Schwule und Lesben: Bürgerliche Ignoranz

Heute im Kantonsrat: Die Grünen stellten den Antrag, dass im Gesetz zur Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts die sexuelle Orientierung als Thematik aufgenommen werde. Dieser Antrag wurde in der ersten Lesung bereits einmal abgelehnt, mit einer einzigen dürren Wortmeldung von bürgerlicher Seite. Dieses Mal war der Antrag keinem einzigen bürgerlichen Parlamentarier, keiner einzigen bürgerlichen Parlamentarierin ein Wort wert. Die Diskussion wurde sogar verweigert: Ich konnte kein Votum halten, weil der Rat gemäss verkürztem Verfahren nur eine Person pro Fraktion reden liess. Nicht ein einziger bürgerlicher Parlamentarier, auch keine bürgerliche Parlamentarierin, hat dem Vorstoss zugestimmt.

Ich hätte gerne gefragt, was der Grund für die Ablehnung des Antrags ist. Vielleicht sind es ja ehrbare Gründe, weil man findet, Schwule und Lesben seien schon sehr gut integriert, es gebe auf keinem Gebiet mehr Diskriminierungen. Vielleicht will man die sexuelle Identität aber auch nicht genannt haben, weil es einem durchaus Recht ist, wenn gewisse Benachteiligungen nicht behoben werden. Oder vielleicht hatte man Angst, die eine oder andere zustimmende Stimme zum Gesetz zu verlieren, würden Schwule und Lesben von diesem Gesetz profitieren können. Leider habe ich nicht einmal die Frage dazu stellen können.

Im besten Fall ist dies ein Fall von Desinteresse, vielleicht ist es Ignoranz auf alle Fälle ist es ein Akt der Gesprächsverweigerung. Ich fühlte mich um viele Jahre zurückversetzt. Und genau dieses Gefühl zeigt mir, dass Schwule und Lesben noch längst nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. Jedenfalls nicht in der Mitte der Luzerner Gesellschaft.

CKW: Plötzlich wollen alle mitreden

Wieder spriessen die Ideen, wie der Kanton Luzern in Sachen Preisgestaltung auf die CKW Einfluss nehmen soll. Die CVP will vorstellig werden, damit der Regierungsrat mit der CKW über die Preisgestaltung redet. Weiter ist eine etwas obskure Initiative in Vorbereitung, welche die Stromversorgung in Luzern neu regeln will.

Interessant.

Blenden wir zurück: Im Juni 2008 entschied der Kantonsrat, dass die CKW Aktien, die der Kanton Luzern besitzt, aus dem Verwaltungsvermögen in das Finanzvermögen verschoben werden sollen. Was technisch klingt, heisst konkret: Was im Verwaltungsvermögen ist, gehört zur Staatsaufgabe, was im Finanzvermögen ist, ist eine Geldanlage und kann deshalb auch wieder verkauft werden.

Die CVP sagte dazu gemäss Protokoll: Die Stromversorgung sei keine eigentliche Staatsaufgabe, sondern eine wirtschaftliche Tätigkeit, an der ein öffentliches Interesse bestehe. In diesem Sinn stimme die CVP-Fraktion der vorgeschlagenen Entwidmung der Beteiligung des Kantons Luzern an der CKW zu.

Die FDP hielt fest: Da das Finanzvermögen für die wünschbare Flexibilität sorge, könnten die Aktien zu einem späteren Zeitpunkt verkauft werden. Die Eigentumsverhältnisse entsprächen einem modernen Staatsverständnis. Der Staat konzentriere sich auf Kernaufgaben und nehme nur dort Einfluss, wo es real möglich und wirkungsvoll sei.

Und die SVP: Die Produktion und Verteilung des Stroms sei keine Staatsaufgabe, sondern eine wirtschaftliche Tätigkeit, mit der ein öffentliches Interesse verknüpft sei. Das Bundesgesetz über die Stromversorgung setze genügend Leitplanken, damit die Stromversorgung auch in Zukunft effizient, kostengünstig und mit einer angemessenen Versorgungssicherheit erfolgen könne.

Selbst die SP verlautete: Der Kanton Luzern brauche die CKW-Aktien zur Erfüllung seiner Aufgaben nicht. Sein Einfluss im Verwaltungsrat sei klein. Er habe auch kaum politischen Einfluss auf die Strompolitik und die Geschäftsführung. Dies bedaure die SP-Fraktion, müsse es aber akzeptieren.

Achtung: Die Schweiz schrumpft

SVP-Kantonsrat Erwin Dahinden verlangt in einer Motion, dass Wölfe schneller abgeschossen werden können. Das Thema wird noch zu diskutieren geben, es mutet komisch an, wenn die Spielregeln beim ersten Wolf, der im Kanton auftaucht, schon geändert werden.

