Angriff auf Listenverbindungen abgewehrt

Die FDP wollte Listenverbindungen im Kanton Luzern abschaffen. Erlaubt wären nur noch Verbindungen innerhalb der gleichen Partei gewesen (Jung- Altparteien, regionale Aufteilungen). Begründet wurde das mit der Zunahme der Listenverbindungen und dass zum Teil sich konkurrierende und ganz unterschiedliche Parteien Listenverbindungen aus reinen wahltaktischen Überlegungen eingingen.

Die Grünen konnten zusammen mit der SP, Grünliberalen, aber auch einer klar positionierten CVP den Vorstoss bodigen. In Luzern waren bisher Listenverbindungen stets zwischen Parteien abgeschlossen worden, die sich politische nahe stehen, die Argumentation der FDP war schlicht falsch – oder sie war eher vorgeschoben, da es letztlich gegen die kleineren Parteien ging. Diese sind nämlich auf Listenverbindungen angewiesen, damit sie überhaupt zu Sitze kommen und damit sie bei der Verteilung der Restmandate nicht leer ausgehen. Das heutige System bevorteilt nämlich grosse Parteien.Ohne Listenverbindungen wäre der Kantonsratssitz der SP in Willisau gefährdert, die Grünen hätten es sehr schwierig, je wieder einen in diesem Wahlkreis zu holen. Und auf Bundesebene hätte die GLP in Luzern keinen Nationalratssitz geholt. Wollen wir das? Ich glaube, es muss im Interesse des politischen Systems sein, möglichst alle Kräfte einzubinden.

Erstaunlich war, dass die SVP das Verbot von Listenverbindungen unterstützte. Die SVP ist sonst demokratiepolitisch sensibel und hat sich stets gegen Einschränkungen der Volksrechte und der politischen Minderheiten gewehrt. Hier aber liess auch sie sich von der Aussicht leiten, dass sie bei einem Verbot von Listenverbindungen das eine oder andere zusätzliche Restmandat holen könnte.

Zentralbibliothek: Endlosschlaufe eingeläutet

Mit 56 zu 55 hat heute der Kantonsrat heute einen Vorstoss gutgeheissen, der am heutigen Standort der Zentralbibliothek einen Neubau mit Bibliothek und Kantonsgericht verlangt. Das neue Projekt würde nur unwesentlich kleiner als der vom Kantonsrat vor einem Jahr verlangte Neubau und die Stadt hat bereits angekündigt, dass auch das neue Projekt überdimensioniert ist und nicht goutiert wird. Klar ist, dass auf Jahre hinaus kein neues Projekt bewilligt werden kann und sowohl die Bibliothek weiter zerfallen wird wie das Kantonsgericht räumlich nicht zusammengelegt werden kann.

Man kann es noch als bewundernswert bezeichnen, wie alle städtischen CVP-KantonsrätInnen mit Ausnahme des Stadtpräsidenten den Vorstoss unterstützten. Ob sich auf Grund des starken Widerstands in der Stadt Luzern dieser wagemutige Einsatz für sie auszahlen wird, bezweifle ich. Vor allem, wenn die Folgen des grossen Neubaus verniedlicht werden. („Schattenwurf im Vögeligärtli? Umso besser, man sucht im Sommer ja eh den Schatten“, abverheiter Versuch von Andrea Gmür, das verbreitete Unbehagen humoristisch wegzuwischen).

Weniger bewundernswert, sondern eher unsensibel war das Auftreten verschiedener Vertreter der Landschaft, die der Stadt nun Ratschläge im Verdichten geben wollen. Luzern ist längst am Verdichten, dass aber gerade das dichteste Quartier noch enger werden soll, leuchtet nicht ein und bringt das wichtige Anliegen in Verruf. Ähnliches konnte man letzthin auch in einer Arena erleben, als Toni Brunner den Zürchern erklären wollte, wie sie ihre Stadt verdichten sollen.

Jetzt muss der Kanton also diesen Neubau planen. Die zeitliche Verzögerung ist vielleicht von den MotionärInnen durchaus gewollt: Die Gelder für den Hochbau im Voranschlag reichen nämlich für die beiden Projekte gar nicht aus. Mit der eingeläuteten Endlosschlaufe muss man dieser Tatsache nicht ins Auge schauen.

