Ein lesenswertes Interview heute in zentralplus. Andreas Korner, künftiger Präsident des Kantonsgericht, erklärt, weshalb das Kantonsgericht im Zentrum des Hauptortes des Kantons stehen muss. Das Argument, dass auch die dritte staatliche Gewalt im Zentrum vertreten sein soll, hat sicher etwas für sich und sollte nicht einfach weggewischt werden. Wenn man allerdings das Interview liest, dann erhält man den Eindruck, das neue Kantonsgericht sei in einem Seitental des Napfs oder auf dem Lindenberg geplant. Kein anderer Kanton habe sein oberstes Gericht in einer Randregion, lässt sich Korner verlauten und: „Wenn wir in der Peripherie liegen, kommen die Leute mit dem Auto.“
Zur Diskussion stehen aber mit dem Mattenhof und mit dem Standort Ebikon zwei Grundstücke, die direkt an einer S-Bahnhaltestelle liegen, die Fahrt vom Bahnhof dauert vier Minuten (Mattenhof) respektive zehn Minuten (Ebikon). Wer will hier von Peripherie reden?
Diese Haltung, zentralste Grundstücke von Agglomerationsgemeinden zu abgelegenen, unattraktiven Standorte zu erklären, ist Ausdruck einer Mentalität, die mit ein Grund ist, weshalb vor gut einem Jahr auch die Fusionsdiskussion gescheitert ist. Neben dem fehlenden Willen der AgglomerationsbewohnerInnen, sich ihre politische Zukunft anders vorzustellen und etwas preiszugeben, gab es in der Agglo auch das Gefühl, aus Zentrumssicht nur Pampa zu sein, die dazu dient, das vorhandene Zentrum zu stärken. So kann natürlich eine Grossregion Luzern nicht zusammenwachsen.
Mattenhof: Es hat nicht gereicht, aber…
43 Prozent Nein Stimmen reichen nicht, um eine Vorlage zu Fall zu bringen. Kriens verkauft sein Land an die Mobimo. 43 Prozent Nein Stimmen sind aber ein starkes Zeichen, dass längst nicht alle in Kriens Landverkäufezu günstigen Bedingungen an renditeorientierte Unternehmen toll finden.Die Grünen haben diese 43 Prozent im Alleingang hingekriegt gegen eine befürwortende Seite, die sogar einen externen Kommunikationsmenschen beigezogen hat (war hat das bezahlt?).
43 Prozent Nein Stimmen sind ein starkes Pfand, um all die Versprechen aus dem Abstimmungskampf jetzt einzufordern:
– Bezahlbare Gewerberäume und Wohnungen im Mattenhof
– Eine gute Umgebungsgestaltung
– Ein Impuls für das ganze Gebiet
– Höhere Steuereinnahmen bis 2015 für Kriens.
Die Grünen werden genau hinschauen, ob das nun Realität wird.
Und: 43 Prozent Nein Stimmen sind auch ein Zeichen für die Stadt Luzern, beim Verkauf ihres Grundstückteils genau hinzuschauen, ob sie unter diesen Bedingungen mitmachen wollen. Da dürfen wir ja noch gespannt sein.
Äpfeln und Birnen: Der Selbsttest
Die Grünen würden Äpfeln und Birnen vergleichen, heisst es nun im Abstimmungskampf um den Mattenhof. Gar absurd seien die Beispiele.
Die Grünen vergleichen keine unterschiedlichen Früchte, sondern Grundstücke, die wenige Hundert Meter bis wenige Kilometer auseinanderliegen. Man kann die Grundstücke nach Nutzung, Ausnutzungsmöglichkeit, nach Lage und nach den Kaufbedingungen darstellen und so nebeneinanderstellen. Dies haben wir gemacht – es liegt nun am Leser und an der Leserin zu beurteilen, ob der Kaufpreis für die Mobimo AG von 800 Franken richtig oder falsch ist.
Mattenhof: Preisgünstigen Wohn- und Gewerberaum realisiert man nicht so
Matthias Senn, Krienser Gemeindeammann rechtfertigt den tiefen Landpreis beim Verkauf an die Mobimo in einem Interview im Kriens Info so: „Es kann nicht das Ziel der Gemeinde sein, beim Verkauf mit einer Optimierung des Landpreises zu erreichen, dass Büroräume und Wohnungen nicht mehr bezahlbar sind.“
Gut, hat der Gemeinderat von Kriens das Thema bezahlbare Mieten entdeckt. Viele Jahre war dieses Thema nicht auf der Traktandenliste der Gemeinde und sprach man stets davon, mit möglichst luxuriösen Bauprojekten sogenannte gute Steuerzahler anzulocken.
