Problem erkannt, Lösung nicht in Sicht

Heute beschweren  sich Menznauer KantonsrätInnen nochmals darüber, dass der Kanton an Gemeinden nur noch Sonderbeiträge auszahlen will, wenn diese ihren Steuerfuss auf 2.6 Einheiten erhöht haben. Bisher galt eine Grenze von 2.4 Einheiten. Die Kritik, dass sich mit diesem Vorgehen die Steuerschere noch weiter öffnet, dass die Erhöhung der Obergrenze überraschend kommt, ist richtig. Aus meiner Sicht ist klar: Damit werden finanzschwache Gemeinden schlechter gestellt.

Nur – mit der Kritik alleine ist es nicht gemacht. Dass die Finanznot der Gemeinden grösser wurde und dass die Steuerunterschiede zwischen den Gemeinden so gross ist, hat zwei Gründe: Zum einen hat die letzte Steuerrevision auch in den Gemeinden grosse Löcher in die Rechnungen geschränzt und zum anderen hat unser Finanzausgleich zwar durchaus seine Wirkung, aber er tariert ein System aus, das den Gemeinden bei der Festsetzung der Steuerfüsse freie Hand lässt.

Was also tun?

– Fusionen weiter vorantreiben. Die Erhöhung der Obergrenze für Sonderbeiträge wird den Druck für Fusionen weiter verstärken. Fusionen bringen Kosteneinsparungen, allerdings wird aus zwei finanzschwachen Gemeinden auch nicht immer ein finanziell gesundes Fusionsprodukt. Und es stellen sich zwei Grundsatzfragen: Wie weit soll der Fusionsdruck gehen und bis zu welcher Gemeindegrösse soll dieser gehen? Irgendwo ist das Ende der Fahnenstange erreicht, ausser man wollte sich Glarus zum Vorbild nehmen, das heute noch drei Gemeinden hat.

– Finanzausgleich um- und ausbauen: Mit einem Ausbau des Finanzausgleichs und einer Festsetzung eines Minimalsteuerfusses für Gemeinden (und dann einer zusätzlichen Abschöpfung dieser Steuereinnahmen in reichen Gemeinden) würde man Richtung materielle Steuerharmonisierung gehen.

– Revision Steuergesetz: Mit der Initiative „Für faire Unternehmenssteuern“ wollen wir Grünen die letzte Steuergesetzrevision teilweise rückgängig machen. Dies würde das Finanzloch in einigen Gemeinden verkleinern.

Ohne hellseherische Fähigkeiten zu haben: Alle drei Möglichkeiten sind im Kantonsrat nicht mehrheitsfähig. Eine vierte kommt mir nicht in den Sinn. Immerhin bin ich da nicht alleine:Armin Hartmann SVP-Kantonsrat und VLG-Verantwortlicher für Finanzen klang heute in der Luzerner Zeitung auch etwas ratlos, man wolle alles daran setzen, dass der Maximalsteuerfuss auf 2.4 Einheiten sinke, gleichzeitig warnte er vor einer faktischen Defizitgarantie für die Gemeinden durch den Kanton.

Ich bin gespannt, ob aus den betroffenen Gemeinden eine weitere Möglichkeit auftaucht, oder ob es beim Lamentieren bleibt.

 

Die SVP holt Hilfe beim Richterstaat

Im Januar hat der Kantonsrat aus guten Gründen zwei Punkte in der kantonalen SVP-Asylinitiative für ungültig erklärt. Sie verstossen gegen Bundesrecht, was die SVP leicht vor der Lancierung hätte klären können. Das wurde unterlassen respektive im Kantonsrat beklagten sich Vertreter der SVP, die vorprüfenden Instanzen hätten die SVP nicht auf die Problematik hingewiesen. Diese nehmen heute nur eine formelle Prüfung vor, schauen also, ob der Unterschriftenbogen richtig gestaltet ist. Das SVP-Lamentieren war etwas billig, denn es ist gerade diese Partei, die sich dagegen wehrt, dass Initiativen vor der Lancierung auch auf ihren Inhalt überprüft werden.

Es entbehrt nun auch nicht einer gewissen Ironie, dass die SVP das Bundesgericht anruft, um die Ungültigkeitserklärung rückgängig zu machen. Wie oft hat sich diese Partei gegen den Richterstaat und im besonderen gegen das Bundesgericht gewandt und auf die Pauke gehauen, wenn in Lausanne wieder einmal ein Entscheid gefällt wurde, der auch auf die Politik Auswirkungen hatte? Jetzt plötzlich soll das gleiche Gericht den Entscheid des Kantonsrates rückgängig machen.

Sollte das Bundesgericht allerdings gegen die SVP entscheiden, kann sie ja dann wieder Zeter und Mordio schreien.

Die allherrschende Missbrauchsdebatte

Heute hat der Regierungsrat das totalrevidierte Sozialhilfegesetz vorgestellt. Ich gebe offen zu, unwissend über seinen Inhalt zu sein. Die Vorlage geht jetzt in die Vernehmlassung und die Diskussionen werden noch geführt.

Stutzig machte mich aber das dazugehörige Mediencommuniqué: Spontan sollte man meinen, in einem Sozialhilfegesetz gehe es um etwas Soziales und um Hilfe. Wer aber dieses Communiqué liest, bekommt den Eindruck, es gehe hier um ein Missbrauchsgesetz. Guido Graf lässt sich im Communiqué an einer Stelle selber zitieren mit dem Satz: „Durch einen verbesserten Austausch unter den Sozialhilfebehörden und anderen Institutionen kann Sozialhilfemissbrauch in Zukunft noch gezielter vorgebeugt werden.“ Es wird darauf hingewiesen, dass der Einsatz von Sozialhilfeinspektoren geregelt wird und dass gewisse Personenkreise aus dem Ausland von der Sozialhilfe ausgeschlossen werden und der Sozialhilfemissbrauch schaffts dann auch noch in den Zwischentitel. So wird auch von offizieller Seite die Missbrauchsdebatte genährt

Verkehrspolitik abseits der Klimaziele

Die Luzerner Zeitung bietet heute breite Plattform für Kritiker der Stadtluzerner Verkehrspolitik. Wirtschaftsvertreter und Regierungsrat Robert Küng kritisieren die städtische Politik. Man ist sehr besorgt und fürchtet um die Wirtschaftsentwicklung in der Stadt und fordert, dass sich „der Autoverkehr mitwenwickeln“ kann.

Was ist passiert? Wird das Zentrum für den Autoverkehr gesperrt? Werden Tausende von Parkplätzen aufgehoben? Gibt es hohe Gebühren bei der Zufahrt ins Stadtzentrum? Nichts von alledem – der Stadtrat setzt sich einzig dafür ein, dass der Autoverkehr in der Stadt nicht weiter zunimmt. Eine Abnahme des Verkehrs wird nicht einmal als Ziel formuliert.

Seit Jahren wird uns in jeder Verkehrsdebatte erzählt, dass die Autos immer sauberer würden und weniger CO2 ausstossen. Nur: Gleichzeitig nimmt der Autoverkehr jedes Jahr weiter zu und führt dazu, dass der Benzinverbrauch weiter zunimmt. Das Ziel einer Stabilisierung des Autoverkehrs ist also ein wichtiger Schritt, aber noch längst nicht genügend, um unsere Klimaziele zu erreichen.

Und noch etwas: Wenn die Stadt Luzern als Einkaufsort mit den umliegenden Einkaufszentren, die alle frischfröhlich weiter bewilligt werden, konkurrenzieren will, so wird sie wohl eher Erfolg haben, wenn sie ihre spezifischen Vorteile hervorstreicht und sich nicht auch noch als superguten Autoeinkaufsstandort profilieren will.

SVP-Initiative: Endspurt und NEIN stimmen

Auf der Homepage und im Abstimmungskampf wurden durch die Abschottungsinitiative viele Probleme angesprochen: Lohndruck, Zersiedelung, steigende Mieten, überfüllte Züge und sogar Wachstumskritik wird geübt. Die Diskussion ist nicht falsch, die Adressaten aber suspekt und die Lösung schlicht unbrauchbar.

Wo ist die SVP, wenn es um Mindestlöhne, Arbeitnehmerschutz, oder um eine bessere Raumplanung oder um eine Verbesserung des Mieterschutzes und der Förderung von preisgünstigem Wohnraum geht? Nirgends.  Und wo ist sie, wenn jemand den Zusammenhang zwischen unserer Tiefsteuerstrategie, Wirtschaftswachstum und Zuwanderung macht? Auch nirgends. Die Zuwanderung ist erster, zweiter und dritter Linie ein Resultat unseres wirtschaftlichen Erfolges und an dem will sicher auch die SVP nicht rütteln.

So will die Abschottungsinitiative nicht in erster Linie die Zuwanderung beschneiden, sondern die Bedingungen für die Neuankömmlinge verschlechtern. Die Abschottungsinitiative führt zu einer Aufkündung der Personenfreizügigkeit und will uns in ein System zurückführen, das wir hinter uns geglaubt haben. Gemäss eigenen Angaben soll die Zuwanderung „mit einer Art Saisonnier-Status“ geregelt werden. Zur Erinnerung – ich musste es selber nochmals nachlesen: Die AusländerInnen durften höchstens 9 Monate hier bleiben, der Familiennachzug war untersagt und die Stelle durfte nicht gewechselt werden wie auch der Wohnkanton nicht.

Abgesehen von allen Schwierigkeiten, die das Aufkünden der Personenfreizügigkeit mit sich bringen würde: Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Rückkehr zu diesem System unsere Zukunft sein soll.

 

Sieben Gründe gegen die Abschaffung der Liegenschaftssteuer

1. Keine weiteren Steuerverluste
Nach mehreren Steuersenkungen nimmt der Kanton trotz Bevölkerungswachstum und Teuerung heute nicht mehr Steuern ein als vor zehn Jahren. Real hat er damit hohe Einnahmenverluste erlitten.
2. Keine Verschärfung der Finanznot
Der Kanton Luzern muss weiter sparen und neue Sparpakete schnüren. Er kann es sich nicht leisten, auf diese Einnahmen zu verzichten.
3. Keine widersprüchliche Signale
Auf Grund der schlechten Finanzsituation musste der Kanton dieses Jahr den Steuerfuss erhöhen. Gleichzeitig die Liegenschaftssteuer abzuschaffen ist widersinnig.
4. Keine Privilegierung einer Minderheit
Nur wer eine Liegenschaft und Wohnimmobilien besitzt, profitiert von der Abschaffung der Liegenschaftssteuer. Dies ist eine Minderheit der Bevölkerung. Bezahlen müssen die Ausfälle aber alle.
5. Reichsten profitieren am meisten
Die Liegenschaftssteuer ist vom Wert der Liegenschaft abhängig. Je teurer das Haus, desto grösser wäre die Entlastung des Besitzers bei einer Abschaffung. Für kleinere Hausbesitzer beträgt die Steuer schon heute weniger als 200 Franken im Jahr.
6. Die Mieterinnen und Mieter zahlen drauf
Wer Wohneigentum besitzt, würde steuerlich entlastet – also nicht nur Eigenheimbesitzer, sondern auch Vermieter. Mit der Abschaffung der Liegenschaftssteuer würde deren Rendite erhöht.
7. Eigentümer proftieren bereits heute steuerlich
Wohneigentümerinnen und Wohneigentümer profitieren bereits heute von diversen Steuervorteilen. Durchschnittlich zahlen sie bei gleichem Einkommen und Vermögen weniger Steuern als Mieter. Die Abschaffung der Liegenschaftssteuer ist deshalb nicht nötig.

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Folgen Sie (für einmal) den Anweisungen der Luzerner Zeitung

Widerwillig hat der Regierungsrat die Botschaft zur Abschaffung der Liegenschaftensteuer ausgearbeitet und unterstreicht nochmals seinen Gegnerschaft. Der Ausfall mehrerer Millionen Franken kann er weiss Gott nicht gebrauchen, auch wenn die Abschaffung erst aufs 2017 kommen soll. Wo wir dann finanziell stehen, das wissen die Götter oder vielleicht auch schon die Geier. Die Aussichten sind mehr als durchzogen und die neuesten Fakten wie etwa der schlechte Rechnungsabschluss 2012 weisen in keine erfreulichere Richtung.

Es gleicht auch einer besonderen politischen Schlaumeierei, den Beschluss zu fassen, in vier Jahren eine Steuer aufzuheben. Einige werden sich denken, dass dann eine neue Legislatur begonnen hat und niemand mehr so genau wissen wird, wer das Loch in den Finanzen verursacht hat. Aber dümmer kann sich die Politik nicht die Hände fesseln als wenn sie Jahre im Voraus dem Staat weitere Steuerverluste programmiert, ohne an die Auswirkungen zu denken.

Richtig ist, dass die Liegenschaftensteuer eine doppelte Besteuerung von Vermögen bedeutet. Schlimm ist dies aber nicht: Wohneigentümer müssen auf Grund verschiedener Erleichterungen einen Teil ihres Vermögens und Einkommens nicht versteuern. Der Eigenmietwert wird tief angesetzt und muss erst noch nicht voll versteuert werden. Neu können Unterhaltskosten erleichtert abgezogen werden. Unterm Strich kommen viele Eigentümerinnen steuerlich besser weg, als wenn sie zur Miete wohnen würden. Und das wiegt die Liegenschaftensteuer bei weitem nicht auf.

Interessant war heute der Kommentar in der Luzerner Zeitung. Er verlangt, dass der Regierungsrat genau aufzeigt, wo überall gespart werden müsste, um das fehlende Geld wieder hereinzuholen. Vielleicht wäre diese Fleissarbeit tatsächlich vor der Abschaffung geschickter als nach der Abschaffung. Auch wenn sie dann hoffentlich für die Katz gewesen ist.

Weshalb die Grünen doch recht haben

Letzte Woche besuchte ich wieder einmal eine Swisscom-Shop. Der Akku meines Handys tut seine Dienste nicht mehr. Nach einer knappen halben Stunde habe ich den Laden wieder verlassen – ohne neuen Akku, aber dafür mit zweimaligem Angebot, ob ich denn nicht einen Kaffee trinken wolle. Der ganze Laden steht zwar voll von neuen Geräten, aber einen Akku auszutauschen scheint eine grösssere Aktion zu sein. Man müsse ihn bestellen und die zuständige Person werde bald kommen, wurde mir ebenfalls mehrfach erklärt. Sie kam dann eben nicht, dafür ging ich dann.

Beim Rausgehen erinnerte ich mich, einen kürzlich veröffentlichten Vorstoss der Grünen , welcher die Hersteller stärker in die Pflicht nehmen will, damit zum Beispiel Ersatzteile länger bereit gestellt werden müssen. Würde dem doch nur mehr nachgelebt.

Was Schengen mit Einbrüchen zu tun hat

In der Luzerner Zeitung wurde heute das Thema Schengen und Einbrüche gross thematisiert. Seit Schengen in Kraft sei, gebe es mehr Kriminaltourismus. Untermalt wird dies mit einer Statistik, die 2009 beginnt und für die Jahre 2010 bis 2012 eine ständige Steigerung der Einbrüche zeigt. Die Zahl steigt von 50’210 auf 61’128 Einbrüche im Jahr. Eine tatsächlich stattliche Zahl.

Nur – auch diese Statistik sieht besonders eindrücklich aus, weil ihr Zeitraum „gut“ für die These des Artikels gelegt wurde. 2009 und 2010 war die Zahl der Einbrüche besonders tief. Sie lag zuvor zum Teil viel höher. Zum Beispiel 2004 bei 70’370 und auch 2005 bis 2008 lag sie mit jeweils 55’000 bis 61’000 Fällen höher als vor der Abschaffung der Grenzkontrollen durch Schengen. Mitte der 90er Jahre gab es sogar 83’000 angezeigte Einbrüche.  Nun aus dem Anstieg der letzten drei Jahre eine direkte Folge von Schengen zu konstruieren, finde ich auf Grund der etwas längeren Zahlenreihe bei Einbrüchen nicht glaubhaft.

Damit ist nicht gesagt, dass zur Bekämpfung von Einbrüchen keine weitere Massnahmen geprüft werden sollen und der sogenannte Kriminaltourismus kein Thema ist. Wenn man aber Zusammenhänge konstruiert, die bereits auf den zweiten Blick nicht mehr stimmen, sollte man etwas vorsichtiger mit dem Thema umgehen.

Ladenöffnungszeiten – hört die Signale

Das eidgenössische Parlament will einheitliche Ladenöffnungszeiten, überall bis 20 Uhr und am Samstag bis 19 Uhr. In Luzern wurde vor kurzem eine viel sanftere Liberalisierung abgelehnt – eine Verlängerung am Samstag bis 17 Uhr und vor Feiertagen keine frühere Schliessung. Selbst dieser Vorschlag wurde an der Urne abgelehnt. Auch in anderen Kantonen wurden längere Öffnungszeiten abgelehnt. Jan Flückiger, begeisterter Freund von längeren Öffnungszeiten und Journalist in der Luzerner Zeitung schafft es, in seinem heutigen Kommentar nicht ein einziges Wort über diese Abstimmung zu verlieren und ganz allgemein über Sinn und Unsinn von Ladenöffnungszeiten und gesellschaftlichem Wandel zu schreiben.

Kommt inhaltlich hinzu: Auch wenn, wie es Jan Flückiger richtig beschreibt, heute mehr Leute einer bezahlten Arbeit nachgehen und in vielen Haushalten alle arbeitstätig sind, so heisst das noch lange nicht, dass diese Leute es nicht schaffen würden, zwischen 8 und 18.30 Uhr einmal einkaufen zu gehen. Die Einkaufsgewohnheiten haben sich nicht nur wegen Arbeitszeiten geändert, sondern vor allem, weil Shopping zu einer Freizeitaktivität wurde. Ob das allerdings noch weiter gefördert werden muss, wäre eine weitere Diskussion wert.