 

Null Staatsverständnis

Auf die Gefahr hin, mich hier zu wiederholen: Die Argumente der FDP und CVP gegen Unvereinbarkeitsregeln bei KantonsrätInnen sind einfach nicht stichhaltig. Rolf Born, FDP-Fraktionschef argumentiert heute in der Zeitung zum public corporate governance, alle Parlamentarier würden ja bestimmte Interessen vertreten. Bei Gewerkschaftsvertretern würde man auch nicht von Interessenkonflikten reden. Wer damit rechtfertigen will, dass auch Personen im Kantonsrat sitzen sollen, die kantonseigene Institutionen strategisch leiten, hat kein grosses Staatsverständnis.
Richtig ist: Wir haben ein Milizsystem. Alle PolitikerInnen sollen also noch irgendwo beruflich tätig sein, sollen sich in Verbänden und Organisationen betätigen und diese Interessen auch im Parlament einbringen. Gewerkschaften, oder wie bei mir der Mieterverband oder andere Organisationen werden allerdings nicht vom Staat finanziert.
Nur: Wer eine Institution leitet, die dem Kanton selber gehört, ist in einem ganz anderen Interessenkonflikt ausgesetzt. Er oder sie muss sich als ParlamentarierIn kontrollieren und sich selber auch das Budget sprechen.
Den Vogel schiessen jetzt aber CVP und FDP ab, wenn sie im Zusammenhang mit dem Spitalrat oder dem Unirat von einer „ehrenamtlichen“ Tätigkeit reden. Viele von uns sind ehrenamtlich tätig, bekommen vielleicht einmal pro Jahr ein Znacht spendiert oder wenn es hochkommt eine Entschädigung von 20 Franken pro Sitzung. Wir diskutieren aber im Zusammenhang mit dem neuen Gesetz etwas ganz anderes, es sind hochdotierte Posten, die ebenso begehrt wie gut bezalt sind.

Vereinfachung des Steuersystems

Diese Woche habe ich einen Vorstoss eingereicht, der die Abschaffung der Steuerabzüge verlangt. Der Kanton soll beim Bund aktiv werden, damit im Steuerharmonisierungsgesetz und Gesetz zu den direkten Bundessteuern sämtlich Steuerabzüge abgeschafft werden. Für Erziehungsberechtigte und für die Altersvorsorge sollen separate Lösungen gesucht werden.
Erstmals wurde im Zusammenhang mit dem Bausparen in einer Volksabstimmung breit über Sinn und Unsinn von Steuerabzügen diskutiert. Steuerabzüge kommen hautpsächlich Besserverdienenden zu Gute (logisch auf Grund der Progression) und sie sind oft nicht zielführend. Man will etwas fördern, schafft einen Steuerabzug – weil das vordergründig nichts kostet – und hat am Schluss aber oft einen erbärmlichen Wirkungsgrad. Das haben verschiedene Studien gezeigt, wurde auch schon in Parlamenten diskutiert, noch nie aber in einer breiteren Öffentlichkeit.
Beim Bausparen hat sich gezeigt, dass viele Personen nicht an die positive Wirkung von Steuerabzügen als Lenkungsmassnahme oder Förderinstrument glauben. Viele Steuerabzüge können nur Steuerpflichtige machen, die überhaupt über ein gewisses Einkommen verfügen und sich oft gut zu helfen wissen (siehe Abzüge Weiterbildungskosten: man lernt noch eine Fremdsprache und kann das am Schluss erfreulicherweise bei den Steuern abziehen). Und viele Steuerabzüge haben nicht die Wirkung, die erhofft wurde (siehe Abzüge für energetische Gebäudeinvestitionen (ausser Luzern), dort haben Studien geradezu niederschmetternde Resultate gebracht).
Heute machen die Steuerabzüge rund einen Drittel des Bruttoeinkommens aus. Müsste dieses Geld versteuert werden, ergäben sich massive Mehreinnahmen für den Staat. Das soll nicht sein, respektive ist nicht Sinn und Zweck dieser Diskussion hier. Mittels Steuersenkungen für alle oder noch besser über Anpassungen beim System (zum Beispiel hohe Freibeträge für Familien) kann dieses Geld wieder rückverteilt werden.
Ich freue mich auf diese Diskussion und ein lebhaftes Argumentieren.