Nur: Wenn man einem renditeorientierten Investor Land günstig abgibt, resultieren daraus noch lange keine günstige Mieten. Man erhöht schlicht die Rendite des Eigentümers, der die Gewerberäume und die Wohnungen zu jenem Preis vermietet, der vom Markt bezahlt wird.
Will man preisgünstigen Wohnraum fördern, so gibt es dazu einen ganzen Strauss von Massnahmen:
– Man verkauft das Land an eine Wohnbaugenossenschaft, die gemäss ihren Grundsätzen keine Rendite erwirtschaftet.
– Man schreibt dem Investor fix vor, dass er einen Anteil der Wohnungen gemäss den Grundsätzen des preisgünstigen Wohnungsbaus erstellen und vermieten muss.
– Oder legt via Ortsplanung auf dem Grundstück einen Mindestanteil von gemeinnützigem Wohnungsbau fest.
– Dazu gehört noch eine saubere Regelung gegen Spekulation, die verhindert, dass der Investor das günstige Land teurer verkauft und den Gewinn behält.
All diese Möglichkeiten hat der Gemeinderat nicht ins Auge gefasst und damit verpasst, tatsächlich etwas gegen hohe Mieten zu machen.
Mattenhof: Weshalb das Referendum wichtig ist
Die Gemeinde verkauft im Mattenhof direkt neben der S-Bahn-Haltestelle Land. Dort soll die Mobimo eine grössere Überbauung realisieren.
Es wäre wünschenswert, wenn auch in Kriens und vor allem an derart zentraler Lage die Gemeinde generell kein Land mehr verkaufen würde. Sie könnte dieses im Baurecht abgeben oder mindestens dafür sorgen, dass eine Genossenschaft einen Teil davon bekommt oder sie könnte als weitere Möglichkeit dem Käufer Auflagen machen, dass ein Teil des Grundstückes für den preisgünstigen Wohnungsbau reserviert wird. Obwohl Kriens eine lange genossenschaftliche Tradition hat (vorangetrieben auch von den Liberalen), ist man heute von solchen Grundsätzen leider weit entfernt.
Nun bekommt also ein renditeorientiertes Unternehmen zu einem sagenhaft günstigen Preis den Zuschlag:
1. Die Mobimo wird ihre Gebäude zu dem Preis verkaufen oder vermieten, den der Markt hergibt. Weshalb hier die Gemeinde das Land zu einem Preis verkaufen soll, den alle Parteien im Einwohnerrat von günstig bis zu Discount-Preis titulierten, ist schleierhaft.
2. Weshalb bezahlt man in der Kuonimatt mittlerweilen 1000 Franken für den Quadratmeter für ein Einfamilienhaus-Grundstück und in Horw gar 10’000 Franken für ein Grundstück für gehobenes Wohnen beim Bahnhof? Wie der tiefe Preis von 800 Franken beim Mattenhof zu Stande kam, ist nicht nachvollziehbar. Da hätte härter verhandelt werden sollen.
3. Man hat ein paar Klauseln eingefügt, die die Gemeinde bei einem Weiterverkauf am Gewinn beteiligen soll. Doch die Vorgaben sind löchrig wie ein Emmentaler Käse. Beispiel: Sobald die Mobimo zu bauen beginnt, verfällt diese Gewinnbeteiligung. Man baut also ein paar Betonwände hin und schon ist die Gemeinde aus dem Spiel.
4. Der Preis wurde auf der Basis einer überwiegenden Nutzung für Büro und Gewerbe berechnet. Doch schon bald könnte es dort hauptsächlich eine Wohnnutzung geben – wie bei anderen vorangegangen Beispielen – und dies würde einen höheren Preis rechtfertigen. Dazu gibt es aber keine Schutzklauseln oder Beteiligung der Gemeinde am Mehrwert.
5. Die Gemeinde beschreibt den Mattenhof selber als Filetstück. Nicht unberechtigt: Nebenan ist eine S-Bahnhaltestelle, die bald im Viertelstundentakt bedient wird. Ein Autobahnanschluss befindet sich in unmittelbarer Nähe, die Allmend bietet viel Grünraum und eine neue Veloachse bindet das Gebiet an die Stadt Luzern an. Niemand aber bietet Filetstücke zu Billigpreisen an.
Es lohnt sich also, wenn sich die Stimmbevölkerung mit diesem Verkauf beschäftigt und eine breite Diskussion einsetzt, wer an einer solchen Lage bauen soll und wer von der Gemeinde zu welchem Preis Lan kaufen kann.