Der nicht unwesentliche Unterschied zwischen Joghurts und Wohnunge

Bei der Kündigungsinitiative argumentiert die SVP mit knappem Wohnraum und steigenden Mieten. Das ist scheinheilig und schlichtweg falsch.

Jetzt setzt die Propaganda wieder ein. Kurz vor der Abstimmung über die Kündigungsinitiative entdeckt die SVP das Thema Wohnen: Ohne ihre Initiative werde der Wohnraum knapp und die Mieten würden steigen, lautet eines ihrer Hauptargumente. Nicht zum ersten Mal setzt die SVP damit für einen Abstimmungserfolg auf die Nöte der Mieter*innen. So war es bereits beim Raumplanungsgesetz oder bei Abstimmungen zu Energiefragen.

SVP interessiert sich nicht für die Mietenden

Im Alltag dagegen interessiert sich die Partei kaum für die Mietenden. Im Gegenteil: Im eidgenössischen Parlament lehnt sie konsequent jede Verbesserung zu deren Gunsten ab und unterstützt jeden Angriff auf das Mietrecht – oder lanciert ihn grad selber. So war sie Anfang Jahr gegen die Wohninitiative. Im Communiqué zur Parolenfassung hielt sie fest, es gebe bereits zu viele leere Wohnungen – von steigenden Mieten wollte die Partei damals nichts gemerkt haben. Selbst die minimale Aufstockung des Fonds de Roulement – der Hilfe für Wohnbaugenossenschaften – verwarf sie. Dagegen unterstützt sie höhere Renditen für Vermieter*innen, will den Preisschutz im Mietwesen in Gebieten ohne Wohnungsnot komplett abschaffen und verweigert sich konsequent allen Massnahmen, mit denen der Renditehunger der Immobilienkonzerne im Zaum gehalten werden könnte. So sehen die realpolitischen Taten der SVP aus.

Argumente sind falsch

Die Argumentation kommt aber nicht nur aus einer Ecke, die misstrauisch macht. Sie ist auch schlicht falsch. Natürlich gibt es einen Zusammenhang zwischen der Nachfrage nach Wohnungen und der Mietpreisentwicklung. Doch es sind weitere Faktoren entscheidend: Können die Wohnbaugenossenschaften bauen oder erstellen vor allem renditeorientierte Im­mobilienfonds Wohnungen? Werden Luxussanierungen erlaubt oder wird ihnen ein Riegel geschoben? Wie gut ist der Schutz der Mieter*innen ausgebaut? Und vor allem: Ist die Leerwohnungsquote auch dort hoch, wo die Menschen leben wollen? Dies ist offensichtlich momentan nicht der Fall – sonst würden die Mietzinse bei steigendem Leerstand nicht weiter ansteigen. Der Mietwohnungsmarkt ist eben nicht der Joghurtmarkt. Wir alle müssen wohnen können. Wir können nicht so locker in eine neue Wohnung wechseln, wie wir die Joghurtmarke austauschen, wenn das bevorzugte Milchprodukt plötzlich teurer wird.

Kommt hinzu: Ob bei einer Annahme der Kündigungsinitiative weniger Menschen in die Schweiz kommen, steht in den Sternen. Die Befürworter*innen sagen selber, die Wirtschaft könnte auch weiterhin Arbeitskräfte im Ausland rekrutieren. Die Zuwanderung hängt in erster Linie von der Wirtschaftsentwicklung ab – mit oder ohne Personenfreizügigkeit. Was sich aber ändern wird: Die SVP will neu mit Kontingenten arbeiten und der Aufenthaltsstatus der Menschen, die in die Schweiz kommen, würde verschlechtert. Das hat Auswirkungen auf ihre Rechte als Arbeitnehmer*innen, aber auch im Bereich des Wohnens. Wer mit einem unsicheren Aufenthaltsstatus eine Wohnung mietet, wird sich gegen Missbräuche weniger gut wehren können.

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