Noch etwas komischer wirkt die Begründung: Der dicht besiedelte Kanton Luzern wie auch die ganze Schweiz sei für die Wiederansiedelung des Wolfes zu klein geworden. „Geworden“? Hat uns jemand, ohne dass wir es richtig bemerkten, einen Teil abgezwackt? Wen müssten wir verdächtigen? Verursachen die heissen Sommer eine derartige Erosion, dass die Schweiz schrumpft? Verhält sich die Grösse der Schweiz etwa umgekehrt proportional zur Stärke der SVP? Oder wirken die ständigen bösen Angriffe von aussen dergestalt, dass die Schweiz in unserem Bewusstsein kleiner wird?

Fragestunde im Parlament: Zu nichts nütze

Der Kanton Luzern hat eine Zusammenarbeit mit einer chinesischen Region beschlossen. Dabei sollen sich Luzern und diese Regionen touristisch propagieren. Ich fragte in der Fragestunde den Regierungsrat an, wie dieses Ziel mit der ebenfalls vom Regierungsrat als Ziel formulierte 2000 Watt Gesellschaft stehe.

Regierungsrat Max Pfister erklärte zuerst recht ausführlich, was dieses Zusammenarbeit alles soll. Zur eigentlichen Frage meinte er nur, auch in einer 2000 Watt Gesellschaft werde es wohl noch Tourismus geben dürfen. Auf eine Nachfrage für eine etwas konkretere Antwort stand Max Pfister nicht einmal mehr auf.

Die kurze, schnöde und komplett inhaltslose Antwort – es war übrigens nicht die einzige, die von Seiten von Max Pfister so ausfiel – macht die vom Parlament neu eingeführte Fragestunde grad wieder überflüssig. Wenn die Regierung eh nicht diskutieren will, so macht das neue Parlamentsinstrument keinen Sinn.

Pass auf Probezeit: Ein Unding

Einbürgerungen sollen bei 16 bis 25 jährige nur noch auf Probe erteilt werden, damit sie während fünf Jahren entzogen werden können, sollte der Eingebürgerte straffällig werden. Diese SVP-Forderung ist verfassungswidrig und verlängert faktisch für die Betroffenen die Einbürgerungsfrist um weitere fünf Jahre. Sie ist bereits heute lang und in vielen Gemeinden warten die Einbürgerungswilligen mehrere Jahre, bis ihr Gesuch nach dessen Einreichung behandelt wird.

Die Forderung wurde als Postulat mit den Stimmen der SVP, FDP und Teilen der CVP heute im Kantonsrat überwiesen. Sorry, aber es war eine ziemlich jämmerliche Debatte. Man sprach von „Zeichen setzen“, „das Volk ernstnehmen“ – und zitierte dazu eine Zisch-Umfrage – oder verglich die Einbürgerung mit dem Führerausweis, der auch auf Probe ausgestellt werde.

Die Schweiz besitzt bereits heute sehr strenge Vorschriften für die Einbürgerung. Das ist das eine. Das andere ist die Illusion, mit einer solchen Probezeit würde auch nur ein Verbrechen vermieden. Und drittens störte die Fokussierung auf die Verbrechensbekämpfung bei einer Bevölkerungsgruppe. Es sei schon tragisch, wenn vor kurzem Eingebürgerte ein Verbrechen begingen. Ist ein Verbrechen von nicht eingebürgerten Jugendlichen, von längst eingebürgerten oder von solchen, die als Schweizer geboren sind, weniger schlimm?

Schwule und Lesben sind irgendwie mitgemeint.

Der Kantonsrat hat das Gesetz zur Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts beraten. Dabei sollen namentlich in den Gebieten Alter, Behinderung, Familie, Frau und Mann, Kindheit und Jugend sowie Migration Chancengerechtigkeit und Integration gefördert werden. Mein Antrag, in dieser Aufzählung auch die sexuelle Identität zu berücksichtigen, wurde abgelehnt. Von CVP-Seite hiess es, dieses Thema sei ein Unterbegriff einer der aufgezählten Handlungsfeldern. Schwule seien ja auch jung,  oder alt oder Frau oder Mann. Mit dieser Argumentation kann man alle jetzt genannten Bezeichungen in einer andern verpacken und wunderbare Zirkelschlüsse bauen. Frauen sind auch einmal jung und dann alt. Behinderte sind Familienmenschen genau so wie Jugendliche und die wiederum sind wohl entweder Frau oder Mann. Kurzum: Man wollte Schwule und Lesben nicht ausdrücklich genannt haben.

Nebenbei: Weiter wurde argumentiert, die wichtigste Integrationsarbeit, die wichtigste Arbeit für den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft leisteten die Vereine, insbesondere die Sportvereine. Vereine sind wichtig, ohne Zweifel, aber gerade junge Schwule machen die Erfahrung, dass Sportvereine nicht immer der geeignetste Ort ist, um seine Identität zu finden und zu ihr zu stehen. Dieses unhinterfragte Hochjubeln der Vereine finde ich etwas komisch.

Der Kantonsrat hat alle grünen Anträge abgelehnt, die dem Gesetz noch ein bisschen mehr Inhalt gegeben hätte. Sie blieben alle chancenlos und das Gesetz kommt jetzt sehr schlank und auch nichtssagend daher. In erster Lesung wurde es angenommen. Ob es sich für die Linke lohnt, dieses Gesetz in einer zweiten Lesung zu unterstützen, wird noch etwas Gesprächsstoff geben.