Unvereinbarkeit: CVP und FDP schauen für ihre Leute

Der Kantonsrat hat einen der Kernhinalte der Public Corporate Governance gekippt. Die Regierung schlug vor, dass Kantonsräte nicht in strategischen Gremien von ausgelagerten Institutionen sitzen dürfen. Es sei hier an die diversen Einträgen zum Verbundrat öffentlichen Verkehr und dem Spitalrat erinnert. Bei schwierigen Entscheiden haben die Kantonsräte, die in diesen Institutionen Einsitz nehmen, keine gute Rollte gespielt – was nicht nur an den Personen, sondern eben an den zwei Hüten lag. Dies wurde auch im Kantonsrat mehrmals kritisiert.
Nun hätte man dies also regeln wollen. Doch mit einer knappen Mehrheit von CVP und FDP wurde die Unvereinbarkeit gekippt. Die Streichung dieser Unvereinbarkeit wurde auch von jenen Personen bejaht, die selber in diesen Gremien sitzen, wie Irene Keller im öV-Rat oder Peter Schilliger im Spitalrat (und weitere in anderen Gremien) – es kam ihnen nicht in den Sinn, in den Ausstand zu treten. Obwohl doch gerade vorher alle darauf hingewiesen haben, dass man statt einer Unvereinbarkeit ja eine Ausstandsregel habe.
Ein Tiefschlag im parlamentarischen Leben.

Missbräuchliche Mieten bekämpfen – aber bitte überall

Die SVP verlangte gestern in einem Vorstoss, dass gegen missbräuchliche Mieten vorgegangen werden soll und dass es mehr Transparenz bei der Anmietung brauche. Dazu solle ein einsehbares Register geführt werden, um überhöhte Mieten kontrollieren zu können.
Allerdings wollte die SVP diese Massnahmen nur bei Wohnungen einführen, die für Asylbewerber gemietet werden. Das betrifft vielleicht 1 Promille aller Wohnungen. Es ging darum, einmal mehr über hohe Kosten im Asylbereich zu reden und keineswegs über Missbrauch im Mietwesen.
Hohe Mietzinsaufschläge bei Neuvermietungen und keine Transparenz beim Mietzins sind allerdings Sachen, die viele Personen betreffen. In einigen Kantonen gibt es mindestens in Sachen Transparenz ein einfaches Instrument: Die Formularpflicht. Wer eine Wohnung anmietet, bekommt auf einem amtlichen Formular mitgeteilt, wie hoch die Miete des Vormieters war. Deren Einführung würde dann auch das Führen von gesonderten Listen für Wohnungen, die von Asylbewerbern bewohnt werden, erübrigen. Aber während man im Asylwesen hohe Kosten für die Mieten anprangert, geht man andernorts nicht dagegen vor.

Seetalplatz: Sehenden Auges in die Finanzklemme

Der Kantonsrat hat heute mit allen bürgerlichen Stimmen wie auch der grossen Mehrheit der GLP und SP dem neuen Seetalplatz zugestimmt. Dieser bringt eine Kapazitätausweitung beim Autoverkehr von rund 30 Prozent.
Vor kurzem noch haben GLP und SP mitgekämpft, dass wir in der Stadt Luzern eine neue Verkehrspolitik erhalten, die den Mehrverkehr über den öV und Langsamverkehr abwickelt. Es wird interessant werden, im Abstimmungskampf über diesen Widerspruch zu diskutieren. Eine neue Verkehrsmaschine am Rande der politischen Gemeinde Luzern und mitten im Agglokern widerspricht dem Anliegen, in Luzern keine neue Verkehrslawine auszulösen.
Ebenfalls interessant wird die Diskussion um die Finanzen. Das Projekt kostet 190 Millionen Franken. Ein grosser Teil davon muss aus dem Strassenbaubudget bezahlt werden. Die CVP mahnte in der Debatte, man müsse Transparenz in Sachen Finanzen zu schaffen. Diese Transparenz haben aber bereits alle, die in den geltenden Voranschlag schauen: In den nächsten zwei Jahren besteht im Strassenbauprogramm ein Überhang an Projekten von je rund 17 Millionen Franken. 2015 sind es sogar 32 Millionen Franken. Das heisst konkret, dass wir viel zu wenig Geld haben, um alle Projekte umzusetzen.
Die Bürgerlichen versuchten das zu verwedeln. Auch hier gilt: Im Abstimmungskampf werden wir noch Gelegenheit haben, über diese Finanzierungslücke zu sprechen.

