Daniel Bühlmanns Ängste. Februar 2006

Genau von vorne ritten sie über die Prärie auf ihn zu, er ging in die Knie. Markerschütternd war ihr Geheule, gross ihre rotbemalten Münder, die Erde vibrierte, ihr wallendes Haar wehte im Nordwind und als die Anführerin der Amazonen einen Pfeil aus dem Köcher zog und auf ihn zielte, schrumpfte sein Schniddelwutz zur Unkenntlichkeit, dann war das Bild weg. Kurze Zeit später fand er sich wieder auf einem einfachen Laubsack, mit Leinen gefesselt, und neben ihm eine zahnlose Frau, die im fahlen Licht des Herdfeuers mit einem Mörser rote Beeren zerstampfte, Fledermausohren hinzufügte und alles mit etwas Milch einer neugekalbten Kuh mischte. Hildegard von Bingen murmelte Zaubersprüche, sein Glied solle wie ein dürrer Stab abfallen, humpelte zu ihm und als sie ihm mir ihrer knorrigen Hand den Mund öffnete und die Flüssigkeit einflössen wollte, war die Erinnerung weg. Er fand sich wieder vor einem Scheiterhaufen, Jeanne d’Arc schaute ihn durchdringend von dort an, nur er hörte ihr durchdringendes Wispern und Verlockungen und näherte sich immer mehr den Flammen. Knapp bevor sein Hosenbund Feuer fing, tauchte er ab. Ermattet und schweissgetränkt war Daniel B. als er auf Helvetia traf und sich bei ihr in Sicherheit fühlte. Nicht lange – denn auch sie packte ihren Speer, und ritscheratsche waren seine Hosen zerissen und er konnte nur noch mit den Händen seine Scham bedecken und auf und davonrennen. Das Hohngelächter Helvetias verlor sich und er fand sich im Kanton Luzern und wurde erster SVP-Regierungsrat. Doch auch hier plagten ihn weiter seine Kastrationsängste und vor den Männerrunden des Kantons musste er immer wieder von neuem seine vielen Alpträume losschütteln. Er wusste nicht, dass es ganz andere Mittel gab, seine Neurosen zu besänftigen – an der Bar jeder Vernunft gab es einen Drink, der alle Ungemache der inneren Tiefen zuschüttete. Viele Leute wussten schon davon und freuten sich des Lebens.

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