Wo bleibt die Familienpolitik der Familienpartei?

Schade, die vorberatende Kommission hat die grüne Initiative zur Einführung von Ergänzungsleistungen für Familien abgelehnt. Es gebe heute genügend Massnahmen, argumentierte die Mehrheit. Unter anderem wird dabei die Sozialhilfe aufgezählt.

Nur: Wer Kinder hat und nicht über die Runden kommt, gehört nicht in die Sozialhilfe. Meist lässt sich kurzfristig auf Grund des Betreuungsaufwands die finanzielle Situation gar nicht verbessern. Kinder sollen kein Armutsrisiko darstellen und Eltern sollen gestützt werden. Dies ist mit einer zielgerichteten Ergänzungsleistung für Familien mit kleinen Einkommen möglich, wie es andere Kantone bereits vormachen. Nicht umsonst hat auch der Kanton Luzern in seinem Bericht „Arbeit muss sich lohnen“ Ergänzungsleistungen für Familien als sinnvolle Massnahme beschrieben.

Des Pudels Kern liegt aber nicht so sehr in der inhaltlichen Diskussion, mit welcher Massnahme, einkommensschwachen Eltern geholfen werden kann, sondern in einer weiteren Begründung der Kommission: „Eine neue Sozialleistung könnten sich in der aktuell angespannten finanziellen Situation weder der Kanton noch die Gemeinden leisten.“ Wir ahnten es ja bereits…

Die Kommission hat die Initiative grossmehrheitlich abgelehnt. Die Frage sei erlaubt: Wie stimmten die Vertreterinnen und Vertreter der Familienpartei, die zur Zeit gerade für steuerbefreite Kinderzulagen kämpfen? Während Steuerabzüge ausgerechnet die reichsten Familien am stärksten entlasten, würden Ergänzungsleistungen effektiv jenen zu Gute kommen, die auf Unterstützung angewiesen sind.

Parastaatliche Unternehmen: Bitte mehr Zurückhaltung

Gestern hat der CEO der CKW, Felix Graf, in einem Inserat Stellung gegen die Energieinitiative Stellung bezogen. Unsinnig und teuer, sei sie, steht mit seinem Kopf auf einem Inserat der Industrie- und Handelskammel Zentralschweiz. Die CKW gehört leider nur zu 10 Prozent dem Kanton Luzern, der grösste Teil gehört der Axpo, diese ist aber wiederum im Besitze der Nordostschweizer Kantone. Ich würde erwarten, dass Chefs von staatlichen Firmen und von Firmen, die im Besitze des Staates sind, sich bei Abstimmungen eine gewisse Zurückhaltung auferlegen. Klar, bei Anfragen von JournalistInnen sollen sie darlegen, welche Auswirkungen eine Vorlage auf ihren Betrieb hätte. Dass sie aber selber mit Inseraten Politwerbung machen, das geht aus meiner Sicht zu weit. Politische Statements sollten von den politisch Verantwortlichen kommen.

Und natürlich an dieser Stelle: Ich stimme am 8. März Ja zur Vorlage Energie- statt Mehrwertsteuer. Wenn wir eine Energiewende wollen und wenn wir diese mit einem Wechsel vom Förder- zum Lenkungssystem erreichen sollen, so braucht es jetzt konkrete Schritte. Denn die Diskussion um eine Energieabgabe dreht sich ohne erkennbaren Fortschritt seit mehr als 15 Jahren.

Homophobie im Alltag

„Das gseht so schwul us.“ „Nei, das es jo no schwuler.“ Vier Jugendliche schauen sich im Zug Handybilder an. Jedes dritte Wort ist schwul und ich höre heraus, dass das weder ironisch noch belustigend sein soll, sondern eine in irgendeiner Art nicht gute Foto bezeichnen soll. Nach ein paar Minuten habe ich die Jugendlichen – wahrscheinlich nicht in einem netten, sondern schlicht genervten Ton – gebeten, sie sollten damit aufhören, es störe mich. Einer gab noch ein „Verpiss dich“ von sich, aber nachher kam schwul bei der Beurteilung weiterer Fotos nicht mehr vor.

Heute stört sowas, in der Pubertät hätte es verwirrt und verunsichert. Es war diese Bewertung von Homosexualität, die so oft mitschwang und einem das sonst schon nicht einfache pubertäre Leben erschwerte. Vieles hat sich in den vergangenen dreissig Jahren zu Gunsten einer liberalen Gesellschaft  verändert. Viele Kämpfe sind heute nicht mehr nötig. Vielleicht sind diese Sprüche alte Restanzen und am Verschwinden. Vielleicht sind sie aber auch ein Weckruf, dass es mit der Normalität doch noch nicht so weit her ist.

Eine andere Restanz ist das Verhalten des Bistums Chur – um diesen Bogen noch zu schlagen. Die katholische Kirche muss nicht alles mitmachen, nur weil es modern sein soll. Das befreit sie aber nicht davor, sich mit den Lebensrealitäten und den Bedürfnissen der Menschen auseinanderzusetzen.

Die Bar jeder Vernunft feiert Wiederauferstehung!

 

Nächsten Freitag, 6. Februar ab 20 Uhr

Ambrosia, Luzernerstrasse 18, Kriens

Mit special Guest hinter der Theke: Felicitas Zopfi

 

Im Regierungsgebäude fand die Medienkonferenz zur Rechnung statt. Der mittlerweilen übliche Monsunregen ging über Luzern nieder. Marcel Schwerzmann wrang seine Krawatte aus und betonte, dass der Kanton seine Herausforderungen für die nächsten Jahre aus einer Position der Stärke angehen könne. In diesem Moment wurde er von der Standesweibelin unterbrochen, die scheppernd zwei Eimer verschob um das Regenwasser aufzufangen. Schwerzmann sass unter dem traditionellen, aber auch schon zerfetzten blau-weissen Schirm, der vor den grössten Löchern im Dach schützte. Nur noch undeutlich konnte man lesen „sponsered by Zurich Versicherung“. Wir schreiben das Jahr 2035 und es war die 24. Rechnungspräsentation nach der gloriosen Reform der Unternehmenssteuern. Robert Küng konnte mit einem Coup aufwarten. In den letzten Jahren war die VBL-Flotte wegen Fahruntauglichkeit massiv geschrumpft. Mit einigen Brocken russisch aus den Moskaureisen konnte Küng von der Ruski Busmobilny  fünf ihrer ausrangierten Fahrzeuge abkaufen, damit in Luzern mindestens eine Buslinie wieder in Betrieb genommen werden konnte. Auch Bildungsdirektor Reto Wyss hatte einen grossen Erfolg zu vermelden: Aus der Aktion „Jeder Rappen zählt“ einem Kirchenopfer und einer Kuchenaktion der Rothenburger Primarschulen waren für die Eröffnung der Wirtschaftsfakultät wieder Fr.  3532.45  zusammengekommen. Und Guido Graf hielt erleichtert fest, dass mit der gänzlichen Abschaffung der Sozialhilfe ein für alle Mal jeder Missbrauch ausgeschlossen werden konnte.  Gemindert wurde die Freude nur durch das Fernbleiben des Luzerner Korrespondenten der einzigen verbliebenen Schweizer Allgemeinen Zeitung (jährlich drei Mal erscheinend). Dieser lag fluchend nach einem Fehltritt auf einem morschen Holmen unten an der Leiter, welche die zusammengekrachte Steintreppe im Ritterschen Palast ersetzte. Die städtischen Grünen brüteten derweilen über dem Inhalt eines Communiqués: Seitdem die Seebrücke aus Statikgründen nur noch von Velos und Leichtmotorfahrrädern befahren werden durfte, waren sie ihres Themas einer verkehrsberuhigten Stadt auf einen Schlag beraubt.

Die übliche Demo der Jungen Grünen vor dem Regierungsgebäude blieb dieses Jahr aus, nachdem beim letzten Mal ein paar Wackere vom herunterfallenden Putz begraben wurden.  Sie vergnügten sich dafür wie viele andere in der Bar jeder Vernunft in Kriens.