Alles auf Kurs? Von wegen

Dank nochmaliger Ausschüttung von Nationalbankgeldern und einem besseren Abschluss der Rechnung 2011 brauchts aus bürgerlicher Sicht keine kantonale Steuererhöhung. Man sei auf Kurs und solches durfen wir uns noch und nöcher anhören.
Stimmt – wir kriegen auch fürs 2012 ein Budget hin, das den finanziellen Vorgaben genügt. Die Frage ist nur, was es noch beinhaltet. Der Kantonsrat diskutiert laufend über Planungsberichte und wer in diesen blättert, merkt rasch, dass die dortigen Zielsetzungen mit den genehmigten Finanzen zur Makulatur werden. So bei der Immobilienstrategie: Man wollte ein neues Kantonsgericht, die ZHB sanieren, auf dem Seetalplatz ein neues Verwaltungszentrum hinstellen, die Hochschulen zusammenführen und den Sanierungsstau abbauen. Das Geld aber dazu, das fehlt. Ein anderes Beispiel ist der öffentliche Verkehr. Während wir noch über diesen Planungsbericht diskutierten, hatten wir bereits das dazugehörige Budget zusammengekürzt. Von Kohärenz keine Spur. Aber die, die ist ja vielleicht auch gar nicht gefragt.

Zentralbibliothek: Ein Jahr verloren

Der heutige Artikel in der Luzerner Zeitung zeigt das Desaster des bürgerlichen Vorstosses für einen Neubau der Zentral- und Hochschulbibliothek so richtig auf. Zu allem anderen ist nun auch noch ein Vertrag aufgetaucht, der dem Kanton die Auflage macht, am Bibliotheksstandort nur eine Bibliothek zu bauen.
Wir haben bereits in der Kantonsratsdebatte darauf hingewiesen, dass ein Neubau auf verschiedene raumplanerische Schwierigkeiten stossen würde. Das wollte kaum jemand hören und die Idee eines Neubaus wurde auf Grund eines zweiseiten Skizzenpapiers von Hans Aregger beschlossen.
Erstes Fazit, das darf man heute schon sagen: Die Neubauidee ist schon wieder gestorben. Immerhin ging das rasch. Es müssen nur die richtigen noch das Begräbnis herrichten. Wir lassen gerne den Bürgerlichen den Vortritt.
Zweites Fazit: Wahrscheinlich wird das neue Budget 2012 bereits fertigerstellt sein. Darin wird ebenso wahrscheinlich die Sanierung der ZHB nicht drin sein, da vom Kantonsrat im Dezember rausgekippt. Dies ergibt eine Verzögerung von einem Jahr für das Projekt. Hier wäre dann der Ort, wo die Bürgerlichen das Neubau-Projekt schicklich beerdigen könnten, in dem sie die Planungs- und Realisierungskosten wiederum ins Budget aufnehmen würden.

Seetalplatz: Kalte Füsse und rote Zahlen

Heute berichtete die Luzerner Zeitung, dass der Präsident der vorberatenden Kommission die Beratung des Seetalplatzes mehr oder weniger im Alleingang verschoben hat. Das Vorgehen hat mich geärgert, sie ist aber keine Tragödie. Allerdings lassen die Beweggründe, welche Markus Odermatt für die Verschiebung vorbringt, tief blicken. Man müsse das Projekt „enorm vorsichtig“ vorantreiben. Es sei wichtig, dass der Entscheid über den Seetalplatz zusammen mit dem Budget verabschiedet werde und es brauche noch die Zustimmung der Landschaft.
Es ist klar, was dieses Zaudern bedeutet: Auch die CVP merkt, dass man am Seetalplatz nicht ein Maximalprojekt für 190 Millionen Franken durchbringen kann, wenn gleichzeitig die Steuern erhöht werden müssen und trotzdem an allen Ecken und Enden gespart werden muss. Man bastelt seit längerem an einer Sonderfinanzierung herum und hofft so, die 190 Millionen Franken auf einen längeren Zeitraum verteilen zu können. Als ob damit der Preis günstiger würde… Diese Denkschlaufen zeigen, dass die CVP bei den Finanzen langsam aber sicher merkt, dass man doch etwas zu stark an der Steuerschraube gedreht hat.
Finanzpolitisch unverständlich ist für mich, dass von den Bürgerlichen bisher noch nie jemand kritisch nachfragte, weshalb dieses Projekt immer teurer wird. Jede Projektänderung mit Kostenfolgen wurde abgenickt. Geht es um den Hochbau, so werden die Kosten jeweilen schnell und kräftig hinterfragt (dagegen ist auch nichts einzuwenden), beim Strassenbau dagegen nimmt man die Wünsche etwas gar gutgläubig entgegen. Es ist zu hoffen, dass auch hier ein Gesinnungswandel eintritt.