angeschlossen zu sein. Ich habe bereits im Winter eine Stellungnahme geschrieben – wollen wir möglichst viele Leute auf die Bahn bringen, so brauchen wir vor allem ein Umsteigen in den Agglomerationen. Dort ist das Potenzial besonders hoch. In einem Postkartenwunsch hat Florence Vuichard in den CH Medien vom Frecciarossa geschwärmt und Bundesrat Rösti aufgefordert, die alten Pläne für die Haupttransversale wieder auszupacken.

Ich habe darauf mit Skepsis reagiert und viele Reaktionen ausgelöst. Einige finden, wir müssten auch in der Schweiz die Reisezeiten über längere Strecken massiv verkürzen. Ich gehe hier gerne konkreter auf diesen Wunsch nach schnellen Verbindungen ein.

Stundentakt und Knoten – eine Schweizer Errungenschaft

Man darf ruhig auch einmal die Schweiz von aussen betrachten: Im Bereich der Bahn löst sie Bewunderung aus. Vor allem der Stundentakt ist eine tolle Sache, umso mehr dort, wo auch die Knoten funktionieren. Will heissen: Die Züge kommen kurz vor der vollen Stunde (oder halben Stunde) an und die Anschlüsse fahren kurz danach ab. Wenn nicht grad ein Zug steckenbleibt, ergibt das sehr gute Verbindungen überall hin. Unser Problem ist aber: In einigen Städten funktioniert dieser Knoten nicht vollständig. So in Luzern, St. Gallen oder in Lausanne. Die Reisezeiten sind etwas zu lang oder die nachfolgenden Strecken passen nicht in dieses System. Also müssen wir schauen, dass diese Reisezeiten verkürzt werden. Dabei reicht es aber, einige Minuten einzusparen und dazu brauchen wir keine durchgehenden Hochleistungslinien. Die bringen zwar noch weitere Reisezeiteinsparungen, die jenen zugute kommen, die genau diese Strecke fahren, doch ganz viele brauchen noch einen Anschluss.

Schnelle Verbindungen bis zur Grenze – und dann?

Immer wieder wird daran erinnert, dass uns mit der NEAT eine Reisezeit Zürich – Milano von gut 2 Stunden versprochen wurde. Es sind heute deutlich über 3 Stunden. Das kann man den fehlenden Zufahrtslinien zum Basistunnel ankreiden. Nur: Früher war es möglich, Lugano – Milano in 1 Stunde zu fahren – wie das Fahrplanbeispiel 1961 zeigt und da gab es noch Grenzkontrollen – heute ist es mindestens 1 Viertelstunde mehr.  Und wer von Luzern kommt, steigt aus dem IC nach Milano aus und ist mit der Regionalbahn eine halbe Stunde schneller. Grund: Die Regionalbahnen haben im Raum Mailand Vortritt. Verständlich aus Sicht dieser Metropole, sehr ärgerlich für unsere international Reisenden. Aber lohnt es sich in einer solchen Situation mit Milliardenbeträgen zum Beispiel im Kanton Schwyz und Uri die Zufahrt zum Tunnel um einige Minuten zu verkürzen? 

Wer bezahlts am Schluss?

Viele sind jeweils enttäuscht, dass ich als Grüner auch finanziell argumentiere. Tja, ich würde liebend gerne mehr Mittel bereit stellen für den nötigen Bahnausbau. Nur: Von allen Fans von Neubaustrecken quer durch die Schweiz habe ich noch nie einen Finanzierungsvorschlag gehört. Ich hoffe, diese Projekte sind zusätzlich zu den bereits beschlossenen Ausbauten gedacht. Man beschäftigt sich lieber mit der Planung neuer Linien und nimmt gerne den Zeichenstift in die Hand, die ordinäre Frage nach der Finanzierung lässt man weg. Dabei hat nicht einmal der Vorschlag der Grünen für etwas mehr Geld zu Gunsten der Agglomerationsprogramme eine Mehrheit gefunden.  Andere Vorschläge sind eine weitere Stärkung der öV-Finanzen, eine Umverlagerung vom Autobahnausbau zur Bahn. Wer aber nicht bereit ist, die Mittel zur Verfügung zu stellen, heizt den Konkurrenzdruck zwischen den Projekten an. Dazu kommt noch die unsägliche Abbaurunde des Bundes, die den regionalen Personenverkehr zwingen würde, rund 8 Prozent einzusparen.

Handwerk ist gefragt

SBB und das zuständige Bundesamt für Verkehr (BAV) haben massive Probleme, die beschlossenen Projekte umzusetzen. So verzögert sich namentlich der Bau des Zimmerbergtunnels, die SBB kündigten an, vor 2033 keine neuen Grossbaustellen an bestehenden Strecken zu eröffnen und der ganze Fahrplan 2035 muss überarbeitet werden, mit einschneidenden Folgen resp. Verschlechterungen, wie es die Eisenbahnrevue detailliert aufzeigt. Der Bahnhofausbau Lausanne ist ein Desaster mit einer komplett neuen Planung. Die Projekte Basel und Luzern sollen etappiert werden. Ich habe schon vor einem Jahr die Frage gestellt, ob jetzt Planung und Bau der beschlossenen Projekte besser laufen oder all diese Negativmeldungen nur zeigen, dass da etwas komplett aus den Schienen gefallen ist. Hier ist auch die Politik in der Verantwortung, genau hinzuschauen und auf eine fristgerechte Umsetzung der Parlamentsbeschlüsse zu pochen.

Ich meine: Bevor wir über völlig neue Projekte reden, sollten wir die lange Liste der dringlichen Ausbauten erledigen. Ich hoffe sehr, dass ich hier auf die Hartnäckigkeit der Bahnfreund*innen zählen kann.

 

Die wiederentdeckte Liebe zur Geschwindigkeit

Schon immer begeisterten Neubaustrecken für die Eisenbahn Planerköpfe. Wie viele Linien wurden geplant, eingezeichnet, einige dann auch gebaut. Wir haben das auch beim Durchgangsbahnhof erlebt: Ein wahres Planungsfieber mit kühnen, interessanten aber auch abstrusen Vorschlägen.

In letzter Zeit gab es einen neuen Schub: Es soll auch in der Schweiz vorwärts gehen mit Hochgeschwindigkeitslinien. So hat kürzlich der Nationalrat gegen den Willen der Grünen einer Motion zugestimmt, die komplett neue Linien verlangt um ähnlich wie im Ausland mit hohen Geschwindigkeiten die Zentren auf neuen Trassen zu verbinden. Das Projekt läuft unter dem Titel Verkehrskreuz Schweiz. Ins gleiche Horn hat der CH-Media-Redaktor Francesco Benini gestossen. Er sieht es als „jämmerliche Leistung“ an, dass die Züge von Basel nach Zürich eine Stunde brauchen. Was schon mal nicht ganz stimmt, denn halbstündlich verkehren Züge in 53 bzw. 54 Minuten.  Er fordert zum Beispiel eine Verkürzung der Reisezeit von Zürich nach Bern auf eine halbe Stunde.

Die Promotoren des Verkehrskreuz Schweiz argumentieren mit einem hohen Umsteigeeffekt auf die Bahn, wenn Hochgeschwindigkeitslinien gebaut werden, sie argumentieren mit Zahlen des TGV. Aber stimmt das auch? Zuerst: Ihr Vergleich hinkt massiv. Tatsächlich hat der TGV massiv Leute auf die Bahn gebracht. Die Zahlen lassen aber die Vermutung zu, dass sie auf Linien wie Marseille-Paris oder Bordeaux-Paris hauptsächlich vom Flugzeug auf die Bahn und viel weniger vom Auto auf die Bahn umgestiegen sind. Zwischen Bern und Zürich gibt es schlicht keine Flüge zu verlagern.

Kommen auch sonst mehr Leute auf die Bahn dank Hochgeschwindigkeitszügen? Dieser Frage ist auch der Bund nachgegangen mit seinem  Bericht zur Bahn 2050. Er hat darin verschiedene Varianten geprüft. Und er kommt zum Schluss: Ja, Hochgeschwindigkeitszüge bringen mehr Bahnverkehr. Der Anteil des öffentlichen Verkehrs am Modalsplit nimmt zu. Aber: Es ist hauptsächlich zusätzlicher Verkehr. Für die Begründung muss man etwas ausholen. Dieser Anstieg ist aber stark darauf zurückzuführen, dass die Leute bei hohen Bahngeschwindigkeiten ihre Reise- und Pendlergewohnheiten anpassen. Es gibt dann vermehrt Berner*innen, die nicht nach Zürich pendeln, sondern bis nach Winterthur oder noch weiter. Und Luzerner*innen pendeln dann vermehrt nicht nur nach Bern, sondern nach Fribourg und sogar Lausanne wird dann erreichbar. Das bedeutet, die Fahrkilometer in der Bahn nehmen stark zu. Das heisst aber noch nicht, dass auch der Autoverkehr abnimmt. Das Konzept Bahn 2050 empfiehlt deshalb eine Konzentration auf den Ausbau der Bahnleistungen bei kurzen und mittleren Strecken, da hier ein hohes Umsteigepotenzial vorhanden ist. Fernverkehrsstrecken sollen gezielt dort ausgebaut werden, wo die Bahn heute gegenüber dem Auto nicht konkurrenzfähig ist. 

Diese Fokussierung ist sinnvoll. Wir erleben dies am Beispiel Luzern. Auf Linien quer durch die Agglomeration ist die Bahn wegen des Kopfbahnhofs sehr lange unterwegs. Paradebeispiel ist die Strecke Emmenbrücke – Ebikon. Gute 7 Kilometer Distanz, mit dem Zug braucht es 20 Minuten und mehr. Kein Wunder, findet der öV in Luzern auch über weitere Strecken auf der Strasse statt, was seinem Tempo aber ebenfalls nicht dienlich ist. Ähnliche  Probleme gibt es in anderen Agglomerationen wie etwa dem Genfersee entlang, wo es dann vor allem an Kapazitäten mangelt.

Die Promotoren dieser Hochleistungsstrecken gehen nie auf die Kostenfrage ein. Oder sie argumentieren pauschal, dass eine Neubaustrecke günstiger sei als das Bauen an bestehenden Strecken. Das mag punktuell so sein, wenn zum Beispiel ein Bahnhof umgebaut werden muss – dafür vergessen sie, dass der Nutzen auch kleiner ist, wenn Neubaustrecken nur ganz grosse Zentren verbindet und alle kleinen und mittleren Stationen auf der Seite lässt. Und vor allem: Sie lassen ausser acht, dass wir auch im Bahnbau nur noch mit sehr vielen Auflagen und grossem Widerstand quer durch die Landschaft Neubaulinien verwirklichen könnten. Eine rote Linie ist rasch mal auf der Landkarte eingezeichnet, aber das ist dann von der Realisierung noch etwas weit weg.

Und nur noch als Nebensatz: Der TGV ist in Frankreich ganz klar ein Erfolgsprojekt. Die Bahnpolitik insgesamt aber schon deutlich weniger. Von Strasbourg ist man in 5 Stunden in Bordeaux. Unglaublich! Wer dann aber 200 oder 300 Kilometer ins Innere Frankreichs geht, kommt mit dem öV kaum noch zurück nach Bordeaux und findet nur noch verlassene Bahnhöfe und stillgelegte Geleise vor.

Wer also wirklich etwas fürs Umsteigen und für die Klimabilanz machen will, der setzt sich dafür ein, dass der öV mithilfe eines Bahnausbaus in den Agglomerationen und zwischen den Subzentren massiv gestärkt wird und er oder sie produziert nicht noch mehr Verkehr durch Hochgeschwindigkeitsangebote.

Klimapolitik und soziale Verantwortung: In der Mobilität im Gleichschritt

Wie das Amen in der Kirche kommt bei jeder klimapolitischen Vorlage von der SVP der Vorwurf: Das kostet und es kostet vor allem die Haushalte mit kleinen Budgets enorm viel. Ja, wir wollen als Grüne solche Kostenfallen und Probleme nicht schönreden. Aber: Wir wollen auch genau hinschauen und zuerst einmal definieren, ob und was fossilfrei und fossilärmer kosten würde. Deshalb hier ein kleiner Faktencheck.

Der öV ist günstiger als das Auto

Gehen wir von einer unverdächtigen Quelle aus: Der TCS rechnet mit durchschnittlichen Jahreskosten von 10’000 Franken für ein Auto – 15’000 Kilometer zu 70 Rappen. Ein Generalabo dagegen kostet heute weniger als 4000 Franken. Der Kostenunterschied ist gewaltig, als öV Benutzer*in kann man grad noch zwei Fahrräder und das Mobility Auto brauchen – man fährt immer noch weit günstiger. Aber auch eine vierköpfige Familie, die Jungen in der Ausbildung kommt mit dem GA günstiger. Und alle vier Personen können noch zusätzlich in verschiedene Richtungen unterwegs sein.

Günstige Autos brauchen weniger Benzin

Es geht nicht ohne Auto, da jemand abgelegen wohnt? Ok – deshalb braucht es noch keinen Benzinschlucker. Autos mit kleinem Energieverbrauch sind auch günstige Autos. Die Kurve nach oben ist eindrücklich. Teure Autos sind viel schwerer, brauchen mehr Benzin und haben keinen ökologischen Vorteil. Rechnet man die Kosten eines Elektroauto auf eine längere Lebensdauer aus, so ist es bereits heute mit dem Benziner mehr oder weniger ebenbürtig und soll in einigen Jahren den Benzinmotor überholt haben.

Fliegen – nichts für kleine Einkommen

Oh, bei einer Flugticketabgabe können Ärmere nicht mehr fliegen? Sie tun es bereits heute nicht. Und zwar nicht wegen den Flugkosten, sondern weil sie sich kaum Ferien leisten können. Im Gegensatz zu den hohen Einkommen können sie nicht mehrere Male pro Jahr einen Städtetripp machen, im Winter Wärme tanken im Süden oder die letzten Naturparadiese auf fernen Kontinenten entdecken gehen. In kaum einem anderen Gebiet sind die Ausgaben derart ungleich nach Einkommensschichten verteilt. Reiche geben neun Mal mehr fürs Fliegen aus als das unterste Einkommensfünftel.

Achtung: öV Kosten sind gestiegen

Blau die Kurve die Ausgaben für den öV, orange jene für den Privatverkehr. Die Haushaltsausgaben für den öV sind im Gegensatz zu den Ausgaben für den Privatverkehr pro Haushalt gestiegen. Das ist einerseits eine Folge des stärkeren öV-Gebrauchs, aber auch Folge von Preisaufschlägen. Wir müssen schauen, dass der öV bezahlbar bleibt, insbesondere für jüngere Menschen. Hier haben wir mit einem Vorstoss ein GA für 1000 Franken vorgeschlagen und auch im Bereich Einzelbillets Vergünstigungen gefordert.

natürlich: Ohne guten öV geht es nicht

Alle Rechenbeispiele bringen nichts, wenn der öV nicht vorhanden ist. Der Ausbaustandard ist vor allem in den Agglomerationen sehr unterschiedlich. Wenn abends um acht Uhr der Bus nicht mehr fährt, auch tagsüber nur ein Stundentakt da ist oder die nächste Bushaltestelle ein Kilometer entfernt ist, dann gibt’s nur ein Achselzucken fürs Umsteigen. Hier sind vor allem die Kantone gefordert. Bei uns in Luzern wurde der öV in den letzten Jahren ausgebaut, aber mit einer immensen Kostenbremse: Die Beiträge des Kantons wurden seit neun Jahren nicht mehr erhöht. Die schwierige Situation in Ebikon ist Folge der knappen Finanzen. Für einen guten öV braucht es auch die Mittel dazu.  Und auf der Landschaft braucht es ein flexibles Angebot wie Rufbusse und Mitfahrgelegenheiten, damit das Auto nicht in jeder Situation zur Notwendigkeit wird.

Gelder Besser einsetzen

Die Infrastruktur ist Voraussetzung und bestimmt das Angebot. Mit dem Nationalstrassen – und Agglomerationsfonds NAF geht ganz schön viel Geld in den Ausbau der Autobahnen und ein viel kleinerer Teil in die Agglomerationsprogramme, mit denen Velo- öV- und andere Projekte mitfinanziert werden. Wir verlangen hier mit einem Vorstoss mehr Geld Richtung Agglomerationsprogramme.

 

Ausbau der Strasseninfrastruktur muss ein Ende haben.

Wenn ich momentan auf Podien über die Klimapolitik diskutiere, übertreffen sich bürgerlicher Politiker*innen mit Bekenntnissen, was sie schon immer für die Umwelt taten: Sie haben in ihren Häusern Fenster ausgewechselt, Wärmepumpen eingebaut oder eine Wand isoliert. Politiker, die im letzten Dezember noch alle fortschrittlichen Massnahmen abschmetterten, finden mittlerweilen das CO2-Gesetz in der Fassung des Ständerates gut. Andere zucken mit den Schultern und meinen, man habe wohl in den letzten Jahren etwas verpasst. Gut so, es kommt Bewegung auf.

In einem Punkt aber, da bewegt sich sehr, sehr wenig: Wenn es um die Automobilität geht, den Ausbau des Autobahnnetzes, dann kommt weiterhin massive Unterstützung: Kein bürgerlicher Politiker, keine Politikerin steht hin und sagt, Schluss mit einer Spange Nord und mit dem Bypass. Man müsse an die Landbevölkerung denken, die doch die Stadt erreichen müsse, es wird auf die wirtschaftliche Bedeutung hingewiesen und auf frühere Ausbauten, die zeigten, dass sie nötig gewesen seien. Der Stau von heute rechtfertigt dann sogar den Ausbau von gestern.

Wenn wir die Klimakrise in grösstem Ausmass abwenden wollen, so müssen wir aber den Mobilitätsbereich ins Zentrum stellen. Im Gebäudebereich und in der Produktion haben wir in den letzten 25 Jahren immerhin einige Erfolge erzielt. Trotz grösserer Bevölkerung und mehr Wohnfläche pro Kopf ist der CO2-Ausstoss fürs Heizen um 25 bis 30 Prozent gesunken. Auch nicht berauschend schnell, aber immerhin gab es Fortschritte. Bei der Mobilität dagegen liegt der CO2-Ausstoss immer noch auf dem Niveau von 1990.

Gemäss Autoindustrie und bürgerlichen Verkehrspolitiker*innen wird die Mobilität fast von alleine auf CO2-neutral werden. In Kürze soll die Hälfte der Neuwagen Elektroautos sein. Und nachher ist das Problem gelöst.

Ist es das? Nein, ganz und gar nicht. Erstens kommt der Umstieg auf E-Autos nicht mit einem Fingerschnippen und zweitens müssen wir unabhängig vom Antrieb die Mobilität viel energieeffizienter gestalten. Wir haben nicht genügend erneuerbaren Strom, um eine stets wachsende Automobilität zu unterhalten. Konsequenz: Wir müssen den öV, Velo und zu Fuss gehen fördern und Fahrgemeinschaften.

Wollen wir diesen Weg einschlagen, so dürfen wir auf keinen Fall die Verkehrsflächen für den Autoverkehr weiter ausbauen. In diesem Sommer hat das Parlament nochmals einen Ausbau bewilligt, ausgerechnet in unserem Raum Luzern wird mit dem Bypass für den Autoverkehr zusätzlicher Raum geschaffen. In der nächsten Runde in vier Jahren darf das nicht mehr geschehen. Die vorhandenen Gelder müssen verstärkt in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und in eine gute Veloinfrastruktur  und Fusswegverbindungen investiert werden. Dazu müssen die Gelder aus dem grossen Nationalstrassen- und Agglomerationsfonds vom Autobahnbau in die Agglomerationsprogramme umverteilt werden. Mit einem Vorstoss verlange ich eine Erhöhung des Anteils für die Aggloprogramme aus diesem grossen Geldtopf von 13 auf mindestens 16 Prozent. Man darf dann auch noch darüber hinaus gehen.

Veloförderung konkret. Wo es mangelt.

Mein üblicher Weg zum Bahnhof führt über die Motelstrasse und nachher auf dem offiziellen Radweg der Autobahn entlang (hinter dem ehemaligen Pilatus-Markt) und dann via Arsenalstrasse aufs Freigleis.

Am Ende der Motelstrasse muss die Horwerstrasse gequert werden. Im Stossverkehr kann man da ganz schön lange warten. Und man muss der Insel ausweichen, sonst fährt man vier Absätze hoch und nieder. Die Mittelinsel ist eh zu wenig breit, als dass man in zwei Schritten mit dem Velo die Strasse überqueren könnte. Die Linienführung ist unglücklich.

 

 

Danach geht’s vom Trottoir in einer scharfen Linkskurve runter. Das Weglein ist zu wenig breit, als dass zwei Velos oder eine Velofahrerin und ein Fussgänger kreuzen könnten. Als Schleichweg finde ich diese Linienführung , ok. Aber als ausgeschilderter Veloweg ist er ein wenig, na ja, unkomfortabel. Unten dann eine ähnlich scharfe Rechtskurve.

 

 

Dann käme eigentlich ein Stück Veloweg. Zuerst allerdings muss man noch eine Schranke umfahren. Rechts vom Veloweg wurde vor einigen Jahren ein Mehrfamilienhaus gebaut. Und erschlossen wurde es – genau über diese kleine Strasse. Die Garagen stehen rechtwinklig zum Veloweg und die Anwohner*innen müssen über diesen Abschnitt zufahren. Eine unglückliche Kombination und ich habe mich schon beim Bau gefragt, wer diese Erschliessung bewilligt hat. – Und ob diese Person oder dieses Amt den Konflikt nicht gesehen hat.

Nach diesem Abschnitt fahren wir Velofahrenden geradeaus weiter. Doch von rechts droht Gefahr: Autofahrende, die zu diesem Haus wollen, biegen von dieser Seite ein. Die Übersichtlichkeit ist miserabel.

Ich fahre an dieser Stelle immer sehr langsam und weit links, damit ich etwas eher um die Eckes sehe. Doch letzten Samstag hätte es fast gekracht. Eine Autofahrerin kam mit hohem Tempo um die Ecke. Ja – ich schaute sie böse an. Und sie kurbelte das Fenster runter und wollte mich belehren, dass hier Fahrverbot sei, die Strasse nur für Anwohner offen sei und sie Vortritt gehabt habe. Letztes stimmt, wobei ich nicht sicher bin, ob der Vortritt einem die Erlaubnis gibt, ohne Rücksichtsnahme schnell und schnittig Kurven zu nehmen. Und offen gestanden war ich etwas erstaunt, dass eine Anwohnerin die Veloschilder, die keine zwanzig Meter von ihrem Haus entfernt stehen, nicht kennt und der irrigen Annahme sein kann, dass alle Velofahrenden auf diesem Abschnitt illegal unterwegs sind.

Aber mehr verärgert bin ich über die schleppende Veloförderung. Diese Veloverbindung ist ja nicht nur für die sechs Bewohner*innen des Unterstricks, sondern soll boomende Siedlungen an Luzern anschliessen wie die Sidhalde, die Schellenmatt und einen Teil des Schweighofs. Und wenn ich es richtig überblicke, gibt es auch nach der Weiterführung des Freigleises bis zum Mattenhof von dort aus keine weiterführende Veloverbindung zu all diesen neuen Siedlungen. Man muss der Ringstrasse entlang fahren oder über die Kuonimatt wenden gehen.

Ist es tatsächlich auch heute noch eine derartige Hexerei, neue Quartiere von Anfang mit einer guten Veloinfrastruktur zu erschliessen?

Höhere GA-Preise: Treueste Kund*innen verprellen?

Gestern erschreckte eine Meldung die Bahnfahrenden: Das GA solle 10 Prozent aufschlagen, das Hinterlegen des GA verunmöglicht werden (was einen weiteren Aufschlag bedeutet) und das Junioren-GA für Studierende abgeschafft werden. Kurze Zeit darauf versuchten die Transportunternehmen, die Meldung zu relativieren, das sei alles erst eine Idee. Wir Grünen haben eine Interpellation und ein Postulat eingereicht – wir wollen wissen, was der Bundesrat als Eigner des grössten öV-Unternehmen des Landes zu diesen Plänen meint. Und hier geht’s zur Petition der Jungen Grünen.

Ja, das GA ist nicht verbrauchsabhängig und kann als Pauschalpreis falsche Anreize zum Vielfahren schaffen. Aber es ist gleichzeitig ein absolutes Erfolgsmodell und macht den öV einfach zugänglich. Es gehört auch etwas zur DNA der Schweiz. Die Preise wurden in den letzten Jahren mehrfach angehoben und mit den geplanten Änderungen würden sie in einem Bereich liegen, den sich zum Beispiel Studierende nicht leisten können – wie sollten sie jeden Monat 350 Franken alleine für das GA aufwenden?

Es mag stimmen, dass Vielpendler*innen mit dem GA zu sehr günstigen Fahrten kommen und dass Einzelfahrten im Vergleich dazu teuer sind. Ich bin aber skeptisch, ob die Transportunternehmen ausgerechnet die treuesten Kund*innen verärgern und dafür die Preise für Gelegenheitsfahrer*innen senken sollen. Die SBB verfolgen diese Politik seit einiger Zeit: Mit Sparbiletts locken sie die Passagiere auf schlecht ausgelastete Züge – das ist richtig. Wenn aber alle verfügbaren Mittel für Preisvergünstigungen wie Sparbiletts eingesetzt werden, so bestraft man letztlich all jene, die regelmässig und vielleicht auch noch aus Berufsgründen Zug fahren.

Im Zeichen der Klimadiskussionen, einer notwendigen Mobilitätsdiskussion erwarte ich von den Transportunternehmen und den zuständigen Behörden Vorschläge, die zuerst einer Erhöhung des Modalsplits und nicht des Betriebsergebnisses dienen.

Beim Autobahnbau geht der Nationalrat auf Kollision mit dem Klima

Der Nationalrat bewilligte heute den Bypass, einen Ausbau in Lausanne, die Umfahrung Le Locle und hat auch noch eine Umfahrung La Chaux-de-Fonds und in Näfels bewilligt – Projekte, die die Kommission noch reingepostet hatte. Von Klimapolitik war nix zu hören. Infrastrukturen sind wichtig, man wolle nicht verschiedene Verkehrsträger gegeneinander ausspielen, das sei ein Wettbewerb, von freier Wahl war viel die Rede. Keine Rede war aber davon, dass der Autoverkehr vier Mal mehr Energie verbraucht als die Bahn und 20 Mal mehr CO2 produziert. Ach ja, wir haben ja nicht über Klima und Umwelt gesprochen, sondern über Mobilität und das sind nach Meinung der Bürgerlichen zwei total verschiedene Sachen.  Soviel zur berüchtigten Verantwortung, welche die Bürgerlichen in der Klimapolitik übernehmen.

Ich habe einen Rückweisungsantrag für diese Ausbauprojekte gestellt und eine Überarbeitung für eine klimapolitische verträgliche Variante verlangt. In der Kommission war ich noch alleine. Im Rat haben SP und Grünliberale den Antrag grossmehrheitlich unterstützt. Immerhin.

Doch am Schluss kam alles noch viel schlimmer: Der Rat nahm einen Antrag für die Bodensee-Thurtalstrasse an, und obendrein nooch zwei Einzelanträge, einen für die Oberlandautobahn im Kanton Zürich, einen zweiten für den Muggenbergtunnel, von dem nicht einmal Nationalräte aus der Umgebung wussten, wo dieser ist. Die Kommission hatte nie über diese Anträge diskutiert, man wusste nicht einmal, was die Oberlandautobahn kosten soll.

Bauen, Autobahnen und kommende Wahlen sind offensichtlich ein schlechtes Gemisch.