Leichtfertige Umlagerungen der Bildungskosten

Mit einer Bemerkung bei der Behandlung des Finanzplans des Kantons hat die bürgerliche Ratsmehrheit in kurzer Diskussion und ohne irgendwelche Unterlagen den Beitrag des Kantons an die Volksschule von 22.5 auf 25 Prozent erhöht. Das macht 17 Millionen aus. Die Gemeinden sollen entlastet werden…die Gemeindevertreter merken langsam aber sicher, dass die Steuergesetzrevision für ihre Gemeinden zu einer echten Belastung wird.

Man könnte das ganze mit einem Schulterzucken hinnehmen, wenn die gleiche Mehrheit nicht auch noch verlangt hätte, dass diese  17 Millionen Franken an andern Orten im Bildungsdepartement eingespart werden müssten. Es kamen die immergleichen Argumente, es gebe doch im Bildungsdepartement genügend Projekte, die langsam abgeschlossen sein sollten und es gebe sicher auch sonst noch Einsparungsmöglichkeiten.

Es ist etwas in Mode gekommen, auf diese Art zu politisieren. Man verteilt Geld neu und dort, wo man es weggenommen hat, sagt man, die nötigen Einsparungen seien schon möglich und die Regierung solle selber schauen, wie das genau gehe, dafür sei sie da. Wenn man das unter Strategie und Verantwortung versteht, macht mans sichs sehr einfach.

Pauschalbesteuerung: Hüst und Hott bei der CVP

Die CVP reichte im Frühling einen Vorstoss für eine Luzerner Standesinitiative zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung auf nationaler Ebene ein. Jedenfalls meinte man, es sei ein CVP-Vorstoss…denn im Kantonsrat hat sich gestern ein schöner Teil der Fraktion gegen den Vorstoss ausgesprochen. Ohne dass ein Sprecher das erklärt hätte. Damit half die CVP mit, einen eigenen Vorstoss zu versenken.

Schade, denn eine nationale Regelung ist notwendig. Da aber im Luzerner Kantonsrat nicht einmal diese mehrheitsfähig ist, ist Druck von aussen wichtig: Die Grüne Initiative zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung wird ihn bringen.

Steuern senken statt Konjunktur stützen

Der Kantonsrat hat also die Steuergesetzrevision gutgeheissen. Vielfach wurde damit argumentiert, man könne für die Konjunktur nichts besseres tun, als den Leuten via Steuersenkung mehr Geld zum Konsum zu belassen.

Das ist bei einer Steuersenkung, die vor allem die oberen Einkommen und Firmen entlastet, sicher nicht so. Andere senken die Steuern bei den unteren Einkommen, erhöhen Freibeträge oder entlasten ganz bestimmte Personengruppen wie einkommensschwache RentnerInnen (USA zum Beispiel). Es ist klar, dass Reiche ihre Steuerersparnisse nicht grad wieder in den Konsum stecken, Menschen mit einem niedrigen Einkommen dagegen schon. Will man die Konjunktur mit Steuersenkungen ankurbeln, so muss diese anderen Leuten zu Gute kommen, als es im Kanton Luzern geschieht.

Halb hat das auch die CVP gemerkt. In einer bemerkenswerten Fraktionserklärung hat sie die Steuersenkung an sechs Bedingungen geknüpft, unter anderem hat sie ebenfalls die Krise angesprochen und gefordert, dass die Gemeinden nicht stärker belastet werden. Nur – die CVP trägt die Steuergesetzrevision mit. Sie führt nun mal zu grossen Ausfällen bei den Gemeinden. Ich bin gespannt, wie die CVP den Spagat schafft, sich schützend vor die Gemeinden zu stellen und gleichzeitig im Kanton die Steuersenkungsstrategie weiter zu fahren.

Steuerrevision schlingert

Der Kantonsrat beschwor zwar gestern, wie wichtig weitere Steuersenkungen. Doch bei der entscheidenden Frage der Unternehmenssteuern verweigerte sich der Kantonsrat einem Entscheid: Vier Vorschläge lagen auf dem Tisch und wurden zurück in die Kommission geschickt.

Das finde ich falsch. Es wäre die Aufgabe des Parlaments gewesen, zu sagen, wohin die Revision steuern soll, denn die Kommission hat bereits einmal intensiv darüber beraten, es ist nicht anzunehmen, dass es nun plötzlich eine „einvernehmliche Lösung“ geben wird, wie sie Albert Vitali vorschwebte.

Immerhin: Die Zeit läuft zu Gunsten unserer Position, jetzt mit weiteren Steuersenkungsrunden aufzuhören. Bisher wurden diese durch die gute Konjunktur weggesteckt und viele Bürgerlichen glaubten, das gehe ewig so weiter. Sie werden vielleicht im Verlaufe der nächsten Monate umdenken müssen.