Justus Didactus raufte sich die Haare. Schon wieder traf eine neue Verfügung vom römischen Schulministerium ein. Neu galten für die Barbaren aus dem Norden noch strengere Regeln: Nur noch Latein auf dem Schulhausplatz, konsequente Integration in die römische Lebensart und Sitten, sowie Einheits-Schultunika für alle sowie ein einheitlicher Religionsunterricht nach den Grundregeln der römischen Gottheiten. Was hatten die im sonnigen Süden für eine Ahnung. Was sollte er tun? Schon längst hatten die meisten Römer das Alpenvorland verlassen und ihm blieben die alemannischen Knaben, keltischen Jungfrauen und Illyrer aus lernfremden Milieus.
Kreischend stritten sich im Atrium wieder einmal Swingruobers Sohn mit jenem vom Büelmann. Eines war ihnen gemeinsam: Die Tunika hatten sie nur notbehelfs über ihre Beinkleider geworfen und spotteten mit ihrem Aussehen erst recht jedem römischen Gemüt. An der Wandtafel hatte einer hingekritzelt: „ben zi bena, bluot zi bluoda, lid zi geliden“. Didactus rieb sich an den Schläfen, keine Ahnung, was das wieder sollte. Egal, ihm brummte eh noch der Schädel vom Vorabend – ein Alemanne hatte ihn am Elternabend etwas hart angepackt, als er an die elterliche Verantwortung im Zivilisierungsprozess gesprochen hatte. Auch die weiteren Aussichten waren schlecht: Am Abend drohte noch ein Gespräch mit Intellecta Superba, der Mutter von Vitus, die ultimativ eine Hochbegabtenförderung für ihren Sohn verlangte, da sein IQ über CXXXIII liege. Was sollte er ihm schon anbieten, da der römische Staat ständig die Mittel kürzte, nur noch abgewetzte Ziegenhäute für die Schreibübungen aufzutreiben waren und die Barbaren beim letzten Einfall die gesamt Bibliothek abgefackelt hatten? O tempora, o mores! – Er wünschte sich nur noch eine Cerevisia und ein Frühlingsrolle im Ambrosia, wo er sich jeweils mit Gleichgesinnten traf. Immer am ersten dies Veneris oder wie die hier sagte, am ersten Tag der Freya im